Darstellungslehre I
Willkommen zu Darstellungslehre I in drei Kapiteln:
Table of contents
a.) "Zugänge zum Darstellen"
Zugänge 1: Einführung und Kopierzeichnen
Sie erwarten, dass es bei uns um das Zeichnen-Lernen geht. Ja, das stimmt! Wir führen dazu das Kopierzeichnen der Zeichenlehrerin Betty Edwards ein. In der ersten Übung können Sie sich selbst beweisen, dass Sie zeichnen lernen können. „Huch!“ – „Wie das?“ Betty Edwards entwickelte Übungen zum „Kopierzeichnen“ für das Selbststudium: Geeignete bildliche Vorlagen Schritt für Schritt ohne Ablenkung kopieren. Das offene Geheimnis dabei: Auf einzelne Formen konzentrieren und dabei die Bedeutungen ausblenden.
Zugänge 2: Linien / Vektoren: Welt / Bild / Welt > virtuelle Realität
Mit der Grundsicherheit aus dem „Kopierzeichnen“ starten wir hier mit dem leichten
Überblick zu drei Grundformen des landschafts-/architekturbezogenen Darstellens:
1.) Plandarstellung mit Grundriss, Schnitten und Ansichten, 2.) Isometrie: Sie kombiniert die Maßhaltigkeit von Plandarstellungen und die Anschaulichkeit und der Perspektive 3.) die perspektivische Projektion. Es geht um einen schnellen Überblick zum zeichnerischen Start in anderen Fächern und um das Zusammenführen unserer Studiengänge Architektur und Landschaftsarchitektur. Aussicht: Virtuelle und erweiterte Realität(en).
Zugänge 3: Flächen / Pixel: Oberflächen / Mapping
"Klötzchen zeichnen": Mit Röntgenblick zeichnen + Formschraffur nach Leonardo da Vinci: Zweimal mehr zeigen, als zu sehen ist ... Mit der Grundsicherheit aus dem „Kopierzeichnen“ starten wir mit dem leichten Skizzieren zum Entwerfen. Lockeres Handgelenk, keine Angst vorm Scheitern: Wenn alle immer schon alles könnten, bräuchten wir kein Studium. Didaktisches Hauptstichwort: Studienblätter mit Skizzenreihen zum Prozess des Zeichnens.
Zugänge 4: "Gedächtnislandkarte" (Mindmap), analog und digital
Im vierten Zugang zum Zeichnen geht es um das auseinanderstrebende (divergente) Arbeiten in Form von Mind Maps und „Magic Walls“: Unbefangen Ideen sammeln, ohne den inneren Zensor in jedem von uns, der normalerweise sagt: Geht nicht, ging noch nie und so weiter. - Stattdessen: So viele Stichworte zum Thema wie möglich sammeln und kartieren.
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b.) "Übergänge" - Probieren ohne Aufgabenstellung
Für Architektur und Landschaftsarchitektur gelten Berge von gesetzlichen Regeln. Kommerzielle Software ist auf einfaches „copy / paste“ in Richtung Massenproduktion hin programmiert. Universitäten fordern und fördern das leicht zu benotende „Erfüllen von Aufgaben“. Wir möchten im vierteiligen Block „Übergänge“ das unbefangene regelfreie Probieren als eine Kernkompetenz für das 21. Jahrhundert trainieren. Also das, was dem Computer nur schwer beizubringen ist und das, was der Computer nicht so bald von allein können dürfte ...
Übergänge 1: Skizzen von Übergängen / morphologische Reihen
Nicht ganze Gegenstände, sondern einzelne „Übergänge“ seriell zeichnen. Wie können Formen sinnfrei (nicht sinnlos) ineinander übergehen? Schauen Sie auf Ihre Alltagswelt. Wir ergänzen Ihre Blicke mit der Einführung in die ultimative Vorratskammer der zeitgenössischen Landschafts-/Architektur, die aktuelle Kunst. Los geht es mit dem seriellen Zeichnen von freien Formen.
Übergänge 2: Digitalität: CAD vs. Autor:in - 3D-Modellieren
Die einzelnen Ideen zu „Übergängen“ nach „Antiregeln“ zu einem ganzen „Ding“ entwickeln. Wie können wir die guten Einzelideen zu einem von allen Seiten überraschenden „Ding“ zusammenfassen? – Didaktisches Hauptstichwort in Runde 2: „Antiregeln“ = „Regeln für die Ausnahmen“ beim dreidimensionalen Modellieren in Richtung 3D-Druck.
Übergänge 3: Looping: Tricks & zweite Blicke, Drucken vorbereiten
Das „Übergänge“-Modell 3D-drucken. Wir wollen Ihnen das 3D-Drucken im „Maker-Space“ der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek SLUB ermöglichen: Die Anleitung zum Bedienen der Geräte für Ihr weiteres Studium sowie reservierte Zeitfenster zum Drucken ... – Vielleicht kann das bis Semesterende klappen? Aus der Ferne reichen zunächst die Druckdaten und Screen Shots: Wie viele Übergänge von wie vielen freien Formen sind mir ohne Dopplungen gelungen?
Übergänge 4: menschliche vs. künstliche Intelligenz, 3D-Druck
Uns beschäftigt der 3D-Druck als Teil des Rapid Prototyping, dem schnellen Modellbau. Im Entwerfen haben Sie Arbeitsmodelle, bestehend aus leicht bearbeitbaren und kostengünstigen Materialien, kennengelernt. Präsentationsmodelle in der Landschafts-/
Architektur stellen hohe Modellbauerkunst dar und sind entsprechend teuer. Rapid Prototyping füllt die Lücke zwischen groben Arbeitsmodellen und teuren Präsentationsmodellen: Die Entwurfsdaten abends an einen Makerspace / Copyshop /
den eigenen 3D-Drucker senden und morgens mit dem Kaffee in der Hand nachschauen,
ob die Ideen auch bei Tageslicht Kraft besitzen oder nicht.
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c.) "Themen statt Aufgaben" - Themen-Poster in vier Schritten
In der dritten Runde in Darstellungslehre I behandeln wir Infografik, kritische Kartografie,
Grundlagen des Layoutens, das ethische Entwerfen als Kritik am Status Quo sowie das Vermitteln von Landschafts-/Architektur für die und in der Öffentlichkeit am Beispiel des Hauptcampus der TU Dresden im Block: Wie wollen wir hier gern studieren?
Die vier Seminare verfolgen mehrere Absichten gleichzeitig:
- landschafts-/architektonische Darstellungsformen einführen
- mit dem Hauptcampus der eigenen Universität beschäftigen
- Grundlagen von Desktop-Publishing / Layout- und Satzprogramm: Schriften + Layout- und Satzprogramm für Ihr Studium und danach
Themen statt Aufgaben 1: Status Quo > Positionsskizze
Eine infografische Bleistiftskizze zum Hauptcampus der TU Dresden im
Stadtrechteck Dresden mit Beschriftungen (Namen, Entfernungen ...) und digitales Beschriften und Bemaßen: Das erlaubt uns das leichte Ändern von Schriftgrößen, wenn es um das Einpassen der Positionsskizze in das Themen-Poster geht.
Themen statt Aufgaben 2: Geschichte, toll und schlimm > Topogramm
Wir nehmen uns die wechselvolle Geschichte der TU Dresden vor und entwickeln ein Topogramm der Hauptcampus-Struktur mit drei Entwicklungsstufen. Darin tragen wir geschichtlich wesentliche Orte und aktuelle wissenschaftliche Organisationen ein. Wieder Mehrfachabsichten: Darstellungsformen ausprobieren, mit dem Campus der eigenen Universität beschäftigen und Grundlagen von Desktop-Publishing / Layout- und Satzprogramm: Schriften, Schriftsatz sowie Exkurs I in das Layouten von Texten und Bildern.
Themen statt Aufgaben 3: Kritik darstellen > Isometrie
Ihr Lob und Ihre Kritik am Hauptcampus als gut/schlecht-Isometrie. Was wirkt toll, komisch, unverständlich, eklig, unsichtbar, geheimnisversprechend sowie / oder schlecht? + Exkurs II in das Layouten von Texten und Bildern (= Portfolio).
Themen statt Aufgaben 4: Plus entwickeln > Fantasielandkarte
Wie habe ich als Kind einmal unbefangen gemalt? Was hat mich beim Entschluss zum Studienwunsch Landschafts-/Architektur „getriggert“? Was finde ich heute toll = das Maß der Dinge? Wir möchten Sie zum Ende vom Anfang Ihres Studiums zum freien, ungebundenen Entwerfen ohne feste „Aufgabenstellung“ anregen. Kein innerer Zensor und ohne überbordendes Fachwissen (macht man so und so), dafür frei mit den Ihnen
zur Verfügung stehenden Mitteln. STUDIEREN = PROBIEREN. Natürlich möchten wir
ethisch arbeiten. Das bedeutet: Keine menschen- und umweltverachtenden Botschaften. + Mini-Exkurs zum Wettbewerbsposter in der Landschafts-/Architektur.
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Leseempfehlungen zu den Seminarthemen
Zugänge zum Zeichnen
- Betty Edwards: Neues garantiert Zeichnen lernen. Reinbek bei Hamburg 2000
- Betty Edwards: Drawing On The Artist Within. New York: Fireside 1987, Kapitel zu „Drawing Out Insight“, S. 66-95
- Hugo Peters: Der Äugel – Die Kunst des räumlichen Zeichnens. Reprint der 1. Auflage von 1964, Leipzig: E. A. Seemann Verlag 2001
- Emma Dexter: Vitamin Z. Neue Perspektiven in der Zeichnung. Übersetzung: Martina Bauer. Berlin: Phaidon 2006, Einleitung, S. 6-11
- Gernot Nalbach, Dimitra Figa: Die erste Skizze. The First Sketch. Förderkreis Dortmund, Modell Bauwesen 2003
- Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache, (Hg.): Faktencheck: Handschrift in der digitalisierten Welt. Köln: Universität Köln 2019
- Anne Trubek: The History and Uncertain Future of Handwriting. New York: London u. a.: Bloomsbury 2016
- Erwin Herzberger: Freihandzeichnen – Aquarell, Buntstift, Schwarzweißtechniken. Stuttgart, Zürich: Karl Krämer 1988
- Helmut Pottmann et al.: Architectural Geometry. Exton, PA: Bentley 2007
- Rutger Bregman: Utopien für Realisten. Die Zeit ist reif für die 15-Stunden-Woche ... Hamburg: Rowohlt, 2020: Auswahl: Kapitel zu „Die Rückkehr der Utopie“, S. 9-29 + „Wettlauf mit den Maschinen“, S. 175-197
- Bund Deutscher Architekten BDA: Das Haus der Erde. Positionen für eine klimagerechte Architektur. Berlin: BDA 2019
- Yuval Noah Harari: Homo Deus. Eine Geschichte von Morgen. München: Beck 2013
- Elena Meilicke: Crazy Walls: Klebende Ermittlungen. Mit Reißzwecken und viel Papier erscheint im Kriminalfilm jeder Fall lösbar. ZEIT Online 11.8.2018. https://www.zeit.de/kultur/2018-08/kriminalfilme-waende-ermittlungen-inszenierung-mapping-uebersicht (Zugriff: 27.4.2021)
- Wolfgang Ullrich: Ikonen des Kapitalismus – moderne Kunst zwischen Markt und Transzendenz. In: Ders.: An Kunst glauben. Berlin: Wagenbach 2011, S. 90-113
- Hanno Rauterberg: Die Zukunft der Kunst. Über den Traum von der kreativen Maschine. Berlin: ed. Suhrkamp 2021
Übergänge sinnfrei modellieren und 3D-Drucken
- Florian Klinger: Urteilen. Zürich: diaphanes 2011
- Felicidad Romero-Tejedor, Holger van den Boom: Systemtopologie: Vom Konzept zum Entwurf. Über eine Schwierigkeit in der Designdidaktik. In: Öffnungszeiten. Papiere zur Designwissenschaft 8/1999, HBK Braunschweig, S. 9-13
- Arch+ Zeitschrift für Architektur und Städtebau 191/192: Schwellenatlas. Von Abfallzerkleinerer bis Zeitmaschine. Aachen/Berlin: Arch+ Verlag 2009
- Mario Carpo: Alphabet und Algorithmus. Wie das Digitale die Architektur herausfordert. Bielefeld: transcript 2012
- Armen Avanessian, Andreas Töpfer: Speculative Drawing: 2011-2014. Berlin: Sternberg-Press 2014
- Dazu: „Metapher Lexikon“ – Professur für Entwerfen und Raumgestaltung: Bauhaus-Universität Weimar, Fakultät Architektur und Urbanistik, siehe https://www.uni-weimar.de/architektur/raumgestaltung/archives/487 (Zugriff am 17.11.2021)
- John Hegarty: There Are No Rules. London: Thames & Hudson 2015
- Felix Stalder: Kultur der Digitalität. Berlin: Suhrkamp 2016
- Ulrich Beck: Die Metamorphose der Welt. Aus dem Englischen von Frank Jakubzik. Berlin: Suhrkamp 2017
- Frank Schirrmacher: Payback. Warum wir im Informationszeitalter gezwungen sind zu tun, was wir nicht tun wollen, und wie wir die Kontrolle über unser Denken zurückgewinnen. München: Karl Blessing 2009
- Gerhard Matzig: Der verdienstvollste Rechte der Weltgeschichte. Er ist verschrien als Bad Boy der Gestaltung, als kalt, unsinnlich und lebensfern. Doch so viel Hass hat er nicht verdient. Ein Lob des rechten Winkels. Süddeutsche Zeitung, 9. Mai 2019, zit. n. https://www.sueddeutsche.de/kultur/rechter-winkel-architektur-bauhaus-1.4437656?print=true (Zugriff: 1.12.2021)
- Friedensreich Hundertwasser: Verschimmelungsmanifest gegen den Rationalismus in der Architektur. 1958/1959/1964, zit. n. http://www.hundertwasser.at/deutsch/texte/philo_verschimmelungsmanifest.php (Zugriff: 1.12.2021)
- Online: Vortrag von Peter Russell: „Beyond 2020. Scenarios for a Digital Future“, 48:13 min., University of Colorado at Boulder: https://vimeo.com/239538526 (Zugriff: 1.12.2021)
- Italo Calvino: Sechs Vorschläge für das nächste Jahrtausend. Harvard-Vorlesungen. Frankfurt am Main: Fischer 2012
- Friedrich von Borries: Weltentwerfen. Eine politische Designtheorie. Berlin: Suhrkamp 2018
- Kate Raworth: Die Donut-Ökonomie: Endlich ein Wirtschaftsmodell, das den Planeten nicht zerstört, München: Hanser 2018
- Doughnut City Amsterdam: Amsterdam tries to live by a radical new economic theory. TIME Destination 2030, Time Magazine Feb. 1 – Feb. 8, 2021, S. 70-75
- David Graeber: Bullshit-Jobs. Vom wahren Sinn der Arbeit. Stuttgart: Klett-Cotta 2018
Themen statt Aufgaben - Themen-Poster in vier Schritten
- Jens Wonneberger: Heimatkunde Dresden. Hamburg: Hoffmann und Campe 2009
- Erich Kästner: Als ich ein kleiner Junge war. München: dtv 2015
- Marcel Beyer: Putins Briefkasten. Berlin: Suhrkamp 2012
- Stiftung Deutsches Hygiene-Museum Dresden (Hg.): Mythos Dresden. Eine kulturhistorische Revue. Köln: Böhlau 2006 mit Einführung von Klaus Vogel und Gisela Staupe sowie lngo Schulze: „Ich war begeisterter Dresdner. Nachtgedanken“
- Yehuda Elkana, Hannes Klöpper: Die Universität im 21. Jahrhundert. Für eine neue Einheit von Lehre, Forschung und Gesellschaft. Hamburg: Körber-Stiftung
- Initiative More in Common: Die andere deutsche Teilung: Zustand und Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. 2019
- Yuval Noah Harari: 21 Lektionen für das 21. Jahrhundert. Aus dem Englischen von Andreas Wirthensohn. München: C.H. Beck 2018
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(Ende)
(Texte: Niels-Christian Fritsche - Die Seminarnummerierungen beziehen sich auf das Sommersemester 2020.)