15.01.2015
Wer geht zu PEGIDA und warum?
Der „typische“ PEGIDA-Demonstrant entstammt der
Mittelschicht, ist gut ausgebildet, berufstätig, verfügt über
ein für sächsische Verhältnisse leicht überdurchschnittliches
Nettoeinkommen, ist 48 Jahre alt, männlich, gehört keiner
Konfession an, weist keine Parteiverbundenheit auf und stammt
aus Dresden oder Sachsen.
Das sind die Kernaussagen der Studie eines Teams um den
Politikwissenschaftler Prof. Dr. Hans Vorländer von der TU
Dresden, die am 14. Januar 2015 im Rahmen einer Pressekonferenz
vorgestellt wurden. Das Team hat zum ersten Mal die
Zusammensetzung der PEGIDA-Demonstrationen in Dresden empirisch
untersucht. Dabei wurden rund 400 Teilnehmer nach
soziodemographischen Merkmalen und ihrer Motivation zur
Teilnahme befragt. Die Befragungen wurden am 22.12.2014,
05.01.2015 und 12.01.2015 durchgeführt. Dabei lehnten rund 65
Prozent der ursprünglich angesprochenen zirka 1.200 Teilnehmer
eine Befragung ab.
Die Ergebnisse sind bemerkenswert und stehen zum Teil
bisherigen öffentlichen Annahmen über Anliegen und sozialen
Hintergrund von PEGIDA-Anhängern entgegen.
Weitere wesentliche Fakten:
- Der Protest wird keineswegs von Rentnern und Arbeitslosen getragen – 70 Prozent der befragten Demonstrationsteilnehmer stehen im Beruf.
- Die befragten Teilnehmer der Demonstrationen gegen die „Islamisierung des Abendlandes“ sind nur zu knapp einem Viertel durch „Islam, Islamismus oder Islamisierung“ motiviert.
- Das Hauptmotiv für die Teilnahme an PEGIDA-Demonstrationen ist eine generelle „Unzufriedenheit mit der Politik“. An zweiter Stelle wird die Kritik an Medien und Öffentlichkeit genannt; an dritter Stelle folgen grundlegende Ressentiments gegenüber Zuwanderern und Asylbewerbern, dabei sind Vorbehalte gegen Muslime bzw. den Islam besonders ausgeprägt.
- In den Befragungen kommt die Wahrnehmung einer tiefen Kluft zum Ausdruck: zwischen den Massenmedien, der veröffentlichten Meinung und der etablierten Politik auf der einen Seite und den Problemen des Bürgers und dem „Willen des Volkes“ auf der anderen Seite.
Daraus lässt sich schließen: Auch wenn sich PEGIDA dem Namen
nach gegen die Islamisierung des Abendlandes wendet, sind die
Kundgebungen für die Mehrheit der Teilnehmer in erster Linie
eine Möglichkeit, tief empfundene, bisher nicht öffentlich
artikulierte Ressentiments gegenüber politischer und
meinungsbildender Elite zum Ausdruck zu bringen. Diese
Gegenüberstellung von „Die da oben“ und „Wir hier unten“ in
Kombination mit fremdenfeindlichen Einstellungen wird
traditionell zum rhetorischen Arsenal rechtspopulistischer
Strömungen gerechnet.
Ob sich PEGIDA dauerhaft als Bewegung wird etablieren können
oder ob es sich nur um eine temporäre Erscheinung handelt, ist
eine noch offene Frage, die auch von der vorliegenden
Untersuchung nicht beantwortet werden kann.
Download der Präsentation
Zum methodischen Vorgehen der
Studie
Download Foto Prof. Vorländer
PEGIDA-Studien Dresden, Berlin,
Göttingen
Dokumentation der vollständigen Studie „Wer
geht zu PEGIDA und warum?“
Informationen für Journalisten:
Prof. Dr. Hans Vorländer
Tel.: 0351 463-35811