10.06.2015
Vortrag: "Scheidung auf Italienisch"
„Scheidung auf Italienisch“ ist nicht nur ein berühmter Film, sondern auch der Titel des Vortrags von Professor Dieter Henrich am 23. Juni 2015. Er wird über die moderne “Scheidung auf italienisch” und deren gesellschaftliche und kulturelle Hintergründe im Vergleich zur Ehescheidung in Deutschland referieren. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Dieter Henrich, ehedem Rektor der Universität Regensburg, Spezialist im Familienrecht und Kenner des italienischen Rechts, wurde vom Deutsch-Italienischen Instituts für Rechtskulturvergleich in Europa – D.I.R.E. eingeladen.
[Gelöschtes Bild: http://www.filmposter-archiv.de/thumbnails/embed/16788_150.jpg Alternativtext: Scheidung auf italienisch Bildunterschrift: Quelle: http://www.filmposter-archiv.de/filmplakat.php?id=16788]1961, vor mehr als fünfzig Jahren, machte der Film „Scheidung auf Italienisch“ Furore – eine Komödie, die von einem Baron handelt, der sich in einer ziemlichen Zwickmühle befindet: Wie soll er seine Frau loswerden, wenn die Scheidung seiner Ehe gar nicht möglich ist? Zwar hätte der Baron heute wesentlich bessere Karten, denn auch in Italien gibt es seit Jahrzehnten schon die Ehescheidung. Doch waren die praktischen Hürden stets enorm hoch, weil das katholisch geprägte Land der Scheidung seit jeher ablehnend gegenübersteht. Deshalb nimmt es nicht wunder, dass das italienische Scheidungsrecht extrem kompliziert ist. Dem eigentlichen Scheidungsverfahren muss traditionell ein weiteres gerichtliches Verfahren, das Ehetrennungsverfahren, vorausgehen. Das machte bisher jede Scheidung zu einer langwierigen, aufwendigen und sehr kostspieligen Angelegenheit, bei der so manchem die Puste ausging. Viele verzichten deshalb gleich ganz auf die Scheidung und leben einfach in einer neuen Partnerschaft. Die berechtigte Furcht vor einem komplizierten Scheidungsverfahren befördert in Italien auch die ohnehin steigende Tendenz, von vornherein ganz ohne Trauschein zusammenzuleben, selbst wenn das Paar Kinder hat.
Nun aber soll alles besser werden: Vor wenigen Tagen ist in Italien das neue Scheidungsrecht in Kraft getreten, das die sogenannte „schnelle Scheidung“ einführt: die Fristen für Trennung und Scheidung wurden deutlich verkürzt, mit den endlos langen Verfahren soll künftig Schluss sein.
Allerdings wurde über die Reform schon im Vorfeld heftig gestritten, besonders die Verkürzung der Trennungsfrist auf nur sechs Monate war unerhört für eine Gesellschaft, die im römischen Papst noch immer die zentrale moralische Instanz sieht. Die öffentliche Empörung über diese de facto-Abschaffung der Bindungswirkung der Ehe konnte das Inkrafttreten des neuen Scheidungsrechts allerdings nicht verhindern.
Vortrag von em. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Dieter Henrich, Universität Regensburg:
„Scheidung auf Italienisch“
Dienstag, 23. Juni 2015, 18.30 Uhr
Hörsaalzentrum (HSZ), Raum E05