26.08.2020
Ausgründung des IEEH schafft neue Potentiale für Energieerzeuger
Künstliche Intelligenz, virtuelle Kraftwerke – was nach großem Kino, mindestens aber nach High-Tech-Industrie klingt, können sich fortan auch Betreiber kleiner und mittelgroßer Wind- und PV-Anlagen zu Nutze machen. Das ermöglicht eine kleine Box, hinter der drei ambitionierte Dresdner Gründer stehen.
Von der Straße sind sie nicht auszumachen, die neuen PV-Paneele auf dem Dach des Konferenzcenters Spreewald in Lübbenau. Seit dem Frühjahr liefert die Photovoltaikanlage jetzt Strom für das Center, in dem die LEAG, das größte ostdeutsche Energieunternehmen, Übernachtungen und Konferenzen sowie Seminare anbietet. Die 510 Module haben seit ihrer Inbetriebnahme am 1. April etwa 70 Megawattstunden Strom produziert. Doch der Clou der Anlage beginnt mit einer kleinen Box im Verteilerkasten: die swarmBOX. Sie sammelt die Daten, um eine Erzeugungs- und Verbrauchsanalyse zu erstellen und ermittelt dann die vermarktbare Leistung.
Kleiner Kasten, großes Herz
Der kleine Kasten ist das Herz des Flexibilitätswerks der Energiekoppler. Mehr als neun Jahre Forschung im Bereich der Versorgung mit erneuerbaren Energien und Sektorenkopplung an der Professur für Elektroenergieversorgung der TU Dresden fließen in ihre Technologie ein. Hier haben die Gründer des Startups, Tobias Heß und Jens Werner, studiert und geforscht. Werner ist studierter Elektrotechniker. „Im Studium und als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Dresden war die Steuerung und Überwachung dezentraler Energieanlagen mein Fachgebiet“, erzählt er. Mit Unterstützung von Mentoren und Multiplikatoren hat er zusammen mit Heß, der für die Softwareentwicklung zuständig ist, die technische Grundlage für das Flexibilitätswerk gelegt.
Neue Potentiale für kleine bis mittelgroße Erzeuger
„Mit unserer Technologie bieten wir speziell für kleine bis mittelgroße Energieerzeuger neue Potentiale, um ihre Anlagen wie z. B. Photovoltaik- oder Windkraftanlagen, Brennstoffzellen, Wärmepumpen und Speicher wirtschaftlich zu vernetzen“, so Werner. „Die Energieversorgung der Zukunft wird viel dezentraler und setzt noch mehr auf Erneuerbare. Nicht nur im Großen, sondern auch im Kleinen. Viele kleine dezentrale Energieanlagen entstehen derzeit, die teilweise auch ein Speicherpotential haben und an sich auch steuerbar sind. Diese kleinen Anlagen miteinander zu vernetzen und so anzupassen, dass sie wirtschaftlich einen Beitrag zur Stabilisierung des dezentralen Energiesystems leisten, das ist unser Angebot.“
Von der swarmBOX zum swarmHUB
Bisher sei die Integration kleiner bis mittlerer Anlagen – insbesondere mit Eigenversorgung, die vielen Betreibern immer wichtiger wird – in ein heute übliches Virtuelles Kraftwerk sehr aufwendig gewesen, erläutert Werner. „Meist kommen die einzelnen Komponenten, die zum Aufbau benötigt werden, von vielen verschiedenen Anbietern. Ich bin dann als Dienstleister für die Datenanbindung der, der alles rund um die Energiebereitstellung, den -abruf und -verbrauch sowie die Vermarktung möglich macht. Das braucht sehr viel Know-how und verursacht in der Regel hohe Kosten, die die Wirtschaftlichkeit stark reduzieren.“ Die Lösung liege in der Technologie. Die swarmBOX messe Daten, werte sie aus, füge sie intelligent zusammen. So kann diese unter anderem auch die Wetterprognose, den Einsatz einer Wärmepumpe zur Deckung des Heizbedarfs, die Ladekapazität für E-Autos sowie natürlich den Stromverbrauch mit seinen unterschiedlichen Verläufen aufnehmen und diese Daten optimal bereitstellen. Die Box lerne stetig und übermittele ihre Daten an eine übergelagerte Instanz, eine Leitzentrale, die die einzelnen Boxen miteinander koordiniere, den swarmHUB. So können verschiedene Anlagen miteinander vernetzt werden.
Verteilte Intelligenz schafft neue Angebote
In Lübbenau ist der swarmHUB mit den LEAG energy cubes, den Virtuellen Kraftwerken der LEAG, gekoppelt. Hier wird der Strom, der nicht für die Eigenversorgung am Standort benötigt wird, vermarktet. „Der Prozess läuft hochautomatisiert und KI unterstützt“, so Werner. „Wir wollen eine standardisierte Lösung schaffen, die verschiedene Probleme lösen kann. Technologisch gehen wir dabei mit dem Flexibilitätswerk mit seiner verteilten Intelligenz einen ähnlichen Weg wie im Bereich des Mobilfunks mit der Entwicklung von LTE zu 5G.“
Quelle: LEAG, Daniela Hertzer