Projekt BfN Dresden
BfN Stadtnatur und Freiraumstruktur im Klimawandel
(Bundesamt für Naturschutz BfN)
Projektziel
Ziel des Teilprojektes der Meteorologie ist die Bestimmung der mikroklimatischen Ausgleichfunktionen vorhandener und potentieller Grünflächen- und Freiraumstrukturen im Innenstadtgebiet von Dresden. Grundlage der Untersuchungen sind Simulationen mit dem mikroskaligen Boden-Vegetations-Atmosphärenmodell HIRVAC (Baums et al., 2005, Fischer et al., 2007).
Arbeitsplan
Die Fähigkeit des Modells, die Wechselwirkung unterschiedlicher städtischer Oberflächenstrukturen mit dem Mikroklima unter Extrembedingungen zu quantifizieren, wurde bereits durch eine exemplarische Studie in der Innenstadt von Dresden nachgewiesen (Goldberg und Bernhofer, 2007). In dieser Studie wurde prinzipiell gezeigt, dass unterschiedliche Anteilsgewichte städtischer Oberflächenutzung (u. a. Grünflächen, Baumbestände und versiegelte Oberflächen) die Maximumtemperatur in einer sommerlichen Hitzeperiode deutlich beeinflussen.
Auf den Ergebnissen dieser Studie soll in dem aktuellen Projekt aufgebaut werden.
Für die Simulationen mit dem Modell HIRVAC werden Informationen zum aktuellen Klima und zu unterschiedlichen regionalen Klimaszenarien benötigt. Die aktuellen Klimadaten können aus der Sächsischen Klimadatenbank, die im Zusammenhang mit vergangenen regionalen Klimaprojekten (Bernhofer und Goldberg, 2001; Bernhofer et al., 2002) an der Professur für Meteorologie aufgebaut wurde, zur Verfügung gestellt werden. Hinsichtlich der Klimaprognosedaten favorisieren die Antragsteller die Ergebnisse des dynamischen Klimamodells REMO (Jacob et al., 2007) und des statistisch-dynamischen Modells WETTREG (Enke et al., 2005). Beide Modelle lieferten die Basis der im Auftrag des Umweltbundesamtes erstellen regionale Klimavorhersagen für Deutschland. Aufgrund der zahlreichen globalen Klimaszenarien existiert auch eine Vielzahl auf den Globalszenarien aufbauender regionaler Klimaprognosen. Für die Anwendung im vorgeschlagenen Projekt ist eine Reduktion der Szenarien auf die drei realistischsten Wirtschafts- und Emissionsszenarien des IPCC (IPCC, 2007) sinnvoll: A2 (regional-ökonomisch, A1B (ausgewogene Ressourcennutzung) und B1 (global-umweltorientiert und Ressourcen schonend).
Auf Basis dieser Szenarien werden mit HIRVAC Modellrechnungen für Testgebiete mit unterschiedlichem Verbauungs- und Versiegelungsgrad bzw. unterschiedlicher Grünflächenstruktur (Baumbestand, Wiese) im inneren Stadtgebiet von Dresden durchgeführt (z.B. Postplatz, Neumarkt, Park am Zwinger, Großer Garten).
Dazu werden in einem ersten Schritt die notwendigen Eingangsgrößen wie Oberflächenreflexionsvermögen (Grünflächen, versiegelte Flächen, Wasser), Sky-view-Faktor, Horizonteinschränkung (Gebäude, Bäume), Wärmeleitkennziffern, Wärmedurchgangszahlen (Boden, Gebäude), Wasseraufnahmevermögen, Bodenfeuchte (unversiegelt, versiegelt), langwellige Strahlungsemissivität (Gebäude, Boden, Pflanzen), Oberflächenrauhigkeit (Boden, Pflanzen, Bebauungsdichte), sowie Baumarten und Baumdichte auf den Grünflächen kartiert. Grundlage der Kartierung sind die digitalen Geländeinformationen (Höhenmodell, Stadtmodell) und Landnutzungsdatensätze von Dresden, sowie Informationen zur Bauklimatologie und Bauphysik der Stadt Dresden.
Im zweiten Schritt werden wesentliche Elemente des Stadtklimas wie Oberflächentemperatur, Lufttemperatur, Luftfeuchte und Wind für unterschiedliche Grünflächen- und Freiraumkonfigurationen unter mittleren und extremen Klimabedingungen des aktuellen Klimas und der verschiedenen regionalen Klimaszenarien modelliert.
Die zahlreichen Variantenrechungen zum Mikroklima der städtischen Räume sind die Basis, um im dritten Schritt die Anpassungspotentiale der Freiraumtypen gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels abzuleiten. Dazu wird u. a. die Variabilität des Mikroklimas möglicher bzw. vorhandener Freiraumtypen mit der sich ändernden Variabilität der Klimaextreme in den Klimaszenarien verglichen. Zusätzlich lassen sich aus den modellierten Klimagrößen bioklimatologische Kennziffern, wie z. B. die Physiologische Äquivalentemperatur (PET) oder Predicted Mean Vote (PMV) (VDI 3787, 1998) ableiten, die das Anpassungspotential der Freiraumtypen in der Wechselwirkung zur Lebensqualität der Menschen quantifizieren.
Aufgrund der großen Anzahl an Variantenrechnungen unter verschiedensten Annahmen bzgl. der Klimarandwerte lassen sich die Modellergebnisse auch auf Freiräume in anderen ähnlich verdichteten Siedlungsräumen, aber auch in suburbanen Gebieten von Großstädten und in urbanen Räumen kleinerer Flächenausdehnung (Mittel- und Kleinstädte) übertragen. Dazu werden wesentliche Unterscheidungsmerkmale zu den Bedingungen im Untersuchungsgebiet wie mittlere Windgeschwindigkeit, sky-view-Faktor und Versiegelungsgrad im Modell HIRVAC für das Übertragungsgebiet angepasst.
Die Modellergebnisse werden durch Vergleichsmessungen (Oberflächentemperatur von Gebäuden, Bäumen und der Erdoberfläche, Lufttemperatur, Luftfeuchte und Wind) unter Extrembedingungen (z. B. sommerliche Hitzeperiode) verifiziert.
Für diesen Projektteil zuständig:
TU Dresden, Professur für Meteorologie
Projektleitung: Prof. Dr. C. Bernhofer, Dr. V. Goldberg