Forschungsschwerpunkte des Boysen-TU Dresden-Graduiertenkollegs
„We live in an era where most policy debates relevant to science and emerging technologies are not simply technical issues. Rather, they are collectively decided at the intersection of politics, values, and expert knowledge” (Nisbet & Scheufele 2009, 1776).
In Demokratien haben technische Lösungen ohne Akzeptanz in der Gesellschaft geringere Chancen auf Realisierung. Umgekehrt haben Vorgaben durch die Politik und Erwartungen der Bevölkerung keine Chance auf Verwirklichung, ohne dass entsprechende technische Lösungen gefunden werden. Beide Bereiche sind aufeinander angewiesen, wenn technische Konzepte erfolgreich umgesetzt werden sollen. In der Wissenschaft macht dies eine enge interdisziplinäre Kooperation erforderlich. Das Boysen-TU Dresden-Graduiertenkolleg führt deshalb Forschungsprojekte zusammen, bei denen technik- und naturwissenschaftliche Fächer mit sozial- und politikwissenschaftlichen zusammenarbeiten. Dabei sollen wissenschaftliche Arbeiten entstehen, die beide Perspektiven integrieren.
Die in Deutschland beschlossene Energiewende hin zu nachhaltiger, regenerativer Energiebereitstellung und -nutzung hat eine Umstrukturierung der gesamten Energiewirtschaft zur Folge. Jedoch stoßen die damit einhergehenden Infrastrukturprojekte auf teilweise geringe Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung. Gleichzeitig können mit dem heutigen Stand der Technik die politisch gewollten Ziele kaum erreicht werden. Im Mittelpunkt der ersten beiden Graduiertenkollegs stand deshalb die Interdependenz zwischen technischer Machbarkeit und gesellschaftlicher Akzeptanz von nachhaltigen Energiesystemen sowie deren Auswirkungen.
Mit dem dritten Graduiertenkolleg kam ein weiterer Forschungsschwerpunkt dazu. Ab 2019 wurde die interdisziplinäre Zusammenarbeit inhaltlich auf das komplexe Spannungsfeld Mobilität-Gesellschaft-Umwelt ausgerichtet. Dazu wurden erstens neue Materialien sowohl für Katalysatoren als auch für Brennstoffsysteme und deren umweltverträgliche Herstellung entwickelt. Zweitens wurden neue Mobilitätstechnologien hinsichtlich gesundheitlicher Folgen und der damit verbundenen volkswirtschaftlichen Kosten bewertet. Drittens wurden verschiedene Mobilitätsszenarien analysiert. Dazu wurden neue Methoden zur Bewertung der elektrischen Energieversorgung entwickelt und die Medienberichterstattung und die damit interagierende öffentliche Meinung zu Mobilitätsszenarien untersucht. Viertens wurden die Wirkung der Mobilitätstransformation auf die Produktions- und Distributionslogistik unter den Voraussetzungen des Internets der Dinge untersucht, wobei auch Fragen des Vertrauens und der Kommunikation behandelt wurden.
"Wasserstoff" - das ist seit 2023 Thema des vierten Boysen-TUD-Graduiertenkolleg an der TU Dresden. Wasserstoffbasierte Systeme sind bereits seit Jahren integraler Bestandteil der Forschungsstrategie der TUD. Innerhalb der Grundlagenforschung liegen hier Alleinstellungsmerkmale insbesondere in der Erforschung und Weiterentwicklung von Elektrolyseverfahren, in der Entwicklung biotechnologischer Verfahren (in Zusammenarbeit mit dem UFZ Leipzig), in der Entwicklung von Sensoren sowie in der Speicherung von Wasserstoff mit innovativen funktionalisierten bioinspirierten
Materialien. In der anwendungsorientierten Forschung engagiert sich die TU Dresden in der Entwicklung von wasserstoffbasierten Energiespeicher-, Mobilitäts- und Antriebssystemen in besonderer Weise. Hierbei sind Antriebs- und Speichersysteme z. B. für die Luftfahrt, für Schienen und Nutzfahrzeuge sowie für Arbeits- und Landwirtschaftsmaschinen besonders hervorzuheben.
Allerdings sorgt Wasserstoff als sekundärer Energieträger weder per se für treibhausgasarme, noch gar für verlustarme Energiekreisläufe. Auch stellt der hochreaktive Stoff hohe Anforderungen an eine sichere Verarbeitung. Der Forschungsbedarf ist also hoch und akut. Ihn zu befriedigen, wird das 4. Boysen-TU Dresden-Graduiertenkolleg entscheidende Beiträge leisten. Es ist in vier Cluster strukturiert, die 16 Promotionsprojekte und entsprechend Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Fachdisziplinen aus den Wissensbereichen Natur-, Technik-, Sozial- sowie Medizinwissenschaft integrieren. Die Cluster befassen sich jeweils mit einer Teilaufgabe im Rahmen des Gesamtprojekts, die Wasserstoffwirtschaft zum strategischen Element eines zukünftigen GreenGas Deals zu machen.
Detaillierte Informationen zu den Clustern und den einzelnen Teilprojekten finden Sie hier.