Lehrveranstaltungen
Table of contents
Wintersemester 2020/21
- "Der Streit um die Bücher der Juden (1505-21)"
Hauptseminar von Prof. Dr. Uwe Israel
Bei der unter dem Namen Reuchlin-Kontroverse bekannten, in mancher Hinsicht auf die Reformation vorausweisenden Auseinander-setzung, die sich seit 1510 für etwa ein Jahrzehnt an der Frage entzündete, ob es geboten sei, außerbiblische jüdische Schriften grundsätzlich zu vernichten, ging es von humanistischer Seite aus auch um die Durchsetzung und Festigung einer neuen Wissensordnung. Hintergrund der Kontroverse war der gegen die andere Religion gerichtete spätmittelalterliche Antijudaismus und sich entwickelnde Antisemitismus, der bereits damals auf angebliche Wesensmerkmale von Juden abhob. Der Humanist und Jurist Johannes Reuchlin (1455-1522) hatte von mehreren Gutachtern als einziger gegen die Vernichtung jüdischer Schriften und damit zugleich gegen den fundamentalen Angriff auf Bücher und Wissen argumentiert – wobei er allerdings selbst antijüdische Polemik gegen seine Kontrahenten einsetzte. Die Agenda der ‚Reuchlinisten‘ wird im publizistischen Höhepunkt der Kontroverse, den parodistisch-satirischen Dunkelmännerbriefen, besonders deutlich. Bei der europaweit ausgreifenden Kontroverse erschienen die Texte beider Parteien oft gleich in mehreren Auflagen und auf Ober-/Niederdeutsch respektive Latein.
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Sommersemester 2020
- "Invektivität im Humanismus"
Hauptseminar von Prof. Dr. Uwe Israel
Die neuen Ansätze des Dresdner Sonderforschungsbereichs 1285 “Invektivität. Konstellationen und Dynamiken der Herabsetzung” aufgreifend soll dem Phänomen im Renaissance-Humanismus für die Zeit von etwa Mitte des 14. bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts nachgegangen werden.
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Wintersemester 2019/20
- "Die Renaissance des dissens. Invektiven von Cicero bis Ulrich von Hutten"
Übung von Marius Kraus und Jan Lukas Horneff (TP A)
Mit Antike und Humanismus verbinden viele die bildungsbürgerliche Hochkultur, ‚edle Einfalt – stille Größe‘ und marmorne Klassik. In unserer Übung wollen wir deshalb den ehrwürdigen römischen Prozessrednern und den gelehrten Disputanten der Renaissance einmal genauer über die Schultern schauen und uns mit der farbenfrohen Schmähkultur in ihren Schriften beschäftigen. Der epochenübergreifende und vergleichende Blick auf die verschiedenen Dimensionen von Schmähung und Herabsetzung verschafft einen guten Zugang zu modernen geisteswissenschaftlichen Forschungsansätzen von Diskursanalyse über Körpergeschichte bis Gender Studies. Das vielfältige Quellenmaterial erlaubt es uns gleichzeitig, die wichtigsten Methoden der Geschichtswissenschaften anzuwenden und dabei die historischen Hilfswissenschaften kennenzulernen.
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Sommersemester 2019
- "Alea iacta est - Die Fehden des Reichsritters Ulrich von Hutten"
Seminar von Marius Kraus und Albrecht Dröse (TP E).
Ulrich von Hutten (1488-1523) gehört zu den profiliertesten und produktivsten Autoren am Vorabend der Reformation. Er war gewissermaßen der Shootingstar des deutschen Humanismus im frühen 16. Jh., von Erasmus von Rotterdam protegiert und 1517 zum poeta laureatus gekrönt. Seine Position im literarischen Feld verdankte er nicht nur seiner hochgelobten Verslehre (Ars versificatoria, 1511) und seiner stilistischen Brillanz, sondern vor allem der Vehemenz und Intransigenz, mit der er immer neue publizistische Auseinandersetzungen eröffnete, wie denn seine Schreibweise vielleicht insgesamt als eine Form der literarischen Fehdeführung charakterisiert werden könnte. Er verfasste schon in Studententagen Schmähschriften gegen seine ehemaligen Gönner (Querelae in Lossios, 1510), arbeitete mit an den berühmten ‚Dunkelmännerbriefen‘ (1515-1517), führte eine publizistische Kampagne gegen den Mörder seines Vetters, Herzog Ulrich von Württemberg, und fokussierte sich später in zunehmend aggressiven Satiren auf die ‚Romanisten‘, d. h. den Machtapparat der römischen Kirche. Dabei nutzte er einerseits strategisch und virtuos die neuen Möglichkeiten einer druckgestützten Öffentlichkeit (u. a. im Wechsel in die Volkssprache), versuchte aber andererseits sein literarisches Engagement in gewaltsame Aktion zu verwandeln, wenn er an der Seite seines Freundes Franz von Sickingen einen ‚Pfaffenkrieg‘ zu entfesseln versuchte. Das Seminar wird parallel in der Geschichtswissenschaft und Germanistik angeboten. Es ist interdisziplinär als Kooperation beider Fächer angelegt und will sich dem Phänomen in einer Verbindung von Fragestellungen und Perspektiven beider Disziplinen annähern. Gefragt werden soll in einem exemplarischen Überblick nach Texten und Kontexten, Formen und Funktionen, Bedingungen und Konsequenzen der huttenschen Publizistik.