03.10.2021
Eindrücke zum Thementag
Andere Räume. Faszination Garten zwischen Wirklichkeit und Utopie
Am 11. September fand unter dem Titel „Andere Räume. Faszination Garten zwischen Wirklichkeit und Utopie“ der Thementag zum 10jährigen Bestehen des Projektes „Pflanzen der Bibel“ statt. Die Veranstaltungsorte waren das Gemeindezentrum der Evangelisch-Lutherischen Johanneskirchgemeinde in Dresden-Striesen, sowie der Botanische Garten der TU.
In der Begrüßung hoben die Schirmherrin des Projekts Prof. Dr. Maria Häusl und die Wissenschaftliche Leiterin des Botanischen Gartens Dr. Barbara Ditsch die Interdisziplinarität des Projektes durch die enge Verbindung von Natur- und Geistes-/Kulturwissenschaften hervor, die als echte Bereicherung für beide Seiten empfunden wird. Darüber hinaus, so Prof. Häusl, sei das Projekt als Transferprojekt daraufhin angelegt, theologische, kulturgeschichtliche und botanische Fachthemen der Öffentlichkeit zu vermitteln. Projektmitarbeiter fr. Victor Lossau OSB umriss kurz die Geschichte des Projekts, die 2011 anlässlich des 33. Deutschen Evangelischen Kirchentages in Dresden mit einer Ausstellung zum Thema „Die Pflanzen der Bibel“ im Botanischen Garten begann und 2013 im Pillnitzer Schlosspark weitergeführt wurde. Ausdrücklich wurde auch allen Projektmitwirkenden gedankt, die durch viel Engagement zusätzliche Materialien entwickelten und öffentliche Führungen hielten.
Im ersten Vormittagsvortrag „Bilder eines guten Lebens: Alttestamentliche Garten- und Stadtbilder“, ging Prof. Häusl der Frage nach, was der Mensch für ein gutes Leben brauche. Auf Suche nach einer Antwort führte sie die Zuhörer:innen in die Gärten Ägyptens und der Bibel, sowie zu altorientalischen und biblischen Schöpfungsvorstellungen. Wichtige Marksteine auf diesem Weg waren die Vorstellung vom Land Israel als Garten in Dtn, die Schöpfungsvorstellung in Psalm 104, sowie die Vision vom neuen Himmel, neuer Erde und neuem Jerusalem in Jes 65,17-25. In diesen Bildern, so Prof. Häusl, gehöre die Schöpfung nicht allein dem Menschen, sondern sie sei allen Lebewesen gegeben. Gutes Leben sei nur dort möglich, wo sich der Mensch im Einklang mit allen Geschöpfen befinde.
Daran anschließend erläuterte fr. V. Lossau im Vortrag „Was ist anders am Andersort Garten?“ den Begriff „Andere Räume“ oder Heterotopien, den der französische Philosoph Michel Foucault 1966 geprägt hatte. Heterotopien seien „realisierte Utopien“ wie z. B. Theater und Ferienclubs und eben Gärten. Anhand von sechs Merkmalen, die nach Foucault für Heterotopien typisch sind, ging es auf die gedankliche Reise in ganz verschiedene Gärten und Parks Europas.
Einen dritten Vortrag hielt Dr. Katrin Stückrath zum Thema „Bibelgärten: Gestaltung und Theologie christlicher Themengärten“. Die evangelisch-lutherische Theologin und Pfarrerin wies eingangs auf die Entstehung der ersten Bibelgärten hin, für die die Botanischen Gärten mit ihrem pflanzengeographischen Interesse die eigentlichen Initiatoren gewesen seien. Dass auch Bibelgärten Andersorte sind, zeigte sie mittels der Foucaultschen Merkmale an konkreten Bibelgärten in Deutschland. So repräsentiere der kreisförmig angelegte Bibelgarten in Werlte (Niedersachsen) zugleich mehrere Zeiten, indem er die biblische Heilsgeschichte vom Schöpfungsgarten bis zum endzeitlichen Paradies darstellt. Der Bibelgarten in Amelunxen (Nordrhein-Westfalen) symbolisiert das menschliche Leben mit seinen Übergängen und Krisen und lade dazu ein, über die eigenen Lebenserfahrungen nachzudenken. So können Bibelgärten Orte sein, in denen z. B. eine „ganz andere“ Zeit präsent ist, oder die zur Betrachtung von Lebensthemen einladen. In fünf abschließenden Thesen stellte Dr. Stückrath schließlich die aktuelle Bedeutung von Bibelgärten heraus.
Trotz Regens waren am Nachmittag einige Besucher:innen der Einladung in den Botanischen Garten gefolgt. Frau Dr. Ditsch leitete die Gruppe kundig durch den Garten und erläuterte dessen Geschichte und Gestaltung. Darüber hinaus gab sie interessante botanische Informationen. Begleitet wurde sie von Prof. Häusl, die die biblischen Bezüge verschiedener Pflanzen darstellte, sowie von fr. Victor Lossau OSB, der einiges aus der mittelalterlichen Pflanzensymbolwelt beizutragen wusste. Höhepunkte der Führung waren zweifellos die prächtigen, blau-gelben Blüten des Ägyptischen Lotus, sowie das extra für diesen Tag gezeigte Echte Weihrauchbäumchen.
fr. Victor Lossau OSB