Heft 9
Regionalisierung von Hochwasserscheiteln auf Basis einer gekoppelten Niederschlag-Abfluss-Statistik mit besonderer Beachtung von Extremereignissen
von Michael Wagner (2012)
Zusammenfassung: Die Bemessung von Bauwerken an oder in Fließgewässern erfordert die Kenntnis des statistischen Hochwasserregimes. Beispielsweise legen Hochwasserschutzkonzeptionen häufig ein Hochwasser zu Grunde, welches in einem Jahr mit der Wahrscheinlichkeit von 1/100 auftritt. Ein extremeres Hochwasser wird für den Nachweis der Standsicherheit großer Stauanlagen nach DIN 19700-12 (2004) mit einem Hochwasser der jährlichen Eintrittswahrscheinlichkeit von 1/10000 benötigt. Ein solches Hochwasser kann bereits wegen des instationären Klimas nicht allein aus Durchflussmessdaten abgeleitet, sondern lediglich idealisiert dargestellt werden. Das resultiert nicht zuletzt daraus, dass der Mensch natürlich Zeuge eines so unwahrscheinlichen Ereignisses werden kann. Jedoch kann er die Unwahrscheinlichkeit nicht nachweisen. Jedes Berechnungsschema, mit welchem ein so unwahrscheinliches Ereignis abgeschätzt werden soll, wird nur begrenzt zuverlässig sein. Das Ziel der Arbeit ist es daher, die Schätzung etwas zuverlässiger zu gestalten. Grundsätzlich gilt, dass ein Modell umso mehr bzw. sicherere Ergebnisse liefern kann, je mehr Daten in das Modell eingehen. Direkt mit dem Durchfluss gekoppelt sind Angaben zu historischen Hochwasserereignissen bzw. qualitative Einschätzungen kleinräumiger Ereignisse. Eine wichtige Datenquelle neben den Durchflussartigen ist der mit dem Durchfluss kausal verbundene Niederschlag und dessen zu vermutendes Maximum in einem Gebiet. Wird zusätzlich regional vorgegangen, können räumliche Aspekte und Strukturen in größeren Einzugsgebieten berücksichtigt werden. Diese stärken bzw. erweitern die lokalen Berechnungsgrundlagen und gewährleisten ein räumlich konsistentes Bild. Im Umkehrschluss kann das Durchflussregime regionalisiert werden, um Informationen an nicht bemessenen Orten bereitstellen zu können. Aus den genannten erweiterten Berechnungsgrundlagen lassen sich drei Anknüpfungspunkte schließen: (i) Es muss eine sehr flexible und dennoch plausible Darstellungsmöglichkeit des statistischen Niederschlagsregimes bis zum vermutlichen Maximum formuliert werden. (ii) Das entwickelte Niederschlagsregime muss mit dem Durchflussregime gekoppelt werden, um die Informationen nutzen zu können. (iii) Die anschließende Regionalisierung muss die verschachtelte baumartige Struktur hydrologischer Einzugsgebiete berücksichtigen. Punkt (i) wird durch eine zweigeteilte Verteilungsfunktion gelöst. Damit werden die ideale Darstellung des wahrscheinlicheren Bereiches und der plausible Verlauf bis zum Maximum miteinander verbunden. Bezüglich Punkt (ii) wird ein neues Kopplungsprinzip entwickelt. Dieses basiert auf der Annahme, dass ein je nach Gebiet gültiger maximaler Scheitelabflussbeiwert existiert, welcher asymptotisch erreicht wird. Im Ergebnis erhält die Durchflussverteilung mit der Abflussbeiwertapproximation einen oberen Grenzwert in Abhängigkeit von Niederschlagsmaximum und Scheitelabflussbeiwert. Entsprechend der Vorgaben in Punkt (iii) wird die Referenzpegelmethode entwickelt. Diese basiert darauf, dass ähnliche Einzugsgebiete äquivalente Hochwasserscheitel generieren. Damit können bekannte Hochwasserereignisse eines Referenzpegels auf unbeobachtete Teileinzugsgebiete übertragen werden. Bei der Wahl des Referenzpegels wird u.a. die Topologie der Einzugsgebiete berücksichtigt. Die gesamte Strategie kann auf große Untersuchungsgebiete angewandt werden. Am Beispiel sächsischer Flüsse wird die Vorgehensweise von der Datenhomogenisierung bis hin zum extremen Hochwasserdurchfluss an einem unbeobachteten Querschnitt erläutert.