18.02.2021
CITIES OF PRACTICE // 10.000 Schritte zu neuen Routinen
Haupt- und Vertiefungsentwurf SoSe 2021
HE4_SB | VE_SB | Diplom
Versunken in einen nervösen Dämmerschlaf warten Plätze darauf, wieder bespielt zu werden, Büros wieder beleuchtet und Shoppingcenter wollen die nicht verkaufte Wintermode endlich abstreifen und die nächste Kollektion zur Schau stellen. Endlich zurück zum Normalzustand.
Nimmt man allerdings die überstrapazierte Begrifflichkeit der letzten Monate beim Wort, die Pandemie sei ein “Trendbeschleuniger”, dann werden sich Städte sehr stark verändern - und dies schneller als angenommen. Ohne Frage ist die Welt in den letzten Monaten digitaler und lokaler geworden. Individuelle Lebensräume sind zusammengeschrumpft und gleichzeitig erreichbarer geworden. Unter der sanften Schneedecke des Februars verborgen, schien selbst der Klimawandel für einen Moment fast vergessen. Doch die Investitionsprogramme infolge der Pandemie werden Wachstums- und Klimafragen schnell wieder auf die Tagesordnung bringen. Auch für Städte.
All diese Vorzeichen lassen eigentlich kaum Zweifel daran, dass es wohl kein Zurück zum Normalzustand geben wird: für uns alle.
Im städtebaulichen Entwurfsstudio beschäftigen wir uns mit der zukünftigen Transformation des eigenen Lebensumfeldes; mit den Räumen und Strukturen, auf die wir in den letzten Monaten zurückgeworfen wurden und die wir, auch wenn sie halb abwesend waren, mit ihren Stärken und Schwächen besser kennengelernt haben.
Im Zentrum der Betrachtungen steht also das Quartier als Bezugsgröße, das sich mit 10.000 Schritten am Tag als postulierte Gesundheitsformel abstecken lässt. Dieser alltägliche Radius verortet individuelle, gesellschaftliche und ökologische Bedürfnisse, Herausforderungen und Routinen in Städten und muss zukünftig mehr leisten. Mit Kreativität und räumlicher Vorstellungskraft gestalten wir als Architekt*innen diese urbane Transformation - und wir machen dies nicht alleine. Die aktuelle Fassung der sog. “Leipzig-Charta” (ein wichtiges nationales und europäisches Leitbild zum Städtebau und Stadtentwicklung) gibt uns dabei drei wesentliche Leitlinien an die Hand, an die wir anknüpfen: die gerechte Stadt, die grüne Stadt und die produktive Stadt.
Methodisch gehen wir im Entwurfsstudio explorativ und forschend-entwerferisch vor. Einerseits durch eine individuelle Analyse des eigenen Quartiers, parallel dazu durch die Beschäftigung mit Trends und Veränderungen auf gesellschaftlicher Ebene.
Wir beschäftigen uns mit der Fragestellung, was sich zukünftig in Quartieren zwangsläufig verändern wird, was sich dringend verändern muss und was sich wünschenswerterweise verändern soll. Daraus leiten wir städtebauliche und architektonische Ideen und Maßnahmen ab.
So entstehen im Studio starke und radikale Zukunftsbilder für Dresden, die von neuen Gesellschaften in lebendigen Quartieren erzählen und denen es gelingt, Trends und Transformationen zu verräumlichen.
Es gibt im Anschluss die Möglichkeit, die Projektidee beim Call des “New European Bauhaus” einzureichen.
Ort
Das Entwurfsgebiet wird in diesem Semester von den Studierenden selbst festgelegt und markiert das nähere Lebensumfeld, welches sich mit ungefähr (max.) 10.000 Schritten abstecken lässt und dabei verschiedene Handlungsbereiche des Alltags abdeckt. Es können dabei besondere Orte der Transformation, Alltagsorte, besondere Akteure und Einrichtungen, Veränderungspotenziale etc. durch eine geschickte Wegeführung mit eingeschlossen werden. Bei Gruppenarbeiten (max.2 Personen) können diese Claims nach Absprache mit dem Lehrstuhl festgelegt werden.
Lehrende:
Prof. Melanie Humann
Beatriz Alés Gregori
Gudrun Deppe
Leon Jank