04.05.2017
Der Mensch und die Technik – die Technik und der Mensch?!
Selbstfahrende Fahrzeuge, laufende Roboter, Exo-Skelette für den Menschen, Datenbrillen in der Fertigung, automatisierte Produktempfehlungen – selbst in der Medizin können Computer Röntgenbilder bereits besser auswerten als der Mensch.
Die technologische Entwicklung ist so rasant, dass viele Menschen kaum hinterherkommen sie zu verstehen. Aber ein Verständnis für die technologische Entwicklung ist notwendig, denn sie beeinflusst unsere Gesellschaften, unsere Kulturen, unser Zusammenleben und unsere Art der Kommunikation. Und genau hier setzte das IDEENSTUDIO am 26. April 2017 an. Eingeladen waren Wissenschaftler*innen aus den Geistes- und Sozialwissenschaften und den Ingenieurwissenschaften um ihre Perspektive auf das Thema „Mensch 4.0“ darzustellen und gemeinsam zu diskutieren. Die Teilnehmer*innen präsentierten ihre Perspektiven und Fragestellungen im „Pecha Kucha“-Format, bei dem 20 Folien jeweils 20 Sekunden eingeblendet werden. Dabei wurde deutlich, dass sich sowohl die Geistes- und Sozialwissenschaften als auch die Ingenieurwissenschaften mit ähnlichen bzw. sich ergänzenden Fragestellungen befassen, vor gleichen Herausforderungen stehen und die Probleme in unserer globalisierten Welt nur interdisziplinär lösbar sind.
Der Begriff Industrie 4.0 und die damit verbundene Hightech-Strategie der Bundesregierung stehen für eine immer stärkere Vernetzung von industrieller Produktion und moderner Informations- und Kommunikationstechnik. Grundlage hierfür sind intelligente und digital vernetzte Systeme. Mit ihrer Hilfe soll eine weitestgehend selbstorganisierte Produktion möglich werden. Menschen, Maschinen, Anlagen, Logistik und Produkte sollen direkt miteinander kommunizieren und kooperieren. Die Geschwindigkeit der technischen Entwicklung, vor allem in der Kommunikations- und Informationstechnik, stellt unsere Gesellschaft vor neue Herausforderungen. Es gilt, die ethischen, juristischen, moralischen und sozialen Probleme zu erkennen, zu erforschen und Lösungen zu entwickeln.
Bereits jetzt beeinflussen Social Bots die Meinungsbildung. Bemerkbar war dies im Wahlkampf in den USA. Wie also unterscheiden wir die Posts von Social Bots und realen Personen? Gilt die Meinungsfreiheit auch für Social Bots? Wenn nein, können Regierungen die Äußerungen von Social Bots reglementieren? Ebenso wichtig ist die Frage nach der Verantwortung. Wer haftet, wenn ein selbstfahrendes Auto einen Unfall verursacht – der Insasse, der Hersteller oder der Programmierer? Noch wichtiger ist die Frage nach der richtigen Entscheidung: In einem selbstfahrenden Fahrzeug sitzt eine junge Familie. Das Auto wird in einen Unfall verwickelt und diagnostiziert drei mögliche Szenarien: Das Auto mit der jungen Familie fährt frontal gegen einen Baum oder überfährt bei einem Ausweichmanöver einen Rentner oder verletzt ein junges Mädchen schwer. Nach welchen Kriterien entscheidet der Algorithmus, wer gerettet werden soll?
Noch ist der Mensch als Erfahrungsträger unersetzbar. Dies wird deutlich, wenn Maschinen unvorhersehbare Probleme verursachen, die nicht von ihren Sensoren erkannt werden können. Hier braucht es den Menschen, der eingreift. Nur er kann die Probleme und ihre Ursachen identifizieren und sie aufgrund seines Erfahrungswissen beheben. Was aber geschieht mit uns Menschen, wenn Maschinen und Anlagen über eine künstliche Intelligenz verfügen, die alle Fehler selbst erkennt und behebt? Schafft der Mensch sich also selbst ab? Wird der Mensch zum reinen Sensor degradiert? Überholt die Technik den Menschen? Wer steuert wen – der Mensch die technologischen Entwicklung oder die Technik den Menschen? Diese und viele weitere Fragen bewegen sich an der Schnittstelle zwischen Geistes- und Sozialwissenschaften und Ingenieurwissenschaften. Sie sollen in unterschiedlichen Veranstaltungsformaten weiter entwickelt werden und in interdisziplinären Projekten münden.