30.06.2022
Gastwissenschaftler Michalis Drouvelis zu Besuch
Wie können geeignete Sprache und Priming (Reizplatzierung) helfen, geschlechtsspezifische Unterschiede im Wettbewerbsverhalten zu überwinden?
Michalis Drouvelis (University of Birmingham, Professor für Verhaltensökonomie) ist als Distinguished Research Fellow 2021 vom 07. bis 30. Juni 2022 zu Gast an der Fakultät Wirtschaftswissenschaften. Wir haben ihn zu uns an das Boysen-TU Dresden-Graduiertenkolleg eingeladen.
In seinem Vortrag "Does priming close the gender competition gap?" stellte Prof. Michalis Drouvelis am 29. Juni 2022 seine wirtschaftswissenschaftlichen Experimente vor. Er forscht zu Themen aus den Bereichen Verhaltensökonomie und experimenteller Ökonomie. Die experimentelle Ökonomie ist eine vergleichsweise junge Teildisziplin der Wirtschaftswissenschaft. Sie beschäftigt sich mit Entwurf, Durchführung und Auswertung von auf ökonomischen Modellen basierenden Experimenten.
Sie schlägt somit eine Brücke zwischen auf Axiomen basierender Modellierung einerseits und der Empirie andererseits. Hierbei bedienen sich Ökonomen unter anderem der Methode des Laborexperiments. Somit können Randbedingungen und Modellgrößen kontrolliert und gezielt beeinflusst werden. Die Verhaltensökonomie beschäftigt sich mit menschlichem Verhalten in wirtschaftlichen Kontexten und ist eine Querschnittsdisziplin aus Mikroökonomie, Psychologie und Neurowissenschaften.
Nach einer Einführung in die Sprache und grundlegenden Methoden seines Faches präsentierte Prof. Drouvelis uns seine experimentelle Forschung zur wohlbelegten Beobachtung, dass Frauen eine geringere Wettbewerbsbereitschaft ("willingness to compete") zeigen als Männer. Eine geringe Wettbewerbsbereitschaft wird häufig als unerwünscht empfunden, z. B. als Karrierehindernis. In seinem dreistufigen Experiment quantifiziert er die Wettbewerbsbereitschaft der Proband:innen und behandelt sie mit der Methode des Priming, also der gezielten Platzierung von Reizen, durch die das nachfolgende Verhalten beeinflusst werden soll. Die Motivation, die Wettbewerbsbereitschaft nicht durch monetäre Anreize zu beeinflussen, sondern auf nicht-monetäre Weise, basiert auf der Beobachtung, dass monetäre Anreize auch das Gegenteil der gewünschten Wirkung erzielen können. Die Ergebnisse seiner Experimente weisen darauf hin, dass Priming in der Lage ist, Unterschiede im Wettbewerbsverhalten zwischen den Geschlechtern zu verringern.
Außerdem konnte ein Zusammenhang zwischen auf der einen Seite dem Selbstbewusstsein einer Person und der Bereitschaft Risiken einzugehen und auf der anderen Seite der Wettbewerbsbereitschaft dieser Person bestätigt werden: Je selbstbewusster und je risikobereiter eine Person ist, desto wettbewerbsaffiner ist diese Person.
Seine reflektierten Antworten auf die Fragen aus dem Publikum zeigen Prof. Drouvelis' große Gewissenhaftigkeit und ermöglichten die Einordnung seiner Arbeit in den gesellschaftlichen Kontext. Nebst der inhaltlichen Diskussion zu seiner Forschung wurde auch thematisiert, wie Ergebnisse der Verhaltensökonomie veröffentlicht werden. Ebenso wie die interdisziplinäre Arbeit am Boysen-TU Dresden-Graduiertenkolleg ist die Verhaltensökonomie durch das Zusammenkommen mehrerer wissenschaftlicher Disziplinen geprägt. Die Wahl eines geeigneten Veröffentlichungskanals ist somit nicht immer eindeutig.
Wir danken Prof. Drouvelis ganz herzlich für seine Zeit und die Einblicke in seine Forschung.