Gekoppelte Feldprobleme
Im Rahmen aktueller ingenieurtechnischer Aufgabenstellungen ist eine rein mechanische Charakterisierung der zu untersuchenden Bauteile und Proben oft nicht ausreichend. So lässt sich für bestimmte Materialien und Materialkombinationen die Reaktion auf eine feste mechanische Last durch das Anlegen elektrischer, magnetischer oder thermischer Felder beeinflussen. Gleichermaßen kann eine Verformung des Bauteils zu einer Änderung der vorgenannten Felder führen. Kontinuumsmechanisch sind derartige Kopplungen durch einen gegenüber dem rein mechanischen Feldproblem erweiterten Gleichungssatz beschreibbar. Für die an der Professur für Numerische und Experimentelle Festkörpermechanik untersuchten magnetisch aktiven und thermo-viskoelastischen Materialien sind beispielsweise die Maxwell-Gleichungen beziehungsweise die Energiebilanz explizit zu berücksichtigen. Weiterhin gilt es geeignete konstitutive Beziehungen zu bestimmen.
Magnetorheologische Elastomere
Als magnetorheologische Elastomere (MRE) wird eine Klasse von magnetisch aktiven Materialien bezeichnet, bei denen mikrometergroße magnetisierbare Partikel in eine nichtmagnetisierbare elastomere Matrix eingebettet sind. Wechselwirkungen zwischen den Partikeln führen bei einem angelegten Magnetfeld zu einer Änderung des makroskopischen Materialverhaltens, sodass sich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten in den Bereichen der Sensorik und Aktorik ergeben. Beipielsweise erlaubt die feldinduzierte Verformung von MRE deren Verwendung als Ventilsteuerungen - die sich ergebende Steifigkeitsänderung bei Verhinderung dieser Verformung lässt sich zur Realisierung von einstellbaren Dämpfern ausnutzen. Zur kontinuumsmechanischen Beschreibung des experimentell beobachtbaren Verhaltens von MRE sind Modelle zu verwenden, die den Einfluss großer Deformationen berücksichtigen. Darüber hinaus ermöglicht der Einsatz remanent magnetisierbarer Materialien die Ausbildung von Hysteresen. Solche dissipativen Prozesse sind mithilfe eines geeigneten phänomenologischen Modells zu beschreiben.
Thermo-viskoelastische Materialien
Infolge der stark inelastischen Eigenschaften von Polymeren, geht der Deformationsprozess bei diesen Materialien oft mit einer Dissipation mechanischer Energie und einer daraus resultierenden Temperaturänderung einher. Eine solche Kopplung konnte bei Untersuchungen des thermo-mechanischen Verhaltens von Kunststoffen, die jüngst an der TU Dresden durchgeführt wurden, nachgewiesen werden. Durch Messungen mit einer HighSpeed-Infrarot-Kamera wurde gezeigt, dass anders als in der Literatur derzeit beschrieben unmittelbar mit Erreichen der Streckgrenze eine lokale, hochdynamische Erwärmung stattfindet. Dabei konnte für verschieden untersuchte Verstreckgeschwindigkeiten und Polymermaterialien eine Wechselwirkung zwischen mechanischen und thermischen Feldern nachgewiesen werden. Zur kontinuumsmechanischen Beschreibung dieses Verhaltens sind Modelle zu verwenden, die eine starke thermomechanische Kopplung sowie die komplexen konstitutiven Eigenschaften des Materials berücksichtigen. Um den initialen Erwärmungsprozesses des Polymers zu untersuchen, wurde zunächst ein thermo-viskoelastisches Materialmodell formuliert und in einem Finite-Elemente Code umgesetzt.