Experimentelle und theoretische Untersuchung der Fluiddynamik und des Stofftrennverhaltens von Anstaupackungen
Hintergrund:
Anstaupackungen können als trennwirksame Einbauten in Trennkolonnen eingesetzt werden. Sie dienen wie Füllkörperschüttungen oder konventionelle strukturierte Packungen dazu, eine möglichst große Kontaktfläche zwischen der gasförmigen und der flüssigen Phase herzustellen. Anstaupackungen bestehen aus Packungslagen zweier geometrischer Oberflächen, welche abwechselnd axial angeordnet werden. Die Kombination der unterschiedlichen Packungssegmente führt zur Ausbildung einer Blasenströmung in der Anstaulage. Die verglichen mit konventionellen Packungskolonnen starken Wechselwirkungen der Phasen in der Blasenströmung und der darüberliegenden Sprudelschicht führen zu einer Erhöhung der Trenneffizienz des Apparates und damit zu Energieeinsparungen im Prozess.
Zielstellung:
In der ersten Förderperiode wurde ein Rate-Based-Modellierungsansatz entwickelt, der auf der experimentellen Charakterisierung der segmentspezifischen Fluiddynamik mittels schneller Röntgentomographie basiert und mit CO2-Absorptionsmessungen validiert wurde.
In der zweiten Förderperiode zielt das Vorhaben auf die Weiterentwicklung des Modells zur Anwendung für Rektifikationen ab und soll damit die Entwicklung des Gesamtmodells für Anstaupackungen finalisieren. Dies beinhaltet die Berücksichtigung regimespezifischer Dispersionskoeffizienten, Flüssigphasenverweilzeiten und flüssigkeitsseitiger Stoffübergangskoeffizienten, die phänomenologische Beschreibung des Packungsflutens zur korrekten Bestimmung der Stau- und Flutpunkte sowie die Erweiterung der fluiddynamischen Korrelationen zur Berücksichtigung von Stoffeigenschaftsänderungen. Zur Gesamtbewertung von Anstaupackungen im Vergleich zu konventionellen Packungseinbauten sollen mit dem finalisierten Modell neben Prozessen zur chemischen Absorption zusätzlich auch Rektifikationsprozesse theoretisch untersucht werden.
Methoden und Ergebnisse:
Die Untersuchungen zur Fluiddynamik von Anstau- und Strukturpackungen erfolgen in einer Kolonne (Ø100 mm) mit den B1-Montz-Referenzpackungen B1-250, B1-250-60, B1-500, B1-750 und B1-1000, die im Gleich-und Gegenstrom zunächst für Modell-Stoffsysteme betrieben werden. Zur Untersuchung des Einflusses der genannten Stoffeigenschaften auf die hydrodynamischen Parameter wie Druckverlust, Sprudelschichthöhe, Stau- und Flutpunkte in der Anstaupackungskolonne werden zuerst ergänzende Messungen zu den Experimenten mit Luft/Wasser(Deionat)-Systemen durchgeführt. Danach wird Glycerin mit verschiedenen Konzentrationen zur systematischen Variation der Viskosität der flüssigen Phase hinzugefügt. Außerdem wird eine Surfynol-Lösung verwendet, um die Oberflächenspannung der flüssigen Phase zu verändern. Bei der Stoffeigenschaftsänderung sind signifikante Veränderungen der Benetzungsdynamik zu erwarten.
Darüber hinaus werden mittels hochpräziser Drucksensoren entlang der Kolonne axiale Druckverläufe aufgezeichnet, mit denen Rückschlüsse auf die Übergangsbereiche der sich ausprägenden Strömungskonfigurationen gezogen werden können. Für eine präzise Bestimmung des Stau- und Flutpunktes einer Packung ist erfahrungsgemäß eine größere Anzahl von Messpunkten pro Flüssigkeitsbelastung erforderlich.
Für die Validierung des Gesamtmodells werden weitere hydrodynamische Parameter wie der Flüssigkeitsinhalt und die Gas-Flüssigkeits-Phasengrenzfläche benötigt, die aus der Literatur entnommen oder experimentell aus rekonstruierten Röntgenschnittbildern extrahiert werden können.
Publikationen:
P. Franke, I. Shabanilemraski, M. Schubert, U. Hampel, E. Kenig
A new approach to model the fluid dynamics in sandwich packings
Chemical Product and Process Modeling, 19, 2 (2023): 211-227