Biomolekül-Corona von Nanopartikeln
Aktuelle Studien belegen, dass sich in die Umwelt eingebrachte Nanomaterialien in Abhängigkeit der Zusammensetzung des Umweltmediums schlagartig verändern. Somit sind die bei der industriellen Herstellung oftmals gut charakterisierten Nanomaterialien nur bedingt mit den in der Umwelt vorkommenden Nanopartikeln zu vergleichen. Neben Faktoren wie pH-Wert und Ionenstärke hat insbesondere die Gegenwart von Proteinen einen wesentlichen Einfluss auf Partikeleigenschaften. Welche Proteine an welche Nanopartikel besonders effizient binden und wie die von ihnen dadurch ausgebildete Biomolekül-Hülle, die so genannte „Corona“, von den physikalisch-chemischen Eigenschaften der Nanomaterialien wie Größe, Material und/oder Oberflächenbeschaffenheit beeinflusst wird, ist noch weitgehend unverstanden und wird vor allem im Bereich der Humantoxikologie aktuell intensiv erforscht.
Nicht nur physiologische Umgebungen des menschlichen Körpers, sondern auch umwelttoxikologisch relevante Umgebungen, z. B. Gewässer oder Böden, enthalten verschiedene Biomoleküle. Während in humanen Organsystemen hauptsächlich Proteine vorherrschen, sind Umweltmatrices hochkomplexe Mischungen aus unter anderem organischen Säuren, Mono-, Di- und Polysacchariden, Lipiden, Aminosäuren und Proteinen. Neben den physikalisch-chemischen Eigenschaften von Nanomaterialien, welche bisher für deren Biokompatibilitäts- und Risiko-Bewertung herangezogen wurden, könnte die Bestimmung der Biomolekül-Corona zusätzliche wichtige Kriterien zur Bewertung von Nanomaterialien liefern.
So könnte sich gegebenenfalls herausstellen, dass die (Öko-)Toxizität keine intrinsische, sondern eine extrinsische Partikeleigenschaft ist, die durch die Partikel-Corona und demnach durch die Biomoleküle der entsprechenden Umweltmatrix definiert wird.
In unseren Forschungsarbeiten beschäftigen wir uns mit der Sorption von ausgewählten Biomolekülen auf Eisen-, Cer-, Silizium- und Kupferoxid Nanopartikeln. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist die Fragestellung, ob adsorbierte Moleküle mikrobiell abgebaut werden können.
Diese Forschung wurde im Rahmen des Projekts „Designkriterien für nachhaltige Nanomaterialien“ durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt (BMBF-FKZ: 03X0152).
Mehr zum Thema finden Sie in
Docter D.et al. (2015) The nanoparticle biomolecule corona: Lessons learned - challenge accepted? Chemical Society Reviews 44, 6094-6121. Free full text available under: ResearchGate
Kontakt:
Prof. Dr. Stefan Stolte (stefan.stolte@tu-dresden.de)