21.11.2019
Warum kompliziert, wenn es eigentlich auch einfach geht?
Die Erforschung der Syntax gehört zu den ältesten Forschungsdisziplinen der Linguistik und es existieren bereits unzählige Grammatiken über die englische Sprache. Aber zahlreiche Fragen sind immer noch ungeklärt: Wann und warum verwenden wir im Englischen manchmal einen Satzbau, der auf den ersten Blick komplizierter erscheint als der Standard? Was motiviert Sprecher*innen etwa dazu, 'It was Bill who arrived late' oder 'He arrived late, Bill' anstatt 'Bill arrived late' zu sagen? Mit diesen und damit verknüpften Fragen beschäftigt sich das Wissenschaftliche Netzwerk “Syntax Beyond the Canon - Cutting-Edge Studies of Non-Canonical Syntax in English” in einem über drei Jahre von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt.
Das Projekt wird geleitet von Dr. Teresa Pham (Universität Vechta) und Dr. Sven Leuckert (TU Dresden) und untersucht sogenannte "nicht-kanonische" Satzstrukturen im Englischen. Der Satz 'Bill arrived late' weist eine kanonische Satzstruktur auf, denn er ist nach dem grundlegenden Satzbau einer Sprache konstruiert. Im Englischen ist die Reihenfolge SVX, Subjekt, Verb und weiteres Satzglied, der Standard-Satzbau. Über die Frage, was "nicht-kanonische" Satzstrukturen sind, streiten sich die Wissenschaftler*innen. Für manche Linguist*innen ist es die Abweichung von der Standard-Satzstruktur. So können bekannte Informationen an den Satzanfang gestellt werden, während neue Information ans Satzende rutscht. Andere Sprachwissenschaftler*innen erachten all jene Satzkonstruktionen als nicht-kanonisch, die von syntaktischen Regeln und Normen abweichen. So wurde in dem zuvor erwähnten Satz 'He arrived late, Bill' das Nomen Bill ans Ende des Satzes geschoben und die Subjektposition durch ein Personalpronomen ersetzt. Sogenannte Rechts-Dislokationen wie diese finden sich häufig im gesprochenen Englisch.
Das Ziel des Wissenschaftlichen Netzwerks ist es, nicht-kanonische Syntax in ihrer vollen Bandbreite zu untersuchen. Dazu soll eine einheitliche und flexible Definition dieser Art und Weise des Satzbaus erarbeitet werden. Schon damit schließen die Wissenschaftler*innen eine Forschungslücke. Darüber hinaus werden die mit dem Netzwerk verknüpften Forschungsprojekte u.a. untersuchen, welche Faktoren die Wahl zwischen einer kanonischen und einer nicht-kanonischen Satzkonstruktion beeinflussen oder was eine bestimmte Konstruktion zu einer kanonischen bzw. nicht-kanonischen macht. Und schließlich werden die Forscher*innen Konzepte, Theorien, Methoden und Herangehensweisen an nicht-kanonische Syntax entwickeln.
Das von der DFG geförderte Wissenschaftliche Netzwerk vereint zehn Sprachwissenschaftler*innen aus Deutschland, dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden, die sich überwiegend in einem frühen Stadium ihrer wissenschaftlichen Karriere befinden. Die Projektlaufzeit beträgt drei Jahre und umfasst sechs Forschungstreffen in Deutschland und dem Ausland. Der offizielle Start für das Projekt fiel Mitte Oktober in Dresden. Bei diesem ersten Meeting wurde auch "eine erste Fassung eines neuen Modells entwickelt, mit dem systematisch untersucht werden kann, welche Faktoren Einfluss auf die Auswahl einer nicht-kanonischen syntaktischen Konstruktion haben", erklärt Dr. Sven Leuckert.
Die Forschungsergebnisse des Netzwerks werden ihm Rahmen eines Sammelbandes, der bei Cambridge University Press in der Reihe Studies in English Language erscheinen wird, sowie in einem Open Access-Artikel veröffentlicht werden.
Weitere Informationen gibt es unter https://sites.google.com/view/nocasyne/home.