05.01.2015
Der Dialog zwischen den Geschlechtern
Herzlich willkommen in Dresden. Sind Sie zum ersten Mal hier?
Nein, ich bin schon zum zweiten Mal in Dresden. Vor zwei Jahren wurde ich bereits von Prof. Maria Lieber an die TU Dresden eingeladen. Der Kontakt ist durch meine Kollegin Prof. Patrizia Cordin entstanden und ich finde diese Triangulation durch die Linguistik sehr interessant. Frau Prof. Lieber und ich befassen uns beide mit der Geschichte der italienischen Sprache und arbeiten schon lange zusammen. Die Erforschung der Handschriften der italienischen Literatur in der SLUB ist ein gemeinsames Projekt. Dazu betreuen wir Provomierende aus Trento und Dresden und es gibt immer wieder sehr faszinierende Entdeckungen, wie bei der Doktorarbeit von Chiara Pedron. Hier haben wir Texte aus dem 16. Jahrhundert aus Florenz gefunden und das war wirklich überraschend.
Weiterhin gibt es ein Doppel-Master-Programm zwischen der TU Dresden und der Universität Trento, bei dem wir beide Studierende betreuen.
Sie befassen sich hauptsächlich mit der Geschichte der italienischen Sprache. Was ist Ihr Forschungsschwerpunkt?
Mein Schwerpunkt in der Forschung ist die Geschichte der italienischen Sprache. Mich interessiert besonders die Zeit vor der Geburt der italienischen Sprachen. Ich befasse mich also mit der Volgare in verschiedenen Regionen Italiens und mit Vulgarismen im Latein. Dabei faszinieren mich besonders die ersten Schritte zur Entwicklung einer unitären Sprache. Etwa im 15. Jahrhundert entstand eine erste gemeinsame Sprache aus verschiedenen Dialekten. Diese erste italienische Sprache war aber nur eine literarische Sprache. Sie wurde nur gelesen und geschrieben, aber nicht gesprochen. Selbst heute gibt es noch diese Trennung zwischen geschriebener und gesprochener Sprache im Italienischen. Da ich das sehr interessant finde, ist es für mich auch ein weiterer Forschungsschwerpunkt.
Sie haben im Rahmen des „GenderHochDrei Projekts“ einen Vortrag zum „Dialog zwischen den Geschlechtern“ gehalten. Was fasziniert Sie an dem Thema „Gender“?
Richtig, ich habe in einem Vortrag das „Decameron“ vorgestellt. Das Buch ist eine Sammlung von 100 Novellen von Giovanni Boccaccio. Für mich persönlich ist das Buch eine Leidenschaft. Ich habe es letztes Jahr mit meinen Studenten komplett gelesen. Auch wenn es durch die alte Sprache und die komplizierte Syntax schwierig zu lesen war, haben wir so ein besseres Verständnis des Inhalts erhalten. Durch das Lesen des gesamten Werkes haben wir verstanden, dass das Reden und der Dialog zwischen den Geschlechtern zentrale Elemente sind. Der Verfasser richtete sich an Frauen als Leserin, und das ganze Werk ist den Frauen gewidmet als Trost für ihre Leiden (Liebesleiden). Frauen sind oft allein, wobei die Männer viele andere Tätigkeiten machen können. In dem Werk reden drei Männer und sieben jungen Frauen miteinander und erzählen sich Geschichten zur Unterhaltung. Es entsteht ein Dialog zwischen den Geschlechtern und das ist wichtig, denn nach Boccaccio haben Männer viele Waffen zur Verfügung, das weibliche Geschlecht hat aber nur die Klugheit und die Klugheit entspricht dem Wort. Das finde ich sehr interessant, denn diese Frauen verteidigen sich durch das Reden.
Gibt es Genderforschung/Genderveranstaltungen bei Ihnen in Trento?
Bei uns gibt es einen Masterstudiengang zu Diversity Management und Gender Equality. Wir interessieren uns aber sehr für die Denomination von Berufsbezeichnungen für Frauen und Männer. In der italienischen Sprache ist das ein Problem, denn meistens wird die gleiche Bezeichnung für Mann und Frau verwendet und dafür suchen wir Lösungen. Meine Kollegin Cecilia Robustelli hat bereits einige Vorschläge für die weibliche Bezeichnung von bestimmten Berufen erarbeitet. Sie hat unter anderem vorgeschlagen, dass „professoressa“ als weibliche Bezeichnung für Professor eingeführt werden soll. Als ich Lektorin in Würzburg war, haben meine deutschen Studenten mich oft „professoressa“ genannt. Mich hat das irritiert, denn eigentlich hätten sie mich mit „professore“ ansprechen müssen. Sie waren ihrer Zeit also schon voraus.
Wird es weitere gemeinsame Projekte in Zukunft geben?
Ja, wir haben vor, mit dem Bereich Geistes- und Sozialwissenschaften der TU Dresden eine gemeinsame Sommerschule in Trento zu veranstalten. Geplant ist eine interdisziplinäre Veranstaltung zu Kulturtransfer. Hier sind wir gerade mitten in den Vorbereitungen.
Werden Sie wieder nach Dresden kommen?
Natürlich und sehr gern. Ich habe hier jetzt Freunde und es gefällt mir hier sehr gut. Die Mischung zwischen neuer und alter Architektur, zwischen Modernität und Vergangenheit fasziniert mich sehr und ich möchte Dresden noch näher kennenlernen.