Heft 3
Neue Methoden zur Steuerung der Wassergabe mit neuronalen Netzen in der Bewässerungslandschaft
von Niels Schütze (2005)
Zusammenfassung: Im Wettbewerb um die knappe Ressource Wasser steht die Bewässerungslandwirtschaft als größter Verbraucher mit dem geringsten Wirkungsgrad neben den anderen Konsumenten (Industrie, Gewerbe und Haushalte). Zu dem ist die Bewässerungslandwirtschaft maßgeblich für die Verschmutzung von Oberflächen- und Grundwasser sowie für die zunehmende Degradation von Böden durch Versalzung verantwortlich. Aufgabe einer effizienten Steuerung von Bewässerungssystemen ist es daher, das Wasser so auf das Feld zu leiten und zu verteilen, daß bei sparsamer Verwendung des verfügbaren Wassers eine für die Pflanze günstige Durchfeuchtung des Wurzelraums erreicht wird und andere natürliche Ressourcen wie Boden und Grundwasser nicht nachteilig verändert werden. Zur Bewässerungssteuerung ist man weitgehend auf simulationsbasierte Optimierungsmethoden angewiesen. Bei der Anwendung der simulationsbasierten Optimierung stößt man allerdings bei allen Bewässerungsverfahren auf Probleme, da nur aufwendige und mitunter numerisch instabile Simulationsmodelle prognostische Berechnungen der resultierenden Feuchteverteilung im Boden in hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung ermöglichen und zudem die komplexe Zielfunktion eine Lösung des nichtlinearen Optimierungsproblems sehr erschwert. An Stelle der problematischen direkten Minimierung einer Zielfunktion mit numerischen Bewässerungsmodellen wird in dieser Arbeit ein zweiphasiges Vorgehen vorgeschlagen, welches die Strömungsmodellierung und die optimale Bestimmung der Bewässerungsparameter entkoppelt. Im ersten Schritt generieren die mit lokal erhobenen Daten betriebenen Prozeßmodelle eine umfassende Palette von Bewässerungsszenarien, mit denen ein neuronales Netz die Steuerung des zu untersuchenden Bewässerungssystems trainiert. Im zweiten Schritt liefert das neuronale Netz als sehr einfaches und robustes Werkzeug vor Ort die optimalen Bewässerungsparameter für das Feld. Für die Steuerung von Bewässerungssystemen wurde eine neue neuronale Netzarchitektur, die selbstorganisierende Merkmalskarte mit variabler Ein-/Ausgabefunktion (SOM-MIO), entwickelt, die gravierende Vorteile gegenüber anderen Netzarchitekturen zeigt. Die Leistungsfähigkeit der SOM-MIO konnte durch verschiedene Erweiterungen, vor allem jedoch durch ein neues lineares Interpolationsverfahren verbessert werden. In der Arbeit wird die SOM-MIO Architektur zusammen mit ein-, zwei- und dreidimensionalen Strömungsmodellen innerhalb der zweiphasigen Optimierungsstrategie verwendet. Bei diesen Beispielen wird sichtbar, daß das neuentwickelte Prinzip für die existierenden Bewässerungsverfahren (Beregnung, Oberflächenbewässerung und Mikrobewässerung) allgemein nutzbar ist. Umfangreiche Anwendungen der SOM-MIO Architektur erfolgten zur deterministischen und stochastischen Steuerung der Tropfbewässerung sowie zur Steuerung der Furchenbewässerung bei bedarfsgerechter Bewässerungsplanung und bei Defizitbewässerung. Diese Beispiele demonstrieren neben der geforderten Genauigkeit, Schnelligkeit und Stabilität das Potential für eine signifikante Steigerung des Bewässerungswirkungsgrads gegenüber den herkömmlichen Verfahren zur Steuerung der Wassergabe.