27.01.2015
Welche Einstellungen führen zu Pegida?
Eher nationale Einstellungen, größere Vorbehalte gegenüber Fremden, Misstrauen gegenüber Journalisten und größere Ängste vor Extremismus und islamistischem Terror erklären am besten, ob jemand Sympathie für Pegida hat oder nicht. Das sind die Ergebnisse einer Umfrage unter 860 Dresdnern, die in den letzten zwei Wochen am Institut für Kommunikationswissenschaft der TU Dresden unter Leitung von Professor Wolfgang Donsbach durchgeführt wurde.
Die Wissenschaftler befragten anonym per Email eine über eine Zufallsstichprobe gewonnene Befragtengruppe (Panel). Diese Befragtengruppe ist zwar aufgrund der Internetnutzung etwas jünger, gebildeter und politisch mehr links als der Durchschnitt der Dresdner. Da es in der Studie um Ursache-Wirkungs-Beziehungen geht, sind die Ergebnisse wissenschaftlich verwertbar. Die Forscher hatten sich gegen eine Befragung direkt unter den Pegida-Teilnehmern entschieden. Diese führt, wie eine andere Studie gezeigt hat, aufgrund der unterschiedlichen Antwortbereitschaft der Teilnehmer mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Verzerrung der Ergebnisse. Zudem ging es ihnen um die Zustimmung zu den Zielen von Pegida auch unter denjenigen, die nicht montags mitdemonstrieren.
Immerhin 3 Prozent der Befragten gaben an, selbst bei Pegida mitgelaufen zu sein. Knapp jeder Zehnte teilt die Ziele uneingeschränkt, weitere 35 Prozent teilweise, sodass selbst unter dieser leicht in das politisch linke Spektrum verschobenen Stichprobe 43 Prozent eine Sympathie für die Bewegung aufbringen. Die Antwort auf diese Frage war in der weiteren Analyse der Ausgangspunkt. Die Forscher wollten wissen, welche Einstellungen die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass jemand den Pegida-Zielen zustimmt oder nicht. Dazu hatten sie eine Reihe von Fragen gestellt, die sich verschiedenen Einstellungsbereichen zuordnen lassen – von Fremdenfeindlichkeit über verschiedene Ängste bis hin zu Kapitalismuskritik. Bei den dann angewendeten statistischen Verfahren (Regressionsanalysen) wird jeweils die Stärke ermittelt, mit denen die einzelnen Einstellungsbereiche zur Pegida-Sympathie beitragen, wobei die jeweils anderen Bereiche konstant gehalten werden. Die Ergebnisse fällen also keine Urteile, ob Pegida-Sympathisanten fremdenfeindlich oder kapitalismuskritisch sind, aber sie zeigen, welche Einstellungen es mehr oder weniger wahrscheinlich machen, dass jemand Sympathie hat.
An erster Stelle stehen Einstellungen, die ein stärkeres Nationalbewusstsein anzeigen und Vorbehalte gegenüber Fremden ausdrücken. Zum ersten Bereich gehört zum Beispiel, dass man „endlich wieder Mut zu einem starken Nationalgefühl“ haben solle oder unser Land ein „hartes und energisches Durchsetzen deutscher Interessen gegenüber dem Ausland“ benötigt. Der zweite Einstellungsbereich, der besonders deutlich zu Pegida-Sympathie führt, sind stärkere Vorbehalte gegenüber Fremden. Pegida-Sympathisanten erwarten häufiger, dass jemand, der irgendwo neu ist, sich erst einmal mit weniger zufrieden geben solle, dass die Einheimischen mehr Rechte haben als die Zugezogenen und dass generell zu viele Ausländer in Deutschland leben. Auch fühlen sie sich durch „die vielen Muslime“ eher „wie ein Fremder im eigenen Land“.
Die Einstellung zu den als „Lügenpresse“ gescholtenen Medien ist erwartungsgemäß ebenfalls ein einflussreicher Treiber für Pegida-Sympathie. Sympathisanten finden dabei vor allem, dass die Medien nicht die Wahrheit und nicht die Lebenswirklichkeit der einfachen Leute berichten würden, stattdessen aber die Menschen zu dem erziehen wollten, was sie für richtig halten.
Zwei Arten von Sorgen folgen nachrangig als Erklärungen: Sorgen vor Extremismus und religiösem, insbesondere islamistischem Terror sowie Sorgen vor Überfremdung. Zu diesen gehören Befürchtungen wie die, dass unsere Kultur und unsere Sprache an den Rand gedrängt werden, sich das Stadtbild durch Einwanderer nachhaltig verändert, in bestimmten Stadtteilen kaum noch Deutsche wohnen und unser deutsches Recht nicht mehr gilt.
Überraschend kam für die Forscher das Ergebnis, dass die Politikverdrossenheit – unter Berücksichtigung aller anderen Einstellungen - nicht danach trennt, ob jemand die Pegida-Ziele teilt oder nicht. Sie führen dies darauf zurück, dass die Politikverdrossenheit in der Bevölkerung weit verbreitet ist, aber die Menschen unterschiedliche Wege finden, damit umzugehen – Pegida ist nur einer davon. Politikverdrossenheit wurde unter anderem gemessen mit Aussagen wie: „Die Politiker kümmern sich nicht viel darum, was Leute wie ich denken“ und „Man kann nicht immer dem vertrauen, was Politiker sagen.“
Die Studie wirft ein erstes Licht darauf, welche von den bislang diskutierten Faktoren tatsächlich einen Einfluss darauf haben, ob man mit Pegida sympathisiert oder nicht.
Für Rückfragen und weitere Informationen:
Prof. Dr. Wolfgang Donsbach, Tel: 0351-463-33533, E-Mail: wolfgang.donsbach[at]tu-dresden.de
Dr. Anna-Maria Schielicke, Tel: 0351-463-33235, E-Mail: anna-maria.schielicke[at]tu-dresden.de