Dec 13, 2021
"Die Aufklärung vor den Europäer:innen retten" – Nikita Dhawan ist neue Professorin für Politische Theorie und Ideengeschichte
Name: Nikita Dhawan
Position / Professur: Professur für Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Politische Theorie und Ideengeschichte
Institut: Institut für Politikwissenschaft
Fakultät: Philosophische Fakultät
Nikita Dhawan ist seit 1. Oktober 2021 Inhaberin der Professur für Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Politische Theorie und Ideengeschichte. Ihre wissenschaftliche Karriere begann in Mumbai, Indien, wo sie Philosophie und German Studies sowie Gender Studies studierte. Nach Ihrer Promotion in Philosophie 2006 an der Ruhr-Universität Bochum, übernahm sie die Maria-Goeppert-Mayer Gastprofessur am Institut für Politikwissenschaft der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg im Wintersemester 2006/07 und war anschließend als Post-Doc-Fellow am International Graduate Centre for the Study of Culture (GCSC) der Justus Liebig Universität Gießen tätig.
Ihr weiterer wissenschaftlicher Werdegang führte sie von 2008 bis 2014 an die Goethe Universität in Frankfurt am Main. Hier war Nikita Dhawan Juniorprofessorin für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Gender und postkoloniale Studien. Neben ihrer Juniorprofessur war sie in dieser Zeit Principal Investigator des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“, Direktorin des Frankfurt Research Center for Postcolonial Studies (FRCPS) und Direktoriumsmitglied des Cornelia Goethe Zentrums für Frauenstudien und die Erforschung der Geschlechterverhältnisse.
2014 folgte dann der Ruf an die Universität Innsbruck, wo Nikita Dhawan bis 2018 Professorin für Politische Theorie mit Schwerpunkt Frauen- und Geschlechterforschung innehatte. In dieser Zeit leitete sie als Direktorin die Forschungsplattform Gender Studies: „Identitäten – Diskurse – Transformationen”. Für ihre Forschungen im Bereich Frauen- und Geschlechterforschung sowie für die Förderung der Frauenbewegung und die Verdienste um die Geschlechtergleichstellung erhielt sie 2017 den Käthe Leichter-Preis. Bevor Nikita Dhawan den Ruf an die TU Dresden annahm, forschte und lehrte sie von als Professorin für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Gender Studies an der Justus-Liebig-Universität Giessen.
Nikita Dhawan ist eine engagierte und international renommierte Wissenschaftlerin. Neben zahlreichen Visting Scholars wie z.b. am Indian Institute of Technology, IIT Bombay (2019-2020), im Program of Critical Theory an der University of California, Berkeley, USA (2012) und am Graduiertenkolleg “Dynamiken von Raum und Geschlecht” Universität Kassel/Göttingen (2011) veröffentlichte sie bereits zahlreiche Werke. Dazu gehören u.a. Decolonizing Enlightenment: Transnational Justice, Human Rights and Democracy in a Postcolonial World (Hg. 2014); Global Justice and Desire: Queering Economy (Mithg. 2015); Postkoloniale Theorie: Eine kritische Einführung (2020) und Rescuing the Enlightenment from the Europeans: Critical Theories of Decolonization (forthcoming).
Wir haben mit ihr gesprochen:
Wo liegen Ihre Forschungsschwerpunkte und Forschungsinteressen?
Meine Forschungs- und Interessenschwerpunkte liegen in den Bereichen der Globalen Gerechtigkeit, der Menschenrechte sowie der Demokratie und Dekolonisierung. Ein zentraler Fokus meiner Forschung und Lehre liegt auf den historischen, ökonomischen, sozio-politischen und kulturellen Verflechtungen zwischen Europa und der postkolonialen Welt. In meiner Arbeit analysiere ich das ambivalente Erbe der Europäischen Aufklärung für die postkoloniale Welt und suche dabei nach einer alternativen postkolonial-queer-feministischen Ideengeschichte von Schlüsselkonzepten.
Was war Ihr interessantestes bzw. spannendstes Forschungsprojekt? An welchem Projekt arbeiten Sie aktuell?
Derzeit arbeite ich an dem Projekt "Die Aufklärung vor den Europäer:innen retten: Kritische Theorien der Dekolonisierung" (gefördert von der Volkswagen-Stiftung), das auch eines meiner spannendsten Projekte ist.
Da Postkoloniale Studien als Anti-Aufklärung angesehen werden, mag es paradox erscheinen kritische Theorien der Dekolonisierung vorzuschlagen. Bislang argumentierten viele postkoloniale Wissenschaftler:innen, dass die erhabenen Ideale der Aufklärung mit kolonialer Gewalt und faschistischem Terror einhergingen. Gleichzeitig, so wird dargelegt, kam die Aufklärung den Interessen einer gewissen privilegierten Klasse zugute, die Normen mit implizit rassistischer und sexistischer Ausrichtung festschrieb. Trotz dieser Einwände ist das Ziel des Projektes, die widersprüchlichen Konsequenzen der Aufklärung zu verstehen ohne einen Anti-Aufklärungs-Standpunkt einzunehmen. Die Unabdingbarkeit der Aufklärung in der Umsetzung kritischer Projekte muss mit den Euro- und Androzentrismen, welche ihr Erbe plagen und wie ein Pharmakon Gift und Medizin zugleich sind, zusammengedacht werden. Um post-imperiale Zukünfte zu imaginieren, werden kritische Theorien der Dekolonisierung vorgeschlagen.
Was darf auf Ihrem Schreibtisch auf keinen Fall fehlen?
Ein Radiergummi! So kann ich meine notierten Gedanken ausradieren, um sie dann neu zu formulieren.
Haben Sie ein Lieblingszitat? Wenn ja, welches und von wem ist es?
Die postkoloniale Feministin Gayatri Spivak bemerkt „We live in a world in which the rapists are in charge of the rape kit“.
Welches Buch haben Sie als letztes gelesen?
Ich lese erneut Frantz Fanons „Die Verdammte dieser Erde“
Weitere Infos über Sie gibt es auf:
https://dresden.academia.edu/NikitaDhawanhttps://de.wikipedia.org/wiki/Nikita_Dhawan
Vielen Dank!