20.02.2024
Bestimmung von Massenänderungen in der Antarktis verbessert
Eine der Folgen des Klimawandels ist die Abnahme des Antarktischen Eisschildes, die den Meeresspiegel ansteigen lässt. GRACE und GRACE-FO (im Folgenden einfach GRACE genannt) können die Massenänderungen des Antarktischen Eisschildes messen und uns helfen, besser zu verstehen, wie diese Prozesse ablaufen. Wenn man die Massenänderungen nicht nur aus den GRACE-Daten berechnet, sondern zusätzlich Satellitenaltimetrie-Beobachtungen der CryoSat-2-Mission verwendet, ist es möglich, die Massenänderungen räumlich viel höher aufzulösen. Außerdem ist es in der Antarktis möglich, die Effekte der glazial-isostatischen Anpassung (GIA) direkt mit zu berechnen, ohne ein Computermodell zu verwenden. Die Ergebnisse stimmen dann sogar besser mit unabhängigen Daten überein.
GIA und die räumliche Auflösung sind Herausforderungen für die Berechnung genauer Eismassenänderungen in der Antarktis
GRACE kann nämlich immer nur die Summe aus z.B. Eismassenänderungen und Änderungen im Erdinneren messen. In der Antarktis ist es sogar so, dass die Eismassenänderungen und die Effekte durch GIA in einer ähnlichen Größenordnung liegen. Allerdings ist GIA in der Antarktis nur ungenau bekannt, und diese Ungenauigkeiten wirken sich auf die berechneten Eismassenänderungen aus. Zudem ist die räumliche Auflösung der GRACE-Daten von einigen hundert Kilometern oft zu grob, um beispielsweise glaziologische Prozesse, wie Änderungen im Fließverhalten von Gletschern, im Detail zu untersuchen.
Hohe räumliche Auflösung der Eismassenänderungen und GIA in einem Schritt
Die Satellitenaltimetrie, z.B. CryoSat-2, misst keine Massenänderungen, sondern Volumenänderungen. Um diese mit GRACE kombinieren zu können, müssen die Volumenänderungen in Massenänderungen umgerechnet werden. Das ist insbesondere eine Herausforderung bei der Firnschicht des Eisschildes. Firn ist das Material im Übergang von Schnee zu Gletschereis und quasi eine Mischung aus Eis und Luft. Die Dichte dieser Schicht ist ganz unterschiedlich. Die Umrechnung in Massenänderungen ist aber möglich, indem man die Änderungen des Luftanteils in der Schnee- und Firnschicht herausrechnet, so dass nur noch die Änderungen des Eisanteils übrigbleiben. Ergebnisse der regionalen Klimamodellierung und der Firnmodellierung können verwendet werden, um die Änderungen dieses Luftanteils zu bestimmen. Die Beobachtungen von GRACE und CrySat-2 müssen nun mit den Signalen der Massen- und Volumenänderungen, also Eis, GIA und Firnluftgehalt, verknüpft werden. Diese Verknüpfung ist die sogenannte Parametrisierung und bezeichnet den physikalischen Zusammenhang zwischen Messung und Signal. Diese Parametrisierung wird so gewählt, dass die Eismassenänderungen hoch aufgelöst werden können und die Berechnung von GIA auf der Basis physikalischer Zusammenhänge möglich ist. Außerdem wird die Parametrisierung so gewählt, dass sie konsistent mit anderen Massenänderungen im Erdsystem ist. Schließlich entsteht ein großes Gleichungssystem, das gelöst wird. Die Lösung sind dann Zahlenwerte bspw. für Eismassenänderungen und GIA. Bei der Berechnung werden die Unsicherheiten der Beobachtungen und ihre wechselseitigen Abhängigkeiten möglichst vollständig berücksichtigt.
Fast 1500 Gigatonnen Eismassenverlust in 10 Jahren
Die Berechnung zeigt, dass der Antarktische Eisschild von Januar 2011 bis Dezember 2020, also über 10 Jahre, im Durchschnitt 144 ± 27 Gigatonnen Eismasse pro Jahr verloren hat. In 10 Jahren entspricht das einem riesigen Eiswürfel von knapp 12 km Breite, 12 km Länge und 12 km Höhe. Wo diese Massenänderungen stattfinden, ist jedoch sehr unterschiedlich (Abb. 1a). Der größte Massenverlust findet in der Westantarktis statt. Es gibt aber auch Gebiete, in denen Masse hinzugekommen ist. Insgesamt hat der Antarktische Eisschild an Masse verloren, und Computersimulationen zeigen, dass sich dieser Eismassenverlust beschleunigen wird. Allerdings sind die Ergebnisse der Simulationen noch sehr unterschiedlich. Um herauszufinden, wie groß der Eismassenverlust in Zukunft wirklich sein wird, können die Ergebnisse aus der Kombination von GRACE und CryoSat-2 helfen, die Modelle für solche Projektionen zu verbessern.
Die gleichzeitig berechneten Änderungen durch GIA (Abb. 1b) stimmen sogar besser mit unabhängigen GNSS-Messungen (z.B. GPS) überein als andere Berechnungen. Sie enthalten aber noch Fehler, die in Zukunft behoben werden sollen. Im Gegensatz zu Computermodellen können diese aus Satellitenbeobachtungen abgeleiteten GIA Effekte auch nicht die Prozesse im Erdinneren simulieren. Sie können aber womöglich dazu beitragen, dass Computermodelle, die GIA simulieren, in Zukunft realistischer werden.
Willen, M. O., Horwath, M., Buchta, E., Scheinert, M., Helm, V., Uebbing, B., and Kusche, J.: Globally consistent estimates of high-resolution Antarctic ice mass balance and spatially resolved glacial isostatic adjustment, The Cryosphere, 18, 775–790, doi.org/10.5194/tc-18-775-2024, 2024.
wiss. Mitarbeiter
NameDr.-Ing. Matthias Willen
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