Nov 20, 2018
Textarbeit integral betrachtet
Text von Paul Stadelhofer
Die verschiedensten Facetten des »Objektes Text« sollen im »SLUB TextLab« neu gedacht werden. Die SLUB plant die Einrichtung des Labs in der Zweigbibliothek August-Bebel-Straße mit umfangreichen Baumaßnahmen.
Bereits jetzt werden durch die Mitarbeiter der SLUB historische Quellen bereitgestellt und regelmäßig neue Kollektionen präsentiert. Gemeinsam mit Wissenschaftlern werden Forschungsfragen entwickelt und Vorhaben realisiert. »Man lernt also vor Ort, was Digitalisierung in der Praxis bedeutet. Es entstehen nicht nur digitale Scans, sondern sie werden genutzt und führen zu neuen Ergebnissen«, erklärt Dr. Juan Garcés, Fachreferent für Theologie und Philosophie sowie Spezialist für Digital Humanities. Seine Kollegin Dr. Julia Meyer, Fachreferentin für Germanistik und Wissensmanagerin für den Bereich Geistes- und Sozialwissenschaften der TUD, stimmt zu: »Bibliotheken selbst verändern sich mit der Digitalisierung. Sie werden zu Räumen, die eine Brücke von der Wissenschaft in die Öffentlichkeit schlagen. Wir stehen den Wissenschaftlern nicht gegenüber, sondern sind in deren Tätigkeit eingebunden. Sie kommen nicht zu uns und holen Bücher ab, sondern wir arbeiten zusammen. Bereiche, die bislang kein Zuhause haben, finden im SLUB TextLab einen Ort. Da sehen wir unsere Funktion als Research-Support-Einrichtung und die Nachfrage stimmt uns sehr positiv.«
Garcés und Meyer helfen also dabei Texte zu schreiben, zu digitalisieren und mit informationstechnischen Mitteln zu analysieren. Bereits jetzt erhalten Studenten, Wissenschaftler und Forschungsprojekte Schreibberatungen und Coachings durch die beiden. Warum das TextLab im Zuge der Digitalisierungsstrategie für die SLUB und die TUD wichtig ist? »Der Text als Objekt ist seit Jahrtausenden ein zentrales Element unserer gesamten Kultur«, erklärt Garcés. »Wie mit Texten umgegangen wird, wie sie gestaltet und analysiert werden, muss im 21. Jahrhundert aber neu gedacht werden.«
Somit wurde das Konzept des SLUB TextLab in enger Zusammenarbeit mit verschiedenen Fakultäten im Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften der TUD sowie mit etlichen universitätsnahen Institutionen entwickelt. Dazu zählen die Graduiertenakademie und das Schreibzentrum der TUD, Akteure wie der DRESDEN-concept e.V. oder Innovationszentren wie der Impact Hub nahe des Dresdner Hauptbahnhofs.
Wenn die Planungen abgeschlossen sind, wird also ab 2019 das Obergeschoss der Zweigbibliothek in der August-Bebel- Straße der neue Ort des Geschehens. Hier ist das TextLab fußläufig von der Germanistik, Theologie, Kunstgeschichte und anderen Instituten erreichbar. Zusätzliche Angebote bieten auch in der Freizeit einen Mehrwert. So soll ein Co-Working Space räumlich vom Rest der Bibliothek getrennt, eine Cafeteria eingerichtet und die Außenanlage partizipativ in einen urbanen Garten verwandelt werden. Da das Schreiben auch eine körperliche Tätigkeit ist, Meyer und Garcés sprechen von »embodied writing«, gibt es auch Angebote wie Schreibtisch-Yoga.
Garcés und Meyer schwebt dabei ein integrales Konzept vor: »Es ist ein Unterschied, ob ich an einer Tastatur oder mit einem Stift schreibe. Bei Schreibblockaden empfehle ich in der Lehre oft einen Ortwechsel oder den Wechsel des Mediums«, sagt Meyer. »Was in der Theorie klappt, soll hier auch praktisch implementiert werden. Gerade ältere Professoren werden oft dadurch begeistert, dass wir ihnen die Handschrift eines Textes präsentieren und dann Schritt für Schritt gemeinsam digitalisieren. Wenn wir letztlich beim Code enden, haben sie meistens auch davor keine Angst.« Garcés stimmt zu: »Das Problem mit Geisteswissenschaftlern und dem Programmieren ist sicher kein intellektuelles Problem, sondern dass man im Studium nicht lernt, mit Codes umzugehen. Das fordert im Grunde aber nur eine gewisse Gelassenheit gegenüber den Normen.«
Die Initiatoren des TextLabs freuen sich über weitere Anregungen und Unterstützung in der Realisierung des Vorhabens. Wer sich an der Konzeption beteiligen oder eigene Bedürfnisse vorschlagen will, ist hierzu ausdrücklich eingeladen.
Weitere Informationen unter: https://www.slub-dresden.de/service/textlab
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 18/2018 vom 13. November 2018 erschienen. Die komplette Ausgabe ist hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei doreen.liesch@tu-dresden.de bestellt werden. Mehr Informationen unter universitaetsjournal.de.