21.09.2021
Peeking Beyond Peaks: Wie wirkt sich Multimodalität im Kontext mehrkriterieller Optimierung aus?
Die Mehrzieloptimierung, d.h. die gleichzeitige Optimierung mehrerer zumeist konfliktärer Zielgrößen (Reisezeit vs. Fahrtkosten, räumlicher Komfort vs. Maximierung der Kapazität eines Fahrzeugs, Lösungsqualität vs. Rechenaufwand, etc.), findet in verschiedenen Forschungsbereichen, wie z.B. dem evolutionären Rechnen, dem maschinellen Lernen (z.B. (Hyper-)Parameteroptimierung) oder der Logistik (z.B. Tourenplanung), immer mehr Beachtung. In zahlreichen Arbeiten in diesem Bereich wird die Thematik "Multimodalität" als eine Herausforderung aus zwei klassischen Perspektiven diskutiert: (1) das Auffinden aller global optimalen Lösungsmengen, sowie (2) das Vermeiden, in lokal optimalen Lösungen "stecken" zu bleiben. Bei Betrachtung dieser Forschungsarbeiten fällt auf, dass diese viele traditionelle Konzepte der klassischen Einzieloptimierung auf die mehrkriterielle Domäne übertragen, dabei aber meist das Verständnis der strukturellen Eigenschaften sowie des algorithmischen Suchverhaltens in diesen Problemlandschaften vernachlässigen. Diese Effekte lassen sich zu einem gewissen Grad durch die überschaubare Anzahl an Visualisierungstechniken erklären, die wiederum nötig sind, um grundlegende (teils herausfordernde) Charakteristika dieser Probleme besser verstehen zu können. Einige der aktuelleren Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet wirken diesem Trend jedoch entgegen, indem sie die Grundlagen und Eigenschaften von Mehrzieloptimierungsproblemen mit Hilfe neuer Visualisierungstechniken untersuchen und dabei überraschende Erkenntnisse gewinnen konnten.
Unter Verwendung dieser (visuell) neu gewonnenen Erkenntnisse wird in dieser Arbeit zunächst eine einheitliche Terminologie für die Begriffe "Multimodalität" und "Lokalität" im Kontext der Mehrzieloptimierung eingeführt, die zugleich Basis für die Analyse zahlreicher Forschungsaktivitäten in diesem Bereich bildet. Darüber hinaus diskutieren wir in unserem Artikel die Auswirkungen auf die Entwicklung sogenannter Benchmark-Suiten (die wiederum grundlegend für die Analyse von Mehrzieloptimierungsproblemen und die Entwicklung geeigneter Algorithmen sind), die Erforschung von Features mit deren Hilfe sich die Optimierungsprobleme automatisiert und effizient charakterisieren lassen, sowie die Entwicklung neuer Optimierungsalgorithmen und Performanzmaße zur Beurteilung der Güte der Algorithmen. Für alle diese Themen bieten wir in unserem Manuskript einen umfangreichen Überblick über Ideen und Methoden, geben zugleich aber auch einen Ausblick auf zukünftige Herausforderungen, Forschungspotenziale und Perspektiven, die sich aus den jüngsten Entwicklungen ergeben.
Diese Veröffentlichung ist aus einer internationalen Forschungskooperation entstanden an der Forschende der TU Dresden, der WWU Münster, der Universität Leiden (Niederlande), der Universität Twente (Niederlande), sowie der Sorbonne Université (Frankreich) beteiligt waren. Mehrere der an dem Manuskript beteiligten Autoren haben am Dagstuhl-Seminar "Scalability in Multiobjective Optimization" teilgenommen. Infolgedessen ist der Artikel als Teil des Special Issue "Modern Trends in Multiobjective Optimization" des Computers and Operations Research Journal erschienen. Das vollständige Manuskript kann unter folgendem Link abgerufen werden: https://authors.elsevier.com/a/1dXSv15N8SFYn-