09.12.2024
FENIX Geländeworkshop in Staré Splavy – Ein Erfahrungsbericht
Eine angenehme Frische stößt einem entgegen, betritt man den Zittauer Bahnhofsvorplatz Ende Oktober. Eineinhalb Stunden entfernt von Dresden verlässt man die bedrückende Großstadtenge, muss man sie in der Landeshauptstadt schon wirklich nicht fürchten, nun endgültig. Die von Glockentürmen durchsetzte Kleinstadt am Rande Sachsens liegt beinahe beengt in dem oberlausitzischen Zipfel und wird behütend eingebettet von Ländergrenzen zu allen Seiten. Ein Glück, denn wir wollen über die tschechische fahren, um zur heutigen Exkursion im Rahmen von FENIX zu gelangen.
Wir steigen um. Im Auto Richtung Süden über Lückendorf (DE) und Petrovice (CZ) zum Geopark Ralsko in der Region Liberec. Durch das Zittauer Gebirge hindurch, vorbei an Abermillionen von Herbstblättern in allen erdenklichen Farben beschenkt uns das Wetter mit besonders wohltuendem Sonnenglanz. In Staré Splavy angekommen, begegnet uns ein Natur-Highlight nach dem anderen. Teilnehmer neben uns zwei Studenten sind auf deutscher Seite die TU-Dresden, das IHI Zittau und das Senckenberg Museum Görlitz. Auf tschechischer Seite sind mindestens die TU Liberec und zahlreiche Lehrkräfte vertreten.
Es beginnt mit einem thematischen Input seitens der Liberecer Geographiedidaktik in einem alten Fachwerkhaus, an dessen niedrigem Türrahmen ich nicht darüber hinwegkomme, mir einmal kräftig den Kopf einzuschlagen. Unsere Aufgaben im Gelände lassen dann aber nicht auf sich warten. Es geht heute darum, eine Karte zu entwickeln – aufgeteilt in zwei Gruppen. Gruppe eins soll auf einer Karte des Ortes farbig einzeichnen, welche Gefühle sie mit den jeweiligen konkreten Gebäuden etc. verknüpfen, ob ihnen etwas fehlt oder etwas besonders gefällt. Die zweite Gruppe bekommt ein leeres Blatt und soll eine „Mental-Map“ einzeichnen. Die Ergebnisse aus Gruppe zwei sind sehr divergierend, weil die tschechischen Lehrkräfte davon ausgehen, eine möglichst kartographisch korrekte Zeichnung abzuliefern, während meine deutschen Begleiter und ich es uns nicht nehmen lassen, einmal gemütlich durch das Dörfchen zu flanieren und anschließend die beeindruckendsten Merkmale halbwegs geordnet aufzuzeichnen. Am Ende muss man festhalten: beide Herangehensweisen lassen sich jeweils erstens wundervoll im Geographieunterricht einbetten und sind zweitens eine spannende Tätigkeit im Gelände.
Im weiteren Verlauf des Tages wird es darum gehen, forschungsorientierten Unterricht zu betreiben. Es gibt erneut eine Aufteilung in Gruppen und so finde ich mich ein wenig später am Ufer des Stausees wieder und mutmaße über dessen Entstehung mit Fokus auf geomorphologische Besonderheiten im Zusammenhang mit historischen Tatsachen. Als Lehramtsstudent für ebendiese Fächer eine besonders spannende und bereichernde Erfahrung! Bereitgestellt wurde ein Sammelsurium aus Karten, Informationen und Abbildungen rund um den See und dessen geologischen Eigenschaften. In Kombination mit historischem Hintergrundwissen und eigenen Überlegungen gelingt es uns, zu verstehen, weshalb ausgerechnet an diesem Ort in Tschechien so erfolgreich bereits im späteren Mittelalter einen Stausee errichtet werden wollte und konnte.
Der Rest des Tages bestand aus einer Wanderung gepaart mit vielen interaktiven Aufgaben im Wald rund um Staré Splavy, sodass man uns bei untergehender Sonne und einziehender herbstlicher Kühle keine großen Denkaufgaben mehr abverlangt. Insgesamt also ein runder Aufenthalt mit vielen verschiedenen didaktischen Anregungen - besonders um mit den eigenen Schülern Zeit draußen vor der Tür zu verbringen.
Jonathan Franz
FENIX ist ein gemeinsames Projekt der TU Liberec, der TU Dresden, des IHI Zittau der TU Dresden, des Geopark Ralsko, des Nordböhmischen Museums Liberec und des Senckenberg Museums für Naturkunde Görlitz. Ziel des Projektes ist die Konzeption von Materialien und Methoden für eine gemeinsame grenzüberschreitende Forschungsfeldausbildung von Grund- und Sekundarschullehrern, Fremdenführern, Naturschützern und Museumsfachleuten, die sich auf Geographie, Geologie, Ökologie und den Schulz der Landschaft im Grenzgebiet von Tschechien und Sachsen konzentrieren. FENIX wird im Rahmen von Interreg SN – CZ durch die Europäische Union kofinanziert.
Weitere Exkursionseindrücke: