Jun 08, 2022
Wie nah ist nah genug? Daseinsvorsorge aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger. Bevölkerungsumfrage startet in zwölf Gemeinden Brandenburgs
Was braucht es für ein gutes Leben? Reichen der Supermarkt in der nächsten Stadt und das Bäckerauto für die Grundversorgung mit Lebensmitteln? Welche Wege sind für Schüler:innen zumutbar? Vor allem in ländlichen Regionen sind solche Fragen der Daseinsvorsorge zentrale Themen für Kommunalpolitik und Verwaltung. Welche Anforderungen die Bürger:innen haben und was ihnen besonders wichtig ist, kommt dabei oft zu kurz. Manfred Klaus, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Landmanagement der TU Dresden, will das ändern und nimmt bei seiner Forschung gezielt die Sichtweise der Bewohner:innen in den Blick.
„Der Fokus der Wissenschaft im Bereich Daseinsvorsorge liegt bisher fast ausschließlich auf der staatlichen Betrachtungsweise“, so seine Beobachtung. „Dazu kommt, dass gegenwärtige Mindeststandards in der Raum- und Fachplanung auf teilweise sehr alten Vorstellungen beruhen – zum Beispiel, dass Grundschüler:innen 45 Minuten Reisezeit in eine Richtung zuzumuten sind. Oder es gibt gar keinen festen Mindeststandard, wie beispielsweise in der Lebensmittelversorgung.“
Für seine Promotion befragt Manfred Klaus nun Bürger:innen aus zwölf brandenburgischen Gemeinden. 3.600 Fragebögen will er Anfang Juni verteilen und hofft auf einen großen Rücklauf. Das Land Brandenburg ist für ihn das ideale Forschungsfeld. „Brandenburg ist sehr heterogen. Die einzelnen Regionen unterscheiden sich zum Teil stark in ihrer Strukturstärke, Reisezeiten zu zentralen Orten und der Bevölkerungsentwicklung.“ Dementsprechend hat er in allen Teilen Gemeinden ausgewählt, um ein möglichst umfassendes Bild zu erhalten. Befragt werden Menschen in den Mittelzentren Herzberg (Elster), Werder (Havel), Wittenberge, Prenzlau, Königs Wusterhausen und Spremberg sowie in den Landgemeinden bzw. Ämtern Röderland, Brück, Meyenburg, Gramzow, Spreenhagen und Welzow.
Daseinsvorsorge meint die Versorgung mit Gütern und Dienstleistung, die für ein menschenwürdiges Leben notwendig sind und umfasst sehr viele Themen. Dazu gehört die technische Infrastruktur wie Wasser- und Energieversorgung, aber auch die soziale Infrastruktur wie Gesundheitsversorgung, Lebensmittelversorgung, Bildung und Betreuung, Kultur, Katastrophenschutz oder Mobilität. In seiner Forschungsarbeit konzentriert sich Manfred Klaus auf die beiden Aspekte Schulische Bildung und Lebensmittelversorgung. In einer Vorstudie hat er bereits Interviews mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sowie Amtsdirektoren, Grundschulleiterinnen und Experten der Nahversorgung geführt. In der Hauptstudie, der Bevölkerungsumfrage, will er nun herausfinden, welche Einrichtungen und Dienstleistungen – z.B. Grundschule, Kita, Apotheke, Hausarzt – von den Menschen vor Ort als notwendig erachtet werden. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf den Öffentlichen Verkehrsmitteln wie Bus und Bahn und annehmbaren Reisezeiten für Schüler:innen, aber auch für Einkäufe oder Arztbesuche.
Die Ergebnisse der Studie werden publiziert und sollen dazu beitragen, die Bedürfnisse der Bürger:innen künftig besser in den Planungen zu berücksichtigen. Die Auswahl der Haushalte erfolgt zufällig, die Umfrage dauert 10 bis 20 Minuten. Wer die Einladung im Briefkasten findet, kann online oder per Rückbrief antworten. Je mehr Menschen teilnehmen, desto aussagekräftiger ist die Studie.
Kontakt:
Manfred Klaus
Tel.: +49 351 463-35637