Steigerung der Energieeffizienz dieselhydraulischer Triebwagen
Dieselhydraulische Triebwagen sind in Mitteleuropa weit verbreitet. Sowohl die Deutsche Bahn AG als auch andere private oder (halb-)staatliche Betreiber verfügen über größere Flotten dieser Fahrzeugart für einen Einsatz im Nah- und Regionalverkehr. Beispielhaft können die deutschen Baureihen 611, 612 und 628 genannt werden.
Im Zuge wachsender ökologischer und ökonomischer Restriktionen muss darüber nachgedacht werden, wie die Energieeffizienz dieselhydraulischer Triebwagen weiter gesteigert werden kann, um Dieselkraftstoff zu sparen und Emissionen zu reduzieren. Ziel der Forschung ist ein Erkenntnisgewinn durch die Simulation verschiedener innovativer Antriebsstränge. Die Rekuperation und Zwischenspeicherung von Bremsarbeit sowie die Abgaswärmenutzung mittels Hybridisierung bilden dabei die Schwerpunkte der Untersuchungen.
Veröffentlichungen
Teilprojekt 1: Abbildung eines dieselhydraulischen Triebwagens mit Hilfe des 1d-Multi-Domain-Simulationswerkzeugs AMESim™
Bevor die Auswirkungen verschiedener Hybridisierungsvarianten untersucht werden können, muss der Ist-Zustand abgebildet werden. Dazu wurde ein Modell für einen dieselhydraulischen Triebwagen in der Simulationsumgebung AMESim™ entwickelt, dessen Kernelemente der Antriebsstrang sowie die Steuerungslogik zur Abbildung der eisenbahnspezifischen Fahrdynamik darstellen. Um Erkenntnisse hinsichtlich des Fahrverhaltens der Triebfahrzeugführer und damit der Lastprofile des Antriebsstranges zu gewinnen, wurden Daten (z.B. Geschwindigkeit, Motordrehzahl, Leistungsvorgabe) im realen Betrieb auf einer Regionalstrecke aufgezeichnet und ausgewertet. In der Simulation wird die Berücksichtigung einer vorausschauenden und energiesparenden Fahrweise ebenfalls umgesetzt.
Teilprojekt 2: Rekuperation von Bremsarbeit und mobile Energiespeicherung
Die Steigerung der Energieeffizienz eines Transportvorganges ist bei voll ausgereifter klassischer Antriebstechnik eng mit dem Problem der Rückgewinnung eines Teils der beim Bremsvorgang umgewandelten Energie und deren Speicherung verknüpft. Dabei gilt es, einen möglichst großen Teil der dem Fahrzeug während des Anfahrvorganges zugeführten kinetischen Energie in eine für die antriebstechnische Wiederverwendung günstige Energieform zu überführen und sie während der Stillstandszeiten des Fahrzeuges zwischenzuspeichern. Für die im Rahmen der Forschung betrachteten dieselhydraulischen Triebwagen ist aus verschiedenen Gründen vor allem die Umwandlung in elektrische oder potentielle Energie interessant. In den letzten Jahren wurden von verschiedenen Akteuren Hybridkonzepte auf hydrostatischer Basis entwickelt, so von Bosch-Rexroth für Nutzfahrzeuge, von Voith Turbo (Konzeptstudie EcoPack™) für Schienenfahrzeuge und von PSA für Pkw. Als Energiewandler kommen dabei hydrostatische Pumpen/Motoren zum Einsatz, wobei die Speicherung der rekuperierten Energie in Hydro- bzw. Gasdruckspeichern erfolgt.
Die Erweiterung des klassischen Antriebsstranges um elektrische Energiewandler und –speicher stellt ebenfalls eine vielversprechende Hybridisierungsstrategie dar, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt von allen namhaften Herstellern von mobiler Antriebstechnik verfolgt wird. Die Modellierung und der Vergleich unterschiedlicher Hybridvarianten sowie die gegenseitige Beeinflussung von Streckenprofil, Hybridkonfiguration und Betriebsstrategie sind die Schwerpunkte des 2. Teilprojektes.
Teilprojekt 3: Abgasenergienutzung
Die Energiebilanz eines Dieselmotors zeigt, dass in Abhängigkeit des Lastpunktes, in dem der Motor betrieben wird, nur ein Anteil von 30 bis 40% der im Kraftstoff gebundenen chemischen Energie an der Kurbelwelle als mechanische Energie zur Verfügung steht. Etwa die Hälfte der Verlustenergie wird über das Abgas in Form von thermischer und kinetischer Energie abgeführt. Derzeit existieren verschiedene Strategien, die im Abgas vorhandene Energie zurückzugewinnen. Dabei werden sowohl sogenannte Turbo-Compound-Systeme als auch thermo-elektrische Generatoren und Latentwärmespeicher projektiert. Ein weiterer Ansatz ist der von Voith Turbo für die Anwendung auf Schienenfahrzeugen weiterentwickelte geschlossene Dampfkreisprozess. Dieses als „SteamDrive“ bzw. „SteamTrack“ bezeichnete System basiert auf der Idee, dem Abgasmassenstrom in einem Wärmeübertrager thermische Energie zu entziehen, um damit ein flüssiges Arbeitsmedium zu verdampfen. Der erzeugte Dampf wird anschließend einem Expander zugeleitet, wo er mechanische Arbeit verrichtet, die für Antriebszwecke bzw. zur Erzeugung elektrischer Energie genutzt werden kann. Das Arbeitsmedium wird nach der Expansion in einem Kondensierer wieder vollständig verflüssigt und erneut dem Verdampfer zugeführt.
Das Teilprojekt 3 beinhaltet den Aufbau eines Simulationsmodells der gesamten Abgaswärmenutzungsanlage mit seinen Hauptbestandteilen Speisepumpe, Verdampfer, Expander und Kondensierer sowie die Konfiguration und den Abgleich dieses hochkomplexen Systems mit Prüfstandsdaten. Anschließend erfolgt durch Kombination mit dem im Rahmen des Teilprojektes 1 entwickelten Grundmodell eine Bewertung des Energieeinsparpotentials in Abhängigkeit von Fahrstrategie und Streckenprofil. Das bahnspezifische Lastprofil des Motors mit seinem hohen Leerlaufanteil stellt dabei eine besondere Herausforderung an den Prozess dar.
Veröffentlichungen
Kache/Löffler: "Simulation hydrostatischer Hybridkonfigurationen für dieselhydraulische Triebwagen", in: Tagungsband 12. Internationale Schienenfahrzeugtagung Rad/Schiene 2012
Kache/Steglich: "Betriebliche Aspekte bei der Simulation dieselhydraulischer Triebwagen", in: ETR Eisenbahntechnische Rundschau, Bd. 60 (2011), Heft 9, S. 42-45
Kache/Steglich: "Fahrdynamische Untersuchungen an dieselhydraulischen Triebwagen mittels 1D-Systemsimulation", in: ZEVrail, Bd. 135 (2011), Heft 6-7, S. 258-264
Kache/Steglich/Löffler/Vogler: "Steigerung der Energieeffizienz dieselhydraulischer Triebwagen", in: Der Eisenbahningenieur, Bd. 61 (2010), Heft 3, S. 25-28,30-32
Kache/Steglich: "Enhancing the energy efficiency of diesel multiple units with hydrodynamic power transmission", in: Proceedings of the 5th International Scientific Conference "Theoretical and Practical Issues in Transport", Conference - CD-ROM, Pardubice, 11th-12th February, 2010 Link
Kache/Steglich/Löffler: "Ways to reduce the fuel consumption and emissions of diesel multiple units with hydraulic power transmission", in: Proceedings of the First International Conference on Road and Rail Infrastructure CETRA 2010, S. 949-955, ISBN 978-953-6272-37-2
Kache: "Investigating an all-hydraulic hybrid system for diesel-hydraulic rail cars", in: European Transport Research Review, Vol. 6, Issue 2(2014), pp.181-189 zum Volltext
Kache: "Modellierung, Simulation und Bewertung parallel-hybrider Antriebskonfigurationen für dieselhydraulische Triebwagen im Nah- und Regionalverkehr", Dissertation, TU Dresden, 2014, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:14-qucosa-149909 zum Volltext
Kache: "Hybridlokprojekte - Ein globaler Überblick", in: ETR Eisenbahntechnische Rundschau (Homepage ETR), Bd. 63 (2014), Heft 10, S. 32-36 zum Volltext
Kache: "Diesel-Hybrid-Triebwagen", in: ETR Eisenbahntechnische Rundschau (Homepage ETR), Bd. 63 (2014), Heft 12, S. 50-53 zum Volltext
Kache/Steglich: "Simulation kombinierter Hybridkonfiguration für Dieseltriebwagen", in: ETR Eisenbahntechnische Rundschau (Homepage ETR), Bd. 64 (2015), Heft 1+2, S. 44-49 zum Volltext