Feb 09, 2016
Forscher der TU Dresden legen das erste deutschsprachige Handbuch zur Männlichkeitsforschung vor
Nach rund vierjähriger intensiver Arbeit legten Prof. Dr. Stefan Horlacher, Bettina Jansen und Dr. Wieland Schwanebeck pünktlich zum Jahresanfang das inter- und transdisziplinär ausgerichtete Handbuch Männlichkeit vor und erfüllen somit ein wichtiges Forschungsdesiderat. In den vergangenen Jahrzehnten hat Männlichkeit einen (mehr oder weniger) festen Platz im Feld der Geschlechterforschung erlangt und sich auch im deutschsprachigen Raum, wo man tendenziell gegenüber der angloamerikanischen Geschlechterforschung um ein paar Jahre zurückliegt, längst als analytische Kategorie etabliert. Die hier v.a. seit den 1990er-Jahren entstandene lebendige Fachkultur hat u.a. in der Soziologie, Psychologie, Medizin und Literaturwissenschaft zu beachtenswerten Forschungsleistungen geführt, deren Niveau weit über den medial geführten Debatten um die vermeintliche ‚Krise‘ des Mannes und das Verschwinden ,echter Kerle‘ liegt.
Das im Metzler-Verlag erschienene Handbuch Männlichkeit, zu dem Autorinnen und Autoren aus Deutschland, Frankreich, Spanien, England, der Schweiz, den USA sowie Mittelamerika beigetragen haben, bündelt den aktuellen Stand der Männlichkeitsforschung in den Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften und schließt damit eine Lücke nicht nur innerhalb der deutschsprachigen und europäischen Forschungsliteratur. Bislang auf Englisch vorliegende Handbücher und Enzyklopädien zu Männlichkeit orientieren sich nämlich in erster Linie am angloamerikanischen Raum und konzentrieren sich zudem auf die Sozialwissenschaften, ohne bspw. Männlichkeit in der Archäologie, Linguistik oder Philosophie zu berücksichtigen.
Das Handbuch ist in drei Teile gegliedert: Auf einen ausdifferenzierten und analytischen Übersichtsteil zum Stand der deutschsprachigen und englischsprachigen Männlichkeitsforschung sowie zur Männlichkeitsforschung in Frankreich, Italien, Spanien, in Lateinamerika sowie in Russland und Ostmitteleuropa folgen zwölf thematische Kapitel, u.a. zu den Disziplinen Bio-Medizin, Ethnologie, Pädagogik, Geschichtswissenschaft, Soziologie und Psychoanalyse. Das Handbuch legt darüber hinaus ein besonderes Augenmerk auf die Künste und rückt im letzten Teil künstlerisch-mediale Repräsentationen in den Vordergrund: Hier werden Forschungsdebatten sowie dominante Männlichkeitsbilder in Kunst- und Filmgeschichte, Musik, Fotografie, Tanz sowie Literatur diskutiert, wobei deutsch- und englischsprachige Literaturen ebenso ausführlich behandelt werden wie die Literaturen der Romania sowie Russlands und Ostmitteleuropas, was auch die historische Entwicklung männlicher Leitbilder in unterschiedlichen Kulturen nachvollziehbar werden lässt.
Das Handbuch wurde von der Gesellschaft von Freunden und Förderern der TU Dresden unterstützt und richtet sich an Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftler, Studentinnen und Studenten ebenso wie an interessierte Laien, die sich den aktuellen Forschungsstand zum Thema in verschiedenen Disziplinen und unter Berücksichtigung aktueller Theoriebildung (bspw. in Form der Intersektionalitätsforschung, postkolonialer Perspektiven oder von Queer Theory) erschließen wollen.
Stefan Horlacher, Bettina Jansen und Wieland Schwanebeck (Hg.): Männlichkeit. Ein interdisziplinäres Handbuch.
Metzler Verlag, Stuttgart/Weimar 2016.
381 Seiten, 69,95 EUR.
ISBN-13: 978-3476023933