Im Dialog der Künste – Neue Perspektiven auf das Werk Cécile Wajsbrots
Internationales Colloquium zu Ehren von Margarete Zimmermann
6. und 7. Juni 2019
Im Mittelpunkt von Cécile Wajsbrots neuestem Roman Destruction (Paris 2019) steht eine Frau, die ihr bisheriges Leben dem Lesen und Schreiben gewidmet hatte und der als künstlerisches Ausdrucksmittel in der gerade frisch etablierten Diktatur ihres Landes von einem geheimnisvollen Auftraggeber nur noch ein Audio-Blog zugestanden wird. Im kontrastiven Zusammenspiel verschiedener Stimmen befragt diese visonäre Dystopie die angsteinflössende Veränderung der Gesellschaft hin zu einem autoritären Regime. Mit Destruction liefert Cécile Wajsbrot nicht nur eine Diagnose gegenwärtiger Gesellschaften, sondern beendet auch ihren fünf Romane umfassenden Zyklus „Haute Mer“ über die Entstehung verschiedener Kunstformen, ihre Rezeption und ihre Funktionen. Den Abschluss dieser Pentalogie zum Anlass nehmend, hat sich die Tagung mit den jüngsten Entwicklungen im Werk der Autorin beschäftigt und dabei den in „Haute Mer“ explizit formulierten ‚Dialog der Künste‘ als Leitgedanken aufgegriffen. Auf diese Weise wurden auch Romane, die vor dem Zyklus entstanden sind, oder neuere Texte, die selbst nicht Teil der Pentalogie sind, wie beispielsweise die über einen ausgeprägt dialogischen Charakter verfügende Autobiographie allemande, zum Gegenstand einer (Re-)Lektüre. Es zeigte sich einmal mehr, dass sich Cécile Wajsbrots literarisches Werk nicht nur aufgrund seiner (musikalischen) Stimmigkeit und Kohärenz, sondern auch wegen seines dichten Gewebes intertextueller und intermedialer Verweise zu einem ‚einzigen Buch’ entwickelt. All diese Texte gehen aufgrund ihrer innovativen ästhetischen Form das Risiko einer ‚Reise‘ zu unbekannten Kontinenten der Literatur ein.
Das Internationale Colloquium fand an einem besonderen Tag statt: zu Ehren und anlässlich des 70. Geburtstags der Berliner Romanistin Margarete Zimmermann, deren Verdienste auf dem Gebiet der französischen Gegenwartsliteratur es gewürdigt und deren wissenschaftliches Œuvre es fortsetzen möchte. Mit ihrer intimen Kenntnis Frankreichs und seiner Literatur- und Kulturgeschichte hat Margarete Zimmermann der wissenschaftlichen Forschung inner- und außerhalb Deutschlands nachhaltige Impulse verliehen. Als salonnière de l’extrême contemporain ist sie zur Entdeckerin einiger der interessantesten Gegenwartsautor*innen geworden, darunter Cécile Wajsbrot, zu der sie bereits 2008 eine wissenschaftliche Tagung konzipiert hat.
Cécile Wajsbrot wurde als Schriftstellerin, Übersetzerin und Literaturwissenschaftlerin mehrfach ausgezeichnet. Als französische Autorin mit polnisch-jüdischen Wurzeln lebt sie abwechselnd in Paris und Berlin und gilt deshalb als eine exemplarische Vertreterin des ‚ZwischenWeltenSchreibens‘. Ihr einzigartiger Platz innerhalb der aktuellen französischen Literatur gründet darauf, dass ihr Werk nicht nur wie ein Seismograph die unmittelbare Gegenwart befragt und erfasst, sondern sich zugleich durch ein ausgeprägtes Geschichtsbewusstsein und ein Interesse an kulturellen Vermittlungsprozessen auszeichnet. Im Wintersemester 2018/19 war Cécile Wajsbrot im Rahmen eines DRESDEN Fellowships die Inhaberin der Poetik-Dozentur am Centrum Frankreich | Frankophonie der Technischen Universität Dresden.
Programm
Donnerstag, 6. Juni 2019
Ort: TU Dresden, Fakultät SLK, Wiener Str. 48, 01219 Dresden, Raum 004
17.30 – 18.00 Uhr
Empfang der Gäste
18.00 – 18.15 Uhr
Grußwort des Sprechers des Bereichs Geistes- und Sozialwissenschaften, Prof. Dr. Christian Prunitsch (angefragt)
18.15 – 18.45 Uhr
Roswitha Böhm, Stephanie Bung, Andrea Grewe
Begrüßung und Einführung
18.45 – 19.30 Uhr
Prof. Dr. Annelies Schulte Nordholt (Leiden)
Écouter, recréer la musique. La figure de l’auditrice dans Conversations avec le maître
19.30 – 20.00 Uhr
Diskussion
Freitag, 7. Juni 2019
Ort: TU Dresden, Fakultät SLK, Wiener Str. 48, 01219 Dresden, Raum 004
10.00 – 10.30 Uhr
Prof. Dr. Susanne Zepp-Zwirner (Berlin)
Historische und literarische Erfahrung. Une autobiographie allemande von Hélène Cixous und Cécile Wajsbrot
10.30 – 11.00 Uhr
Dr. Esther von der Osten (Berlin)
„À cette époque, il m’arrivait de répondre.“ Echo verantwortet. Gespräch und Übersetzung bei Cécile Wajsbrot
11.00 – 11.30 Uhr
Diskussion
11.30 – 12.00 Uhr
Kaffeepause
12.00 – 12.45 Uhr
Roswitha Böhm, Stephanie Bung, Andrea Grewe
Une salonnière de l’extrême contemporain – Hommage à Margarete Zimmermann
12.45 – 13.00 Uhr
Prof. Dr. Margarete Zimmermann: Replik
13.00 – 14.30 Uhr
Mittagspause
14.30 – 15.00 Uhr
Prof. Dr. Stephanie Bung (Duisburg-Essen)
Der Künste Arbeit mit und an der Zeit. Totale éclipse von Cécile Wajsbrot
15.00 – 15.30 Uhr
Prof. Dr. Patricia Oster-Stierle (Saarbrücken)
Cécile Wajsbrot: eine ‚collectionneuse de voix‘. Zu ihren Romanen L’Île aux musées und Destruction
15.30 – 16.15 Uhr
Diskussion und Schlussworte
18.00 – 19.30 Uhr
„Explorer la question de la création“ – Der Zyklus der Künste Haute Mer. Lesung und Gespräch mit Cécile Wajsbrot
Ort: Literaturhaus Villa Augustin, Antonstr. 1, 01097 Dresden
Hier finden Sie das Programm auch als pdf-Version zum Herunterladen.