26.01.2016
Gastvortag zur UN-Friedenssicherung: Herausforderungen und Chancen
Die UN-Friedenssicherung: Herausforderungen und Chancen
Am 13. Januar 2016 luden die Forschungsstelle „Vereinte Nationen“ unter der Leitung von Prof. Dr. Thilo Rensmann und der DGVN-Landesverband zu einem weiteren Vortrag in der Veranstaltungsreihe „70 Jahre Vereinte Nationen – Starke UNO, besser Welt?“ ein.
Dr. Ekkehard Griep, promovierter Politikwissenschaftler und stellvertretender Vorsitzender der DGVN, sprach über Herausforderungen und Chancen in der UN-Friedenssicherung. Dr. Griep war von 1995 bis 1998 Referent des beigeordneten UN-Generalsekretärs für die Planung und Unterstützung der UN-Friedensmissionen im UN-Sekretariat (DPKO) in New York und begleitete dort wichtige Reformen im Bereich des UN-Peacekeeping.
Obwohl die UN-Friedensmissionen nicht in der UN-Charta verankert sind, haben sie sich als eines der wichtigsten und sichtbarsten Instrumente der UN herausgebildet. Bis heute wurden 71 Friedensmissionen von der UN entsandt, derzeit laufen 16 unterschiedliche Operationen mit einer großen Bandbreite an Aufgaben.
Über das Mandat einer UN-Friedensmission entscheidet der UN-Sicherheitsrat. Neben „traditionellen“ Aufgaben, wie die Überwachung von Waffenstillständen, enthalten die Mandate heute komplexe Aufgabenkataloge und werden zunehmend „robuster“. Zu den Mandaten gehört neben dem Schutz von Zivilisten (auch unter Einsatz von Waffengewalt) zudem die Rückführung von Flüchtlingen, die Organisation von Wahlen und der Aufbau einer Polizei. In Ausnahmefällen können einer Friedensmission auch Verwaltungsaufgaben übertragen werden, die eigentlich den nationalen Regierungen obliegen (sog. executive mandates). Zur Bewältigung der mit diesen mehrdimensionalen Mandaten einhergehenden komplexen Herausforderungen sind im Jahr 2015 wichtige Reformen im Bereich der Friedenssicherung angestoßen worden.
Der sog. HIPPO-Report vom Juni 2015 identifiziert solche Herausforderungen. So gebe es neue Konfliktarten und Krisenszenarien. Den traditionellen Grundsätzen des UN-Peacekeeping – Unparteilichkeit, Einverständnis der Konfliktparteien und Gewaltanwendung nur im Fall der Selbstverteidigung – steht die Notwendigkeit der Gewaltanwendung zum Schutz der Zivilbevölkerung gegenüber. Dieses Thema sei auch innerhalb der UN umstritten. Dr. Griep betonte dabei, dass der Schutz der Zivilbevölkerung im Mittelpunkt stehen müsse, Gewaltanwendung jedoch kein Selbstzweck sein dürfe. Der HIPPO-Report kommt zu dem Schluss, dass die traditionellen Grundsätze des UN-Peacekeeping weiterhin Bestand haben sollten, unter strengen Bedingungen jedoch Ausnahmen möglich sind. Im Vordergrund müssten stets politische Lösungen stehen.
Auch ein Bericht des UN-Generalsekretärs vom September 2015 beschäftigt sich mit diesen Fragen. Er legt den Fokus insbesondere auf präventive Maßnahmen und Mediation und betont die Bedeutung von Partnerschaften zwischen der UN und regionalen Organisationen.
Im September 2015 fand zudem ein gemeinsam von US-Präsident Obama und UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon geleiteter Peacekeeping-Gipfel statt, um neue Kapazitäten für die UN-Friedenssicherung zu mobilisieren. Tatsächlich wurden durch die Staats- und Regierungschefs erstaunliche Zusagen gemacht (z.B. 8000 UN-Peacekeeper aus China). Nun komme es darauf an, dass diese Zusagen auch eingehalten werden. Deutschland geht dabei mit gutem Vorbild voran und stellt z.B. wichtige Start-Kits in kompakter Container-Form zum schnellen Aufbau neuer Missionen zur Verfügung.
Um den vielen Herausforderungen für UN-Friedensmissionen angesichts der großen Anzahl von Krisen und Konflikten angemessen zu begegnen, sei es heute besonders wichtig, die UN bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Dazu gehöre neben der Unterstützung von Staaten, die sich neu am Peacekeeping beteiligen möchten, auch die Entwicklung innovativer Programme für die Konfliktvor- und Nachsorge sowie die gezielte Beteiligung an Friedenseinsätzen mit ausgewählten Fähigkeiten.
(Marie Winter und Franziska Knur), [Bildnachweis Startseite: Denise Fiedler]