Vorschulkinder und Nachhaltigkeit
Promotionsvorhaben von Maria Zurell:
Kinder als Akteure einer Nachhaltigen Entwicklung – Die Sicht von Vorschulkindern auf die Welt und ihren eigenen Beitrag zur Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit ist längst nicht mehr nur ein Thema für Politik, Wirtschaft oder Wissenschaft, sondern betrifft das alltägliche Leben jedes Menschen – unabhängig von Alter oder Herkunft. Umweltschutz, Konsum und Mobilität sind, neben vielen anderen, Bestandteile von Nachhaltigkeit. Erwachsenen ist meistens bekannt, auf welche Art und Weise sie einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten können. Es gibt bislang jedoch wenige Erkenntnisse darüber, wie Kinder sich dazu positionieren.
Insbesondere im frühen Kindesalter werden grundlegende Haltungen, Werte und Verhaltensweisen geprägt, die für eine nachhaltige Lebensweise entscheidend sind. Durch Medien, Gespräche, Bücher und Erfahrungen erhalten Kinder Einblick in die Veränderungen des Klimas, Bedrohung und Zerstörung von Tierarten und Lebensräumen. Sie sind oft betroffen und fragen sich, wie sie selbst aktiv werden können.
Kindertageseinrichtungen sind, neben den Familien, für viele Kinder die ersten Bildungsorte und bieten viele Möglichkeiten, um unter anderem etwas über Nachhaltigkeit zu lernen. Kinder im Elementarbereich sind interessiert, haben viele Fragen, erfahren was um sie herum geschieht, werden aber viel zu oft in ihrem Wissen und Verständnis unterschätzt. Bereits junge Kinder können, altersgemäß aufbereitet und vermittelt, viele Aspekte von Nachhaltigkeit und nachhaltiger Entwicklung verstehen und wollen einen eigenen Beitrag zum Erhalt des Planeten leisten (Benoist–Kosler 2023). So soll bereits Kindergartenkindern aufgezeigt werden, welche Handlungsoptionen für eine gerechtere Welt im Zusammenspiel von ökologischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Fragen möglich sind. Denn „die Lernerfahrungen, die die Kinder mit BNE machen, stärken sie in ihrer Persönlichkeit und in ihren Fähigkeiten, Zukunft im Sinne nachhaltiger Entwicklung mitgestalten zu können.“ (Schubert 2012, S. 106). Ein direkter Zugang und Umgang mit der Natur und ihren Elementen ist notwendig, um zu erkennen und zu verstehen, welche Folgen das eigene Handeln haben kann und welche alternativen Handlungsoptionen möglich sind, um Natur, Umwelt, Mensch und Tier zu schützen. Bereits in mehreren Studien wurde gezeigt, dass Kinder über ein umfangreiches Vorwissen verfügen und ernst genommen werden wollen (Engdahl 2015; Benoist–Kosler 2023).
Eines der wichtigsten Themen nachhaltiger Entwicklung ist Konsum. Damit wird das Verbraucherverhalten zu einem zentralen Element nachhaltiger Entwicklung. Verschiedene Studien (Markenkinder 2023, Growth from Knowledge 2019, Kinder Medien Monitor 2023) zeigen auf, welchen Einfluss Kinder auf das Konsumverhalten der Eltern bzw. von Erwachsenen haben und welche Bedeutung ihnen damit zukommt. Auch in den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 findet das Thema Konsum Beachtung im SDG 12: Nachhaltiger Konsum und Produktion.
Unmittelbar verbunden mit den 17 Zielen zur nachhaltigen Entwicklung der Vereinten Nationen (2015) sind die Kinderrechte. So haben alle Ziele (SDGs) und Vorgaben aus der Agenda 2030 Auswirkungen auf die Kinderrechte. Im Ziel Nr. 4 (Agenda 2030) und in den Artikeln 28 und 29 der Kinderrechtskonventionen wurde festgelegt, dass jedem Kind Zugang zu qualitativ hochwertiger, inklusiver und gerechter Bildung zuteilwerden soll. Dies bildet die Grundlage der weiteren Ziele. Auch alle anderen SGDs haben Einfluss auf das Leben der Kinder und müssen Berücksichtigung finden, wie beispielsweise Armut (Nr. 1), Hunger (Nr. 2), Gesundheit (Nr. 3), Gleichstellung der Geschlechter (Nr. 5), Klimawandel (Nr. 13) oder Gewalt gegen Kinder (Nr. 16.2) (UNICEF, S. 2).
Die Ausführungen zur Agenda 21 machen deutlich: „Ohne Bildung gibt es keine nachhaltige Entwicklung“ (Rieß & Apel, 2006, S. 9). Menschliches Handeln wird von Erkenntnissen und Wissen geleitet. Um eine gesellschaftliche Zukunft gemeinsam besser gestalten zu können, bedarf es eines global-gesellschaftlichen Rahmens, eines Konzeptes, wie die Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Dieses Bildungskonzept, welches in Bildungsstätten bereits auch für die Kindergartenkinder auf vielfältige Weise umgesetzt wird, soll die Beteiligten dazu befähigen, gemeinsam Antworten auf wichtige gesellschaftliche Fragen zu suchen (Nationale Plattform Bildung für nachhaltige Entwicklung, 2021).
Das Dissertationsvorhaben hat zum Ziel, das Recht der Kinder auf Partizipation aufzugreifen, ihnen eine Stimme zu geben und herauszufinden, wie sich die Kinder selbst als Akteure dieser Welt sehen und welchen Beitrag sie zum Erhalt dieser leisten können, wollen und sollen. Die sich daraus ergebenden Erkenntnisse sollen Anknüpfungspunkte bieten für die Arbeit zum Thema Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung in Kindergärten sowie Grundschullehrkräften aufzeigen, mit welchem Vorwissen Kinder hinsichtlich Nachhaltigkeit in die Grundschule kommen.
Betreuerin:
Prof. Dr. Martina Knörzer
Weitere Informationen erteilt:
Maria Zurell
Literatur:
- Benoist-Kosler, Barbara (2023): Kinder als Akteure nachhaltiger Entwicklung. Eine rekonstruktive Studie philosophischer Gespräche mit Kindern, Budrich Academic Press, Leverkusen.
- Engdahl, Ingrid (2015): „Early Childhood Education for Sustainability: The OMEP World Project.”, Springer Science and Business Media Dordrecht.
- Kinder Medien Monitor (KiMMo) 2023. https://kinder-medien-monitor.de/wp-content/up-loads/2023/07/KINDER-MEDIEN-MONITOR-2023_Berichtsband.pdf.
- Nationale Plattform für nachhaltige Entwicklung (Hrsg.) (2017). Nationaler Aktionsplan Bildung für nachhaltige Entwicklung: Der deutsche Beitrag zum UNESCO-Weltaktionsprogramm. Berlin.
- Marken Kinder 2023. https://www.kbundb.de/studien/studie-marken-kinder-2023, Zugriff: 20.11.2024
- Rieß, Werner & Apel, Heino (Hrsg.) (2006): Bildung für eine nachhaltige Entwicklung: Aktuelle Forschungsfelder und -ansätze. VS Verlag für Sozialwissenschaften.
- Schubert, Susanne (2012): Bilanz und Ausblick – Entwicklungsfelder. In: Susanne Schubert; Yvonne Salewski; Elisabeth Späth, Antje Steinberg (Hrsg.) (2012): Nachhaltigkeit entdecken, verstehen, gestalten: Kindergärten als Bildungsorte nachhaltiger Entwicklung, Verlag das netz, Weimar, Berlin, S. 106-109.
- UNICEF: Welche Bedeutung haben Kinderrechte auf die globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung. https://headless-live.unicef.de/caas/v1/media/185336/data/75bf24108c857e3d6fc2d5336e42ef6c, Zugriff: 18.12.2024.