Robert Schröder
Vergleichende Betrachtungen der photogrammetrischen und terrestrischen Verfahren zur Erfassung von Bewegungszuständen im Tunnelbau
Deformationsanalysen stellen ein großes Anwendungsgebiet der Ingenieurgeodäsie dar. Insbesondere Tunnelbauwerke die hohem Erd- und Wasserdruck ausgesetzt sind, müssen regelmäßig auf Deformationen untersucht werden. Anhand der ermittelten Ergebnisse ist es möglich, die Standsicherheit des Bauwerks zu bewerten. Die Überwachungsmessungen können auf terrestrischen oder photogrammetrischen Messverfahren basieren. Das Bildmessende Verfahren, wurde durch das AICON 3D Industriemesssystem DPA Pro realisiert. Die terrestrische Aufnahme wurde durch die Leica Totalstation TCRP 1201 bewerkstelligt.
Diese Diplomarbeit strebt einen Vergleich zwischen beiden Verfahren im Bezug zur Überwachung eines Querschlagtunnels an. Darüber hinaus soll ermittelt werden, ob das photogrammetrische Messverfahren, basierend auf der Mehrbildtechnik, eine
sinnvolle Alternative zur traditionellen trigonometrischen Methode für Deformationsanalysen im Tunnelbau, darstellt.
Zu diesem Zweck wurde der Querschlag eins, der Malmö Citytunnel Group HB in Schweden, in einem Messzeitraum von neunzehn Tagen photogrammetrisch und trigonometrisch erfasst. Die Bewertung beider Verfahren, stützt sich auf die erzielten inneren und äußeren Genauigkeiten sowie auf den benötigten Zeitrahmen für den Aufbau, die Messung und die anschließende Auswertung. Zusätzlich wurde ein Verhältnis aus Nutzen und Kosten für beide Messverfahren aufgestellt, um die Wirtschaftlichkeit beider Systeme im Tunnelbau zu visualisieren.
Es wurde festgestellt, dass beide geodätischen Verfahren denselben Grad der Genauigkeit bei der Bestimmung der dreidimensionalen Koordinaten aufweisen und mit einer hohen bis sehr hohen Genauigkeit charakterisiert sind. Der Vorteil der photogrammetrischen Aufnahmetechnik, welcher aus der Bündelblockausgleichung resultiert, mündet in dessen
Zusatzinformationen. Diese ermöglichen es, für jeden Überwachungspunkt ein Vertrauensintervall anzugeben, was eine statistische Stützung der Deformationsanalyse beinhaltet. Das trigonometrische Aufnahmeverfahren, beruhend auf der
Polarpunktbestimmung von einem Standpunkt aus, bietet nur eine geringe Überprüfung der Messwerte z.B. durch die Messung in zwei Lagen, respektive der Anzielkontrolle. Weitere Vorteile der photogrammetrischen Methode resultieren aus der geringen Aufnahmedauer des Überwachungsobjekt (5 Minuten) und der anschließenden vollautomatischen Auswertung (5 Minuten). Der relativ hohe Zeitbedarf für den Aufbau des photogrammetrischen Messequipments (Maßstäbe, Referenzobjekte) fällt negativ ins Gewicht. In Anbetracht der Vielfalt der Aufgabenbewältigung (Absteckung, Vortriebssteuerleitsysteme, etc.) im Tunnelbau, können fünfmal mehr Aufgaben durch die trigonometrische Erfassung gelöst werden. Aufgrund der geringeren Auslastung der
photogrammetrischen Methode fällt das Nutzen – Kosten Verhältnis 1:2.5, zu Gunsten des terrestrischen Verfahrens aus.
Einen rentablen und sinnvollen Einsatzort der photogrammetrischen Messsystems stellen Großbaustellen dar. Es bleibt festzustellen, dass beide geodätischen Messverfahren geeignet sind, Deformationsanalysen im Tunnelbau durchzuführen. Abschließend sollte das Bildmessende System auf dessen Adaption bezüglich größerer Objektdurchmesser der Überwachungsobjekte untersucht werden. Als Testobjekt diente die abgeteufte Bahnhofsstation Triangeln. Diese ist durch eine lichte Weite von 26 m gekennzeichnet. Für die Untersuchung wurden zwei Überwachungsprofile in einem Abstand von 25 m installiert. Die Aufnahmekonfiguration kann mit wechselseitigen Kamerastandpunkten charakterisiert werden, was eine optimale Strahlenschnittgeometrie zur Folge hat. Die Qualität der Überwachungsmessung wurde über die erzielte äußere Genauigkeit hergeleitet. Diese spiegelt denselben Grad der Genauigkeit wieder, wie zuvor bei der Überwachungsmessung des
Querschlages eins. Besonders von Vorteil ist die schnelle Aufnahme mehrerer Überwachungsprofile und die daraus resultierende geringe Verweildauer des Geodäten im Gefahrenbereich. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass sich das photogrammetrische Messverfahren für die Überwachung von Objektquerschnitten von über 10 Metern eignet.