Prorektor Turski
Der Prorektor für Studentische Angelegenheiten Werner Turski war Dipl.-Lehrer für Gesellschaftswissenschaften und Dozent für Grundlagen des Marxismus-Leninismus.
Turski hielt im Winter 1952/53 für die Studenten mehrerer Fakultäten gemeinsam eine Pflichtvorlesung „Politische Ökonomie“ ab, die wegen der großen Hörerzahl außerhalb der Hochschule im Saal des „Strehlener Hofes“ stattfand. Sie begann um 17 Uhr, und im Winterhalbjahr wurde es dann schon bald dunkel. Wegen Überlastung des Stromnetzes gab es fast regelmäßig um diese Tageszeit eine „Stromsperre“. Das Licht fiel aus und Turski musste im Schein einer Kerze die Vorlesung fortführen, während die Zuhörer im Finstern saßen. Wie weit diese „Nachtvorlesungen“ dann noch die von „Partei“ und Staat erwartete große Aufmerksamkeit fanden, kann sich jeder selbst vorstellen.
Zu dieser Zeit erwartete die DDR-Regierung noch eine Wiedervereinigung Deutschlands, allerdings unter sozialistischem Vorzeichen. Turski äußerte einmal in einer Vorlesung: „Wir bilden hier so viele Studenten fachlich und gesellschaftswissenschaftlich gründlich aus, damit sie einmal die leitenden Stellen auch in der westdeutschen Wirtschaft übernehmen können.“ Dass dies teilweise dann tatsächlich eintrat, da sich bis zum Bau der Mauer 1961 auch viele Dresdner Studenten und Absolventen nach dem Westen absetzten, war vielleicht auch mit der unduldsamen und zynischen Verhaltensweise Turskis zu verdanken.
Zwei Jahre nach den Studentenprotesten in Dresden gegen das Westreiseverbot fiel Turski allerdings bei der SED-Führung in Ungnade:
Aus der Zeitung „Die Welt“ vom 25. Juni 1958:
„An der Technischen Hochschule Dresden ist nach wochenlangen systematischen Aktionen des sowjetzonalen Staatssicherheitsdienstes, wie das Informationsbüro West berichtet, eine „revisionistische parteifeindliche Gruppe entlarvt und zerschlagen“ worden. An der Spitze der Gruppe habe der Prorektor der Technischen Hochschule, Professor Turski, gestanden. Bisher galt Turski als einer der schärfsten Befürworter der Hochschulpolitik des SED-Zentralkomitees. Von Turski stammt der Ausspruch, ihm sei ein Student mit einer mäßigen Note im Diplom, aber einer einwandfreien Einstellung zum „Arbeiter- und Bauernstaat“ lieber als ein Student mit ausgezeichneten fachlichen Leistungen, der jedoch politisch schief liege.“
Kommentar zu diesem Artikel von Dr. Werner-Wolf Turski, dem Sohn des erwähnten Werner Turski, im September 2025:
Diese Bemerkung ist korrekt, das Zeitungszitat bzgl. „„revisionistische parteifeindliche Gruppe entlarvt und zerschlagen“ ist allerdings nur eine Fortsetzung der damals von der SED initiierten Verleumdung gegen Werner Turski und noch drei weitere aus der SED ausgeschlossene Personen. Der Grund für die „Ungnade“ der SED waren persönliche und ideologische Differenzen zur SED-Parteileitung der TH Dresden. Richtig muss es heißen: „Turski und drei weitere Personen wurden Opfer von Verleumdungen im Kontext parteiinterner Machtkämpfe in der SED-Führung.“ Werner Turski war nie ein SED-Parteifeind. Er wurde 1970 wieder in die SED aufgenommen und 1990 politisch von der SED/PDS rehabilitiert.