14.04.2023
Dr. Frances Guerin ist neue Fellow am Insitut für Kunst- und Musikwissenschaft
Dr. Frances Guerin wird vom 16. April bis 16. Juli als Fellow bei Prof. Dr. Kerstin Schankweiler, Professur für Bildwissenschaft im globalen Kontext, zu Gast sein. Die Wissenschaftlerin, Kritikerin und Autorin hat an der New York University in Filmwissenschaften promoviert. Seit 2001 lehrt sie Film und visuelle Kultur an der University of Kent, Canterbury.
Frances' Forschungsarbeiten befassen sich mit der Beziehung zwischen Bildern und der historischen Welt und insbesondere damit, wie experimentelle Stand- und Bewegtbilder soziale und kulturelle Konventionen darstellen, kritisieren und herausfordern. Zu ihren Büchern gehören A Culture of Light: Cinema in 1920s Germany (University of Minnesota Press, 2005); The Image and the Witness: Trauma, Erinnerung und visuelle Kultur (Columbia University Press, 2007); Through Amateur Eyes: Film and Photography in Nazi Germany (University of Minnesota Press, 2011); On Not Looking: The Paradox of Contemporary Visual Culture (2015); und The Truth is Always Grey: A History of Modernist Painting (University of Minnesota Press, 2018). Ihr neuestes Buch ist über das Werk der zeitgenössischen amerikanischen Malerin Jacqueline Humphries (Lund Humphries, 2022).
Im Steckbrief gibt sie weitere Einblicke in ihre Forschung:
Name: Dr. Frances Guerin
Position / Professur: Fellow an der Professur für Bildwissenschaft im globalen Kontext
Institut: Institut für Kunst- und Musikwissenschaft
Fakultät: Philosophische Fakultät
Wo liegen Ihre Forschungsschwerpunkte und Forschungsinteressen?
Meine Arbeit ist von einer Reihe von Fragen motiviert, die das Verhältnis zwischen modernistischen Bildern und der historischen Welt, in der sie konzipiert, produziert, ausgestellt und rezipiert werden, zu untersuchen. Ich bin an Fragen wie diesen interessiert: Wie stellen abstrakte Bilder die Welt dar? Wie setzen sich Menschen mit diesen Kunstformen auseinander und wie können wir diese ästhetische Erfahrung beschreiben? Wie verhandeln Kunstwerke ihre soziale Realität? Insbesondere dann, wenn diese soziale Realität durch historische Veränderungen, Krieg oder traumatische historische Ereignisse geprägt ist. Insgesamt bin ich daran interessiert, diese Fragen zu untersuchen, indem ich analysiere, was und wie Film, Kunst und visuelle Kultur des 20. Jahrhunderts Bedeutung (formal, ästhetisch, materiell) erzeugen und wie sie neue Perspektiven auf die Welt ermöglichen.
Was war Ihr interessantestes bzw. spannendstes Forschungsprojekt?
Mein interessantestes Forschungsthema ist immer dasjenige, an dem ich gerade arbeite. Ich neige dazu, mich in das Thema, an dem ich arbeite, zu vertiefen, und die Fragen, die das Projekt aufwirft, werden zu einer Linse, durch die ich die Welt zu sehen beginne. Wenn mich Bilder dazu verführen, über sie zu schreiben, dann denke ich, dass ich die Verantwortung habe, mich voll und ganz auf das einzulassen, was sie mir zu zeigen haben!
An welchem Projekt arbeiten Sie aktuell?
Derzeit arbeite ich an zwei Projekten. Das erste ist Cinematic Portrait Painting: (Not) about Gerhard Richter, das Projekt, auf das ich mich in Dresden konzentrieren werde. Es ist eine Monografie, die meine langjährige Faszination für Gerhard Richters Gemälde und mein ihr wissenschaftliches Interesse für das Avantgarde- und Experimentalkino miteinander verbindet. In dem Buch untersuche ich die Qualitäten von Richters Porträts - im weitesten Sinne des Begriffs - auf Eigenschaften, die man gemeinhin mit dem Kino verbindet. Mein Ansatz zielt darauf ab, die Auseinandersetzung der Porträts mit einer Reihe umfassenderer Themen aufzuzeigen. Indem wir das Kino als Linse benutzen, durch die wir Richters Porträts betrachten, sehen wir, wie sie gleichzeitig traditionelle Vorstellungen von Porträts, der Identität des Künstlers, der abgebildeten Personen, der Betrachter und der Ausstellungsräume neu definieren und umgehen.
Ich arbeite auch an einem Buch für ein breites Publikum, What Am I Meant To Be Looking At? Das Buch besteht aus einer Reihe von leicht verständlichen Essays, die den Leser:innen abstrakte Gemälde von bekannten und weniger bekannten, modernen und zeitgenössischen Künstler:innen vorstellt. Mein Ziel ist es, in jedem Essay aufzuzeigen, wie die Malerei ein Objekt in der Welt ist, das eine Tür zum Verständnis von Aspekten der Welt öffnet, die bisher vielleicht unbemerkt geblieben sind. Oder vielleicht zeigen die Gemälde Perspektiven der Welt auf, die bisher als unwichtig galten. In gut lesbaren Essays hoffe ich, den Lesenden davon zu überzeugen, dass der Zugang zur abstrakten Kunst und ihr Verständnis etwas ist, das wir alle auf unterschiedliche Weise tun, dass es keine einheitliche Art und Weise gibt, sie zu interpretieren, und dass es vor allem darauf ankommt, dass wir den Weg hinein und die anschließende Bedeutung für uns selbst finden.
Was darf auf Ihrem Schreibtisch auf keinen Fall fehlen?
Ich recherchiere und schreibe in Bibliotheken und arbeite nur sehr selten zu Hause. Obwohl ich streng genommen kein "Gegenstand" bin, arbeite ich am besten, wenn ich von anderen Menschen umgeben bin. Aber es gibt einen Vorbehalt: Es muss auch Stille herrschen. Aus diesem Grund arbeite ich eher nicht in öffentlichen Bibliotheken, sondern bin in Universitäts- und Forschungsbibliotheken zu Hause. Diese Einrichtungen sind in der Regel mit Menschen wie mir gefüllt.
Welches Buch haben Sie als letztes gelesen? Welchen Film/Welche Serie haben Sie als letztes gesehen?
Meine Lektüre ist sehr vielfältig, so dass es schwierig ist, sich auf ein bestimmtes Buch festzulegen. In den Sommermonaten habe ich dank der spärlichen Auswahl an Neuerscheinungen viele ältere Filme gesehen. Mein Favorit war Luchino Viscontis Ludwig (1973) auf der großen Leinwand in der Cinémathèque Française. Der Film über den Einzelgänger und Ästheten Ludwig II. von Bayern ist mit seiner Kameraführung und Inszenierung so üppig, dass die vier Stunden wie im Flug vergingen.
Weitere Infos über Sie gibt es auf:
- persönliche Website: www.francesguerin.com
- University of Kent Website: https://www.kent.ac.uk/arts/people/2132/guerin-frances
- Blog: http://fxreflects.blogspot.com/
- Twitter: https://twitter.com/frances_guerin
- Instagram: frances_guerin