27.03.2022
Welttag des Theaters: „Die menschlichste aller Kunstformen“
Max Schumacher ist seit 2020 künstlerischer Leiter von DIE BÜHNE – das Theater der TU Dresden. Zum Welttag des Theaters schreibt er, warum das Theater alles darf, solange es die großen Fragen des Weltgeschehens nicht ignoriert.
Theater ist die menschlichste aller Kunstformen. Theater geht nur mit Menschen, und es handelt von Menschen, und es funktioniert nur vor Menschen. Theater ist daher die pandemieanfälligste kulturelle Tätigkeit. Zwei Jahre haben Theaterschaffende Abstand halten müssen, voreinander und vor dem Publikum. In den zwei Jahren haben sie aber dabei – trotz und wegen dieser essentiellen Einschränkungen – viel lernen können: einmal, was digitale Mittel für das Theater bedeuten können, und zum anderen, was Theater eigentlich ausmacht.
Aktuell wird erneut eine andere Normalität in Frage gestellt – nach der der allgemeinen gesundheitlichen Sorglosigkeit wird nun der Friede in Europa in brutaler Plötzlichkeit seiner vermeintlichen Unumstößlichkeit beraubt. Auch das verändert die Theaterpraxis – oder zumindest den Blick darauf. Darf ich im Theater lachen, wenn in der Nachbarschaft die Panzer rollen?
Was für das Theater im Allgemeinen gilt, gilt auch für DIE BÜHNE – das Theater der TU Dresden. Und doch hat DIE BÜHNE als Studierendentheater einen großen Vorteil: die große Freiheit, nicht vom Theaterschaffen leben zu müssen. Die Pandemie schuf in der Theaterwelt von DIE BÜHNE keine prekären sozialen Bedingungen. Dennoch war das eigene Ökosystem herausgefordert: Wie kann die Gemeinschaft der Spielenden aufrecht gehalten werden? Denn diese ist für viele der über 120 Mitglieder die zentrale Motivation für das – gemeinschaftliche – Theatermachen. Und jetzt stellt sich die Frage: wie können wir angesichts der weltpolitischen Katastrophe(n) Spielkultur feiern – mit allen Gefühlen von Trauer bis zu alberner Ausgelassenheit?
DIE BÜHNE hat einen utopischen Charakter, weil es eben ein Theater von Nicht-Profis ist, aber keinen weltfremden, da es Teil dieser Welt ist – wie alle Theater. DIE BÜHNE bewegt sich im Diskurs des zeitgenössischen Theaters, aber nicht in den prekären Strukturen des freien Theaters. DIE BÜHNE sucht aber die Nähe zu den professionellen Theaterleuten, die für Regie und Lehre eingeladen werden.
Ich selbst habe das Privileg, diesen Austausch zu ermöglichen und die Spielfreude der „Bühnis“ (Selbstbezeichnung der Mitglieder von DIE BÜHNE) mit den großen Fragen des Theaters im aktuellen Weltgeschehen zu verbinden – so ernst diese Fragen auch sein mögen. Denn solange diese Fragen von den Mitwirkenden nicht ignoriert werden, darf das Theater alles – sogar derb, lustig, frech, anarchisch, eitel, verrückt und eben überraschend spielen. Nicht trotz, sondern wegen aller Krisen. Denn es ist die menschlichste aller Kunstformen.
PS: DIE BÜHNE ist immer offen für neue Mitglieder – egal welchen Alters, welcher Herkunft, welcher akademischen Grade oder welcher Rolle an der TU (Studierende, Lehrende, Gäste…). Mehr auf www.die-buehne.tu-dresden.de
Max Schumacher, künstlerischer Leiter von DIE BÜHNE
Weitere Informationen:
DIE BÜHNE e.V.
das Theater der TU
Teplitzer Straße 26
01219 Dresden
E-Mail:
Web: die-buehne.tu-dresden.de