14.10.2025
Promotion Frederik Wedel
Frederik Wedel und die anwesende Promotionskommission
Am 10.10.2025 verteidigte Herr Frederik Wedel, M.Sc., erfolgreich seine wissenschaftliche Arbeit im Rahmen des Promotionsverfahrens 👨🎓 mit dem Thema „Erkennung struktureller Veränderungen an realen Brücken unter Nutzung von Methoden des Maschinellen Lernens“. Neben dem Vorsitzenden der Promotionskommission, Prof. Dr. Karsten Menzel, (TU Dresden), waren als Gutachter Prof. Dr. Steffen Marx (TU Dresden), Prof. Dr. Karsten Geißler (TU Berlin) und Prof. Dr. Thomas Braml (Universität der Bundeswehr München) anwesend. Als weiteres Mitglied der Promotionskommission war Prof. Dr. Robert Jockwer (TU Dresden) anwesend.
Abstract:
Die zunehmende Anzahl alternder Brückenbauwerke und die damit verbundene Notwendigkeit, ihre Sicherheit und Nutzungsdauer zu gewährleisten, erfordern eine automatisierte Überwachung. Strukturelle Anomalien sollen frühzeitig erkannt werden, um rechtzeitig Maßnahmen einleiten zu können und kritische Schäden zu verhindern. Obwohl es in der Forschung zahlreiche Methoden zur Anomalieerkennung gibt, bleibt deren Übertrag in die Praxis begrenzt. Häufig werden diese Ansätze auf Labor- oder simulierten Daten getestet, deren Übertragbarkeit auf reale Bedingungen ungewiss ist.
In dieser Arbeit wird eine regressionsbasierte Methode auf reale Messdaten angewendet und ihre Praxistauglichkeit untersucht. Die Methode wurde gezielt gewählt, da sie Langzeitmonitoringdaten nutzt, die häufig an Bauwerken, wo ein Monitoring durchgeführt wird, erfasst werden und somit ohne zusätzlichen Messaufwand verfügbar sind. Die vorliegende Arbeit basiert auf Daten realer Bauwerke, bei denen dokumentierte strukturelle Änderungen erfasst wurden. Die Methode basiert auf der Vorhersage von Tragwerksreaktionen aus Temperaturmessungen mittels Machine-Learning-Modellen. Abweichungen zwischen den vorhergesagten und gemessenen Daten werden als Anomalien interpretiert. Dabei wird die Peak-Over-Threshold-Methode für die robuste Schwellenwertbestimmung verwendet, um zuverlässige Aussagen über das Vorliegen struktureller Änderungen zu treffen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Methode auch unter praxisnahen Bedingungen zuverlässig funktioniert und robuste Vorhersagen liefert. Durch systematische Untersuchungen zu den erforderlichen Trainingsparametern konnte eine effektive und frühzeitige Anwendung der Methode ermöglicht werden. Zusätzlich wurden praxisorientierte Empfehlungen erarbeitet, die die Robustheit und Übertragbarkeit der Methode weiter stärken. Besonders hervorzuheben ist, dass die Methode in der Lage ist, strukturelle Anomalien frühzeitig zu erkennen und dabei flexibel auf unterschiedliche Bauarten und Problemstellungen anwendbar ist. Sie eignet sich sowohl für Massivbauwerke als auch für Verbundbauwerke und kann lineare Zusammenhänge ebenso modellieren wie nichtlineare Beziehungen, beispielsweise das temperaturbedingte Lagerverhalten. Dabei kommt die Methode ohne komplexe physikalische Annahmen aus, was ihre Anwendbarkeit in der Praxis erheblich erleichtert.
Die durchgeführten Untersuchungen zeigen, dass der Multi-Layer-Perceptron-Regressor das leistungsstärkste Modell für die Vorhersage von Tragwerksreaktionen ist. Er ist leicht und schnell zu trainieren und ermöglicht eine präzise Abbildung sowohl linearer als auch nichtlinearer Zusammenhänge bei hoher Effizienz und Robustheit gegenüber Overfitting.
Ein wesentlicher Erkenntnisgewinn liegt weiterhin in der Unterscheidung zwischen Messfehlererkennung und struktureller Anomaliedetektion. Während zur Messfehlererkennung korrelierte Tragwerksreaktionen als Eingangsdaten genutzt werden, um Sensorausfälle oder Kalibrierprobleme zu identifizieren, werden zur Erkennung struktureller Änderungen ausschließlich externe Einwirkungen wie Temperatur verwendet. Dies verhindert, dass Strukturänderungen durch Korrelationen in den Eingangsdaten überdeckt werden.
Außerdem erfordert die Anwendung der Methode eine ingenieurtechnische Expertise in mehreren zentralen Bereichen: Zunächst ist eine sorgfältige Datenwahl erforderlich, um geeignete Eingangsgrößen für die Modellierung der Tragwerksreaktionen auszuwählen und sicherzustellen, dass relevante Einflussfaktoren angemessen berücksichtigt werden. Auch beim Feature-Engineering, das die Identifikation und Aufbereitung relevanter Merkmale umfasst, insbesondere zur Abbildung transienter Prozesse, die das Tragverhalten beeinflussen ist ingenieurtechnische Expertise erforderlich. Ebenso spielt sie bei der Ergebnisinterpretation eine wesentliche Rolle, da erkannte Anomalien hinsichtlich ihrer Ursachen differenziert bewertet werden müssen. Insbesondere im Hinblick darauf, ob es sich um Messfehler oder tatsächliche strukturelle Veränderungen handelt. Die Methode ist demnach nicht darauf ausgelegt, ohne kritische Überprüfung angewendet zu werden, sondern sollte stets im Kontext ingenieurtechnischer Annahmen und Domänenwissen genutzt werden.
Weiterhin kann die Methode unter günstigen Bedingungen bereits nach vier Monaten Messzeitraum angewendet werden. Dennoch zeigt sich, dass ein längerer Zeitraum von sechs bis neun Monaten und idealerweise ein Jahr zu robusteren Ergebnissen führt, da so eine höhere Variabilität in den Trainingsdaten abgedeckt wird.
Außerdem wurde beobachtet, dass Strukturänderungen innerhalb des Trainingszeitraums einen nahezu linearen Einfluss auf die Modellperformance haben. Das bedeutet, dass Modelle, die überwiegend mit Daten aus der Zeit vor einer Strukturänderung trainiert wurden, das ursprüngliche Tragverhalten stärker widerspiegeln, während Modelle mit Daten nach der Änderung das neue Tragverhalten besser erfassen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer gezielten Auswahl des Trainingszeitraums bei der Anwendung datengetriebener Methoden im Bauwerksmonitoring. Insgesamt liefert die Arbeit einen Beitrag zur Entwicklung einer praxistauglichen und robusten Methode.
Lieber Frederik, wir wünschen dir viel Erfolg für die weitere wissenschaftliche Karriere und natürlich alles Gute für deine Zukunft! 👍🥳