Sep 09, 2016
Leichter, effizienter, schonender: Dresdner Wissenschaftler forschen an leichteren Triebwerken
Die Luftfahrtindustrie ist neben dem Automobilbau eine der Branchen, die vom Leichtbau am meisten profitiert. Mit leichteren Flugzeugen können Treibstoffverbrauch und Kosten gesenkt werden. Dieser Überlegung entsprechend, hat Rolls-Royce – einer der weltweit führenden Hersteller von Antriebssystemen für die zivile Luftfahrt sowie für die land- und seegebundene Mobilität – vor zehn Jahren an der Technischen Universität Dresden ein University Technology Centre – kurz UTC – eingerichtet. Das UTC Dresden ist Forschungspartner des Unternehmens im Bereich des Systemleichtbaus, des Multi-Material-Designs und des robusten Designs von Antriebssystemen.
Spitzenforschung für die Luftfahrt
Zwischen dem Triebwerkshersteller Rolls-Royce und der TU Dresden besteht bereits seit 1994 eine enge Forschungskooperation, die 2006 zur Gründung des UTC Dresden führte. In die Forschungsarbeiten sind neben dem Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik (ILK) vier weitere Einrichtungen der TU Dresden eingebunden: die Professur für Turbomaschinen und Flugantriebe, die Professur für Thermische Energiemaschinen und -anlagen, die Professur für Werkstofftechnik sowie die Professur für Maschinenelemente. „Mit seinen fünf universitären Forschungseinrichtungen verfügt das UTC Dresden über ausgezeichnete Entwicklungs-, Fertigungs-, Analyse- und Testeinrichtungen sowie über ein umfassendes Wissen auf dem Gebiet des Systemleichtbaus in Multi-Material-Design, um gemeinsam mit Rolls-Royce auf dem Hochtechnologiegebiet der Flugzeugtriebwerke zu forschen“, sagt Prof. Werner Hufenbach, Direktor des UTC Dresden und Seniorprofessor am ILK.
Rolls-Royce bündelt seine Forschungsaktivitäten an ausgesuchten Universitäten weltweit. Jedes UTC steht für Spitzenforschung in ausgewählten ingenieurwissenschaftlichen Bereichen. Das Rolls-Royce-Forschungs- und Entwicklungsnetzwerk umfasst weltweit 31 UTC. "Von dieser langfristig angelegten, finanziell abgesicherten und gut etablierten Zusammenarbeit profitieren beide Seiten technisch und akademisch", sagt Ulrich Wenger, Head of Engineering & Technology Rolls-Royce Deutschland über das UTC-Netzwerk.
Aus der Wissenschaft in die sächsische Wirtschaft
Die gemeinsame Forschung zwischen dem UTC Dresden und Rolls-Royce trägt maßgeblich zur Entwicklung von Triebwerken mit einem niedrigeren Kraftstoffverbrauch und damit einer noch höheren Umweltverträglichkeit bei. Ein Beispiel dafür ist die Entwicklung einer schwingungsoptimierten Faserverbund-Radialwelle für den Antrieb von Nebenaggregaten des Triebwerks. Die so genannte Königswelle wurde am UTC Dresden in Zusammenarbeit mit dem Forschungspartner, der Leichtbau-Zentrum Sachsen GmbH (LZS) – eine Ausgründung der TU Dresden Aktiengesellschaft – konzipiert und gefertigt. Die aus kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen (CFK) und Metall bestehende Nebenantriebswelle erlaubt im Vergleich zur konventionellen Stahlwelle eine 30 Prozent höhere Drehzahl und ist zusätzlich 20 Prozent leichter. Damit werden im Betrieb in künftigen Triebwerken erhebliche Kerosineinsparungen möglich. Der Transfer der entwickelten Technologie hat bereits stattgefunden. Die künftig in Sachsen gefertigte Welle soll in Rolls-Royce-Triebwerken eingesetzt werden.
Ein weiteres erfolgreiches Beispiel für den Transfer aus dem UTC Dresden in die Anwendung ist der so genannte Einlaufkegel – Nosecone. Der in Zusammenarbeit mit der Dresdner TU-Ausgründung EAST-4D® Carbon Technology GmbH entwickelte einteilige Nosecone aus CFK ist leichter, kostengünstiger und robuster als die bisherige mehrteilige Variante. Die Fertigung derartiger Einlaufkegel für Rolls-Royce bildet mittlerweile einen wesentlichen Produktionsanteil des sächsischen Unternehmens.
Die vielfältigen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im UTC Dresden erfolgen im Rahmen von öffentlich geförderten regionalen, nationalen und internationalen Forschungsprojekten. Im Rahmen des Forschungsvorhabens KoLiBri „Komplexe Leichtbau-Zwischengehäuse in Faserverbundbauweise für Turbo-Fantriebwerke neuer Generation“, das im Rahmen des Luftfahrtforschungsprogramms vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert wurde, entwickelten die UTC-Wissenschaftler einen hochdynamisch beanspruchten Berstschutzring aus CFK. Diese dickwandige Leichtbaustruktur wird dafür konstruiert, gegebenenfalls eine mit bis zu 8.000 u/min rotierende Titanschaufel aufzufangen. Durch die hohe Energieaufnahme bei gleichzeitig hoher Steifigkeit und Festigkeit eignen sich leichte Faserverbundwerkstoffe hervorragend für derartige Schutzstrukturen. Derzeit laufen am UTC Dresden entsprechende Validierungsversuche.
Forschung als Wirtschaftsfaktor
Neben direkten Verwertungsmöglichkeiten in Form von gefertigten Bauteilen schafft das UTC Dresden zusätzlich Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich. Ein wesentliches Geschäftsfeld des Dresdner Unternehmens LZS GmbH ist beispielsweise das Testen von Materialien und Strukturen für Rolls-Royce mit Hilfe der am UTC Dresden entwickelten Prüfstände und Methoden. Im Rahmen von europäischen und nationalen Forschungsprojekten wurden in den letzten Jahren allein am ILK sieben Prüfstände mit Alleinstellungsmerkmal entwickelt und installiert.
Im UTC Dresden wurden bisher mehr als 150 gemeinsame Forschungsprojekte bearbeitet, bei denen ständig bis zu 100 Wissenschaftler und Techniker der TU Dresden eingebunden sind. Durch die Vielzahl der Forschungsprojekte am UTC werden bei den beteiligten Forschungspartnern und Zulieferern zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen.
Aus dem UTC-Netzwerk haben sich in den letzten Jahren vier Unternehmen ausgegründet, deren Tätigkeitsfeld über den Luftfahrtbereich hinausgeht: CarboLife technologies GmbH & Co.KG, Black East GmbH, WP Systems GmbH und structrepair GmbH. Die Firmengründer profitierten von den Kompetenzen, die sie sich im Hinblick auf die hohen Anforderungen im Bereich Luftfahrt in der Zusammenarbeit mit Rolls-Royce erworben haben. Durch die Arbeit im UTC Dresden konnten in Sachsen insgesamt etwa 80 Arbeitsplätze geschaffen werden.
Vielfältige Karrieremöglichkeiten
Das UTC-Netzwerk schafft für Absolventen vielfältige Karrieremöglichkeiten. Bisher konnten über 60 Dresdner Absolventen der TU Dresden direkt von Rolls-Royce, von Zulieferunternehmen oder Forschungspartnern eingestellt werden. Für die involvierten Wissenschaftler bietet das weltweite UTC-Netzwerk ausgezeichnete Chancen, langfristige Kooperation mit international führenden Forschungseinrichtungen zu initiieren. Zwischen Forschern der TU Dresden und Wissenschaftlern am Imperial College in London sowie an den Universitäten Oxford und Bristol besteht bereits seit 2002 eine intensive Zusammenarbeit. Von dieser Kooperation profitieren die Studierenden und Doktoranden, die so die Möglichkeit haben an den Partnereinrichtungen Lern- und Forschungsaufenthalte zu absolvieren. Inzwischen haben mehr als 150 Studierende an diesem Austausch teilgenommen.
Direktor UTC Dresden:
Prof. Dr.-Ing. habil. Maik Gude
Sprecher des Vorstandes des Instituts für Leichtbau und Kunststofftechnik
Ansprechpartner UTC Dresden:
Dr.-Ing. Albert Langkamp
Diana Wolfrum
Technische Universität Dresden
Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik
Holbeinstr. 3, 01307 Dresden
Tel.: +49 351 463 39471
E-Mail: diana.wolfrum@tu-dresden.de
https://tu-dresden.de/mw/ilk/utc
Ansprechpartner Rolls-Royce:
Frank Martin Hein
Head of Communications – Europe & Africa
Rolls-Royce plc / Rolls-Royce Deutschland Ltd & Co KG
Eschenweg 11
15827 Blankenfelde-Mahlow, Germany
Tel: +49 (0) 33708 6 2338
Mob: +49 (0) 15112164144
Mail: Frank-Martin.Hein@Rolls-Royce.com
http://rolls-royce.com/country-sites/deutschland/wissen/videos/dresden.aspx