Neat Board Pro + Center
Die 2019 gegründete, in Oslo ansässige norwegische Firma Neat präsentiert mit ihrem Neat Board Pro und der Neat Center eine Smartboard- und 360°-Kamerakombination, welche für kleine bis mittelgroße Räume und ggf. auch großen Räumen konzipiert ist.
Wie sich die beiden Geräte in unseren Tests schlagen, welche Erfahrungen wir hatten und welche Hindernisse wir aus dem Weg räumen mussten, das erfahren Sie in den nachfolgenden Abschnitten.
Aufgrund positiver Resonanz gibt es auch wieder ein tl;dr am Ende des Testberichts.
Inhalt
Allgemein
Anschlüsse
- 1x USB-C (bis zu 90W Power Delivery)
- 1x HDMI-in für Bildschirmfreigabe
- 1x HDMI-out für externen Bildschirm
- 1x Ethernet, 1x WLAN
- 1x Stromanschluss
Abmessungen & Gewicht
- Minimal: 1138mm × 1747mm × 915mm (Breite × Höhe × Tiefe)
- Maximal: 1138mm × 1874mm × 915mm (Breite × Höhe × Tiefe)
- Mit adaptivem Stand: 88kg; ohne Stand: 42,5kg
- Neat Center: 84mm × 297mm bei 1,47kg Gewicht
Lieferumfang
- Gerät
- Stylus (Neat Active Marker)
- 3m Netzkabel
- 5m Netzwerkkabel
- Tischständer (abhängig von gekaufter Version, Tischständer ist kostenlos dabei, Adaptive Stand - so wie wir ihn hatten - bedeutet Aufpreis)
Neat Board Pro
Das Neat Board Pro ist ein Multitouch-Smartboard mit eingebautem Codec. Es kann an der Wand befestigt, auf dem Tisch stehend oder auf zweierlei rollbaren Ständern montiert werden, abhängig davon, wie mobil das Gerät verwendet werden soll. Einer der Ständer, u.a. der, den wir im Test hatten, ist sogar mit akustisch dämmendem Filz ausgekleidet.
Das Display ist mit einer Anti-Glare-Folie beschichtet, was dazu führt, dass für den Betrachter keine spiegelnde Oberfläche zu sehen ist, und gleichzeitig auch noch fast komplett Fingerabdrücke verhindert werden.
Faktisch gibt es vier Modi, in denen man das Gerät versetzen kann (einige Bilder dazu finden Sie im Erfahrungsabschnitt):
- BYOD-Modus: man kann lediglich die Hardware (Kameras, Mikrofon, Touchdisplay etc.) des Boards verwenden und muss einen Laptop daran anschließen
- Microsoft Teams Rooms: klassischer MTR-Modus, wie man ihn auch von anderen Geräten kennt
- Zoom-Modus: klassischer Zoom-Modus, wie man ihn auch von anderen Geräten kennt
- App-Modus: nur über Neat Pulse aktivierbarer Modus, der eine Vielzahl an zusätzlichen Apps mitbringt, unter anderem auch einen Browser, mit dem man WebRTC Videokonferenzen abhalten kann
Wenn es einen Microsoft Teams Modus und eine Zertifizierung gibt, dann bedeutet das wie bei anderen zertifizierten Geräten auch: Wenn man eine andere VC-Plattform verwenden möchte, muss man das Gerät in den Werkszustand zurückversetzen und alle Konfigurationsschritte erneut durchlaufen.
Eckdaten:
Kamera/Video
- Weitwinkelkamera: 50 Megapixel, 113° horizontales FoV
- Telekamera: 50 Megapixel, 70° horizontales FoV
- Hybridzoom bis zu 16-fach
- max. Videoauflösung: 1080p @ 30fps
- max. Content-Auflösung: 720p @ 60fps oder 1080p @ 30fps
Lautsprecher und Mikrofone
- 3 Breitbandlautsprecher
- 5 Mikrofone als Endfire Array angeordnet
Display
- 65" (165,1cm) Bildschirmdiagonale
- matter kapazitiver Multitouch-LCD-Bildschirm
- UHD (3840 × 2160 Pixel) Auflösung
Neat Center
Das Neat Center ist die Antwort der Firma auf die wachsende Nachfrage nach 360°-Kameras auf dem Markt. Sie verfügt über ein 16-Mic-Array, welches sich unter der Stoffabdeckung befindet. Drei Kameras mit jeweils über 120° Sichtfeld, welche drittel-symmetrisch angeordnet sind, decken damit die 360° ab, ohne sichtbare Kanten zu erzeugen. Strom wird dabei über PoE bezogen, welches auch gleichzeitig die Datenübertragung bzw. das Pairing realisiert. Daher erfolgt die Kommunikation zwischen Neat Board und Center über das Netzwerk. Das bedeutet in der Konsequenz auch, dass sich Board und Center im selben Subnetz befinden müssen, um sich gegenseitig finden zu können.
Am Fuß befindet sich ein ¼-Zoll-UNC-Gewinde zum Befestigen eines Stativs oder ähnlichem. Möchte man kein Stativ verwenden und lieber "den Tisch frei haben", so bietet sich auch die Möglichkeit, eine Verankerung in der Decke zu verwenden, um das Neat Center kopfüber über den Tisch zu hängen. Der eingebaute Orientierungssensor erkennt dann automatisch, dass das Bild um 180° gedreht werden muss. Ferner besitzt das Gerät noch einen USB-C Anschluss, der aber nicht (!) als Verbindung zu einem Nicht-Neat-Gerät verwendet werden kann, um sie beispielsweise als simple USB-Webcam zu verwenden. Der USB-C Anschluss ist laut Hersteller nur für die Wartung vorgesehen.
Die Center fügt jeden Teilnehmer des Meetings eigenständig in eine Kachel (engl. Tile bzw. Tiling). Maximal 15 Personen können pro Gerät(ekombination) gekachelt werden.
In Zukunft sollen zwei Center kombiniert werden können, bei denen dann 24 Teilnehmer gekachelt werden können.
Neat Pulse
Neat Pulse nennt die (halb-)gleichnamige Firma ihre cloudbasierte Flottenverwaltung und bietet damit eine bequeme Managementoberfläche zum Administrieren der registrierten Geräte an. Minimalistisch modern gehalten kann man hier per Enrollment-Code ein Gerät zu einem "Raum" (engl. Space) hinzufügen. Nach der Registrierung können allerlei Informationen wie Netzwerkstatus, IP-Adresse, OS-Version abgerufen und Einstellungen verändert werden.
Sehr nützlich: es gibt eine Roadmap für die Updates der einzelnen Geräte, welche transparent niederlegt, wann welches Update zu erwarten ist. Die Patchnotes (beispielhaft die, der Version, welche wir verwenden, herausgegriffen) sind detailliert und geben sehr gut wieder, welche Neuerungen und auch bekannte Probleme es gibt.
Nachfolgend einige illustrierende Bilder:
Erfahrungen
Installation / Setup
Wir verwendeten die Firmware bzw. OS-Versionen 25.1.2 bis 25.3.2 für Board und Center.
Der Aufbau des Boards war - ohne zu übertreiben - eine Wonne. Jedem Handgriff folgt ein befriedigendes "Klick"-Geräusch, wie man es beim Zusammensetzen von Klemmbausteinen kennt. Alle Maße passen wie aus einem Guss ineinander. Die Anleitung zum Zusammenbauen wird per QR-Code gescannt, und man wird durch einen exzellenten Prozess geleitet, welcher nicht nur bebildert ist, sondern auch mit kleinen Videos bzw. GIFs versehen ist. Das macht den Zusammenbau zum spaßigen Ereignis. Man merkt, dass die Produkt bzw. UX-Designer sich intensiv mit dem Benutzer und seinen Vorstellungen von einem Produkt und dessen Zusammenbau auseinandergesetzt haben.
Die Initialkonfiguration des Neat Board Pros gestaltet sich als sehr einfach. Sehr einfach, wenn man genau weiß, was man (ausschliesslich) möchte und eine sehr homogene bzw. entspannt regulierte Infrastruktur hat.
Ein Beispiel für einen Stolperstein ist, dass es nicht möglich ist, das Board im BYOD-Modus zu verwenden, ohne es vorher mindestens einmal mit dem Internet verbunden zu haben. Das sieht der Setupmodus einfach nicht vor, wenn man dem Gerät nicht aus irgend einer Quelle eine IP-Adresse verpasst, ist der Fortfahren-Button im Installationswizard ausgegraut:
Unschön, aber handhabbar, dann erhält das Gerät eben eine ausgewählte IP-Adresse. Leider sieht das Gerät die statische IP-Vergabe aber auch nicht vor, lediglich eine per DHCP verteilte IP ist möglich. Später stellt sich heraus (wir wissen nicht, ob das auf unser Feedback hin geändert wurde), dass es nun eine Beta-Funktion gibt, in der man von "automatisch" auf "manuell" setzen kann:
Es ist allerdings auch möglich, das Board per WLAN initial ins Netz zu holen. Dann lässt sich aber die Neat Center nicht pairen, das wird nur bei Kabelverbindung zugelassen.
Hat man aber erst einmal alles sauber konfiguriert (und sich mit seinen Netzwerkern darum gestritten, dass man einen kleinen IP-Adressenbereich per DHCP versorgen muss), dann gleitet es sich auch gut durch den Wizard. Es folgen ein paar Eindrücke vom Ablauf:
Als wir die Verbindung zwischen der Neat Center und dem Board herstellen wollten, kam es allerdings noch zu einem recht bizarren Fehlerbild: die Geräte ließen sich zwar problemlos pairen, allerdings hat die Center im Call ausschließlich Standbilder gesendet. Bei der Problemrecherche wurde sie dann hochgehoben und geschaut, ob das Kabel nicht richtig steckte, jedoch wurde just in dem Moment, in dem man die Kamera bewegte auch sofort Bewegtbild gesendet. Stationär sendete die Center als ein Standbild und in Bewegung dann normale 30 fps. Wir leiteten das Problem an den Support weiter, und nach dem Austauschen sämtlicher Hardware, war der Übeltäter dann schnell gefunden: unser Zyxel Router, den wir zum Umgehen der (früheren) DHCP-Losigkeit verwendet haben, verursachte starken Paketloss. Warum dieser aber bei Kamerabewegung nicht auftrat, entzieht sich jedoch unserem Verständnis.
Allgemein
Die alltägliche Benutzung des Geräts ist durchweg positiv zu beurteilen. Die Software-Ergonomie auf dem Gerät ist sehr löblich. Wenn man sich fragt, "Wenn ich eine Einstellung für das Gerät suche, wo würde ich das finden?", dann ist die erste Intuition fast immer richtig. So sollte es sein, Kudos!
Es kam zu keinem Zeitpunkt zu Abstürzen oder zu merkwürdigen Verhaltensweisen (bis auf die beschrieben Click-Through-Anomalie), welche auf Bugs im System zurückzuführen sind.
Sämtliche Aspekte, die in einer Videokonferenz wichtig sind, meistert das Board und die Center tadellos. Die Kameras liefern ein exzellentes Bild, Personen werden ideal ausgeschnitten (Framing) und zu einem sehr guten gemeinschaftlichen Bild zusammengesetzt (Tiling). Der wohl wichtigste Aspekt für eine Videokonferenz - das Audio - ist durchweg sehr gut. Stimmen werden auch auf größere Distanzen klar wiedergegeben und sind immer verständlich. Sich wiederholende Umgebungsgeräusche werden zuverlässig herausgefiltert.
Wir empfehlen für die Neat Center ein Stativ zu verwenden sofern sie nicht sowieso von der Decke gehängt wird. Die Kameras sind zwar (vermutlich in weiser Voraussicht) eingebettet in die drei Aussparungen, der Schwerpunkt des Geräts ist aber recht hoch, was die Kippgefahr erhöht.
Kollaboration
Der mitgelieferte Stylus lässt sich angenehm an die Unterseite des Boards per Magnet befestigen. Er wird leider nicht dort geladen sondern muss per AAA-Batterie betrieben werden. Es gibt unglücklicherweise keine eingebaute Möglichkeit, den Stift vor Diebstahl zu sichern. Der Stylus verwendet das Microsoft Pen Protocol (MPP), was den schönen Nebeneffekt hat, dass man ihn theoretisch auch für andere Geräte verwenden kann, die ebenfalls damit interoperabel sind. Ein Beispiel wäre das Microsoft Surface oder Hub.
Wenngleich die Touchbenutzung so gut funktioniert, wie man es von einem Android-Gerät erwartet, funktionierte der Stylus in unseren Tests in Miro häufig sehr unzuverlässig:
Es sollte eigentlich ein durchgängiger Strich zu sehen sein, aber der Stylus verlor unterwegs öfter die Verbindung (oder funktionierte aus einem anderen Grund nicht), was die Bedienbarkeit deutlich unschöner machte.
Verwendet man das Board aber mit einem per USB-C angesteckten Windows Laptop, dann kann Windows auch bidirektional gesteuert werden. Das heißt, Windows nimmt auch Interaktionen entgegen, welche auf dem Touchdisplay erfolgen.
In unseren Tests ist uns aber ein skurriler Bug aufgefallen, in dem man beim Steuern des OSD-Menüs (On-Screen-Display) beim Einstellen der Helligkeit, Lautstärke, Settings etc. auch die "darunterliegenden Fenster" gesteuert hatte. Diesen Bug haben wir dem Hersteller gemeldet.
Fazit
Mit dem Board Pro hat Neat ein durchweg empfehlenswertes Gerät auf den Markt gebracht, welches durch das Neat Center eine nützliche Erweiterung erhält. Sowohl Video als auch Audio sind ausgezeichnet. Durch die Kollaborationsmöglichkeiten, sowohl am Board als auch durch die Vernetzung mit Collaborationtools, kann das Gerät sehr gut in einem Multiuser-Szenario verwendet werden.
Eine Scheibe abschneiden können sich konkurrierende 360°-Kamerahersteller, wenn es um das Tiling bzw. Framing der Personen geht. Hier brilliert Neat mit einer Mischung aus Bildruhe und perfekter Positionierung. Auch der Sprecherwechsel funktioniert robuster als bei Konkurrenzprodukten.
Dadurch bewegen sich diese Produkte aber preislich in der Premiumklasse der zertifizierten Collaboration-Lösungen.
Die Entscheidung, die eingebaute Browserapp hinter den Neat Pulse-Zwang zu verbarrikadieren, empfinden wir allerdings als unnötig.
Ausblick
Im Gespräch mit dem Hersteller wurden einige Features angekündigt, die zum Zeitpunkt des Testens noch nicht verfügbar waren. Darunter zählen unter anderem:
- Neat Focus: Entspricht Priority Zones für Sprecher
- Video Mixing: Wenn mehrere Centers an ein Board (o.ä.) angeschlossen werden, so kann in Zukunft das Videobild zusammengemischt werden. Bisher kann entweder das Bild der Center oder das Bild des Boards in eine Videokonferenz hineingeleitet werden. Mit dem Videomixing sind dann 24 Personen abbildbar.
 Das hat auch zur Folge, dass Personen immer frontal zu sehen sind, weil die Kamera ausgewählt wird, welche direkt auf das Gesicht gerichtet ist, egal ob es die Center oder das Board ist.
tl;dr
Sowohl Board als auch Center (und deren Kombination) sind eines der besten Geräte, welches wir bisher im Hause hatten. Uneingeschränkt für kleine, mittlere und u.U. große Räume zu empfehlen.
Hurra: Durchdachtes Setup, exzellentes Audio und Video, hochwertige Verarbeitung, clevere Raumkamera, intuitive Cloudverwaltung.
Naja...: Plattformwahl eingeschränkt bzw. unbequem hinter Cloudadministrationszwang
 
                       
                       
                       
                       
                       
                       
                       
                       
                       
                
             
                
             
                
             
                
             
                
             
                       
                       
                       
                       
                       
                       
                       
                       
                
             
                
             
                
             
                
             
                
             
                
             
                      