Dec 05, 2022
DEADLINE EXTENDED: April 1, 2023 | Call for Papers | Disruptive Imaginations: SFRA & GFF Conference 2023 @ TU Dresden
Disruptive Imaginations
--Gemeinsame Jahrestagung der Science Fiction Research Association (SFRA) und der Gesellschaft für Fantastikforschung (GfF)
August 15-19, 2023, TU Dresden
Call for Papers
Science-Fiction und Fantastik (SFF) sind in der Lage, etablierte Erzählungen und Weltentwürfe zu stören und zu unterbrechen. Ob in Form von Hard Science-Fiction, utopischer Spekulation, High Fantasy oder übernatürlichem Horror, SFF ist grundsätzlich in Vorstellungen von Disruption verankert – ein Riss im Gefüge der Realität, eine Entfremdung der Sinne, ein Bruch mit der bekannten Welt oder eine Grenzüberschreitung. Das Konferenzthema "Disruptive Imaginationen” lädt dazu ein, sich mit Disruption als einem vielfältigen Paradigma der SFF-Imagination zu beschäftigen. Als eine Form der Störung oder Unterbrechung bedeutet Disruption, dass gewohnte Wahrnehmungs- und Ordnungsmuster des Lebens in der Welt ins Wanken geraten und damit von Unsicherheit und Ungewissheit abgelöst werden. Disruption kann in Größenordnungen auftreten, die vom Mikrologischen bis zum Kosmischen reichen. Auf der prekären Schwelle zwischen Chaos und Ordnung birgt Disruption das Potenzial für einen transformativen Systemwandel und kann eine Verschiebung hegemonialer Markierungen des „Un/möglichen“ auslösen.
Fredric Jameson führt Disruption als grundlegende diskursive Strategie der politischen Utopie an, die dadurch, dass sie uns zwingt, „den Bruch selbst zu denken“, die Imagination von anderen Welten erst ermöglicht. Was würde es also bedeuten, Disruption „als Umstrukturierung und unerwartete Sprengung von Gewohnheiten zu denken, als jene Seitentür, die sich plötzlich in eine neue Welt von transformierten Menschen öffnet“ (Archaeologies of the Future). Über die gesamte Breite des politischen Spektrums hinweg ist Disruption eine bewährte Strategie der Intervention und erfordert eine sorgfältige Untersuchung von Handlungsmacht und Machtrelationen. Wer oder was ist überhaupt in der Lage, Ordnungen zu (zer)stören, und wessen Erfahrungen der Disruption werden anerkannt, während andere unterdrückt werden oder unsichtbar bleiben? Wie können Imaginationen angesichts einer anhaltenden Pandemie, der drohenden Gefahr eines Atomkriegs, der globalen Erwärmung, Umweltrassismus und des extraktiven Kapitalismus eine Gegenkraft zur Disruption von Lebenswelten bieten?
Das Thema „Disruptive Imaginationen“ versucht, SFF Narrative von Innovation, Fortschritt und anderen Welten mit den Rissen ihrer eigenen Konstruktion zu konfrontieren. „Disruptive Imaginationen“ sind u.a. als kritische Antwort auf neoliberale Modelle der disruptiven Innovation gedacht und möchten wissenschaftliche und kreative Beiträge ansprechen, die nicht das Neue fetischisieren, sondern Methoden des lokalen und systemischen Wandels hinterfragen und im kritischen Worldmaking der Literatur und der Künste verankert sind. Als literarischer und künstlerischer Modus erprobt SFF unablässig Alternativen und Dishabituationen des Status quo, während sie gleichzeitig Räume schafft, um die von strukturellem Rassismus, Kolonialismus, Heteropatriarchat und Behindertenfeindlichkeit verursachten Disruptionen aufzudecken und ihnen Widerstand entgegenzustellen. Wie kann SFF jenseits der Versprechungen vom schnellen technologischen Fix oder einer naiven Rückkehr zum Gleichgewichtszustand dazu beitragen, ein Verständnis für komplexe und unruhige Welten in der Krise zu fördern? Wo liegen aber auch die Grenzen von Disruption als nützlichem Narrativ, um Welten gedanklich zu erschließen, und welche Kollateralschäden zieht es möglicherweise nach sich? Welche anderen Paradigmen werden benötigt, um das Konzept der Disruption selbst zu stören oder zu unterbrechen?
Wir freuen uns auf Beiträge zu allen Formen und Genres der Science-Fiction und des Fantastischen in Bezug auf das Paradigma der Disruption in Literatur, Musik, Film, Spiele, Design und Kunst. Vorträge können entweder auf Englisch oder Deutsch gehalten werden. Wir bemühen uns um eine Vielfalt von Stimmen und Perspektiven aus allen Disziplinen und Karrierestufen. Während Beiträge zu jedem Thema im Bereich des SFF willkommen sind, möchten wir insbesondere Themen anregen, die in Bezug zum übergeordneten Konferenzthema stehen und sich mit disruptiven Imaginationen bspw. entlang folgender Achsen befassen:
- SFF-Imaginationen unter Bedingungen der Disruption z.B. Energiekrise; Toxizität; Klimazerstörung; Krieg; Kolonialismus; Dis/ability und Ableism; Trauma; struktureller Rassismus;...
- SFF-Imaginationen als Widerstand gegen Disruption z.B. Resilienz; Worldbuilding; Utopie; Decolonisation und Restitutionen; Transformation; soziale Gerechtigkeit; Kinship; Kritische und Co-Futurismen; (bspw. Afrikanische und Afro-Futurismen, Indigene Futurismen, Queere und Trans-Futurismen, Crip Futurismen, etc.); …
- SFF-Imaginationen, die eine Disruption erfordern z.B. SFF und Systeme der Unterdrückung; Energie und Ressourcen in SFF; Transhumanismus und Eugenik; SFF Tropen/Konventionen von White Supremacy, Heteropatriarchat, Kolonialism, technologischem Fix,…
- SFF-Imaginationen als disruptive Kraft z.B. SFF in/als Aktivismus, emanzipatorische Formen von SFF Publishing (z.B. Destroy! Serie); die kulturellen/körperlichen/sozialen/politischen/ästhetischen/ ökologischen Auswirkungen von SFF; SFF als Medium politischer Subversion und Mobilmachung; SFF und Rhetoriken der Neuen Rechten, …
- SFF-Imaginationen als Verhandlung von Disruption z.B. Brüche von Raum und Zeit; Geo-Engineering; First Contact; Gen-Editing; Hacking; Revolution; Aufbrechen von Hierarchien; Grenzüberschreitungen; Chimären und Hybride; kreative Technologien und alternative Kommunikationsmedien; …
Abstracts für Einzelbeiträge und Panels können auf Englisch oder Deutsch eingereicht werden. Nicht-traditionelle Formate (Roundtables, künstlerische Forschung, partizipatorische Formate, etc.) sind willkommen. Für Einzelbeiträge bitten wir um ein Abstract von 300 Wörtern und eine Kurzbiografie (150 Wörter). Für Panels bitten wir um eine Zusammenfassung des Panelthemas (300 Wörter), Abstracts der einzelnen Beiträge (je 200 Wörter) und Kurzbiografien (150 Wörter) aller Beteiligten in einer Datei. Bitte senden Sie Ihre Beitragsvorschläge bis zum 1. April 2023 an . Hybride Teilnahme wird begrenzt ermöglicht. Weitere Informationen folgen in Kürze auf der Konferenz-Webseite www.disruptiveimaginations.com.
Sowohl die GfF als auch die SFRA vergeben jedes Jahr eine begrenzte Anzahl von Reisestipendien an Studierende, Doktorand*innen und Bewerber*innen mit erschwerten finanziellen Bedingungen: SFRA-Mitglieder sind berechtigt, sich auf Reisestipendien in Höhe von bis zu 500$ zu bewerben; die GfF bietet vier Reisestipendien in Höhe von jeweils 250€ an, eine Mitgliedschaft ist hierfür nicht erforderlich. Bei Interesse bitten wir um eine kurze Notiz bei Einreichung.
Die Gesellschaft für Fantastikforschung e.V. ist eine wissenschaftliche Gesellschaft, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Erforschung der Fantastik in Kunst, Literatur und Kultur im deutschsprachigen Raum auf wissenschaftlicher Basis zu fördern und zu einer Vertiefung der wissenschaftlichen und kulturellen Erkenntnisse in diesen Bereichen beizutragen. Hierzu gibt die Gesellschaft die Zeitschrift für Fantastikforschung heraus (peer-reviewed und open acces) und veranstaltet einmal im Jahr eine große Jahrestagung an wechselnden Veranstaltungsorten.
Die 1970 gegründete Science Fiction Research Association ist die älteste internationale Fachgesellschaft, die sich der wissenschaftlichen Erforschung von Science Fiction und dem Fantastischen in Literatur, Film und Kunst widmet. Die open-access Zeitschrift SFRA Review erscheint viermal im Jahr und die SFRA trifft sich jährlich zu einer Konferenz an wechselnden Veranstaltungsorten.
Organisationsteam:
Julia Gatermann
Moritz Ingwersen