22.02.2021
Petra Kasten: Malerei und universitäre Objektkulturen. Eine Begegnung zwischen Kunst und Wissenschaft im Rektorat der TUD
Neben den zentralen Aufgaben der professionellen Sammlungsarbeit, das Sammeln, Bewahren und Forschen (Deutscher Museumsbund), wird die öffentliche Wahrnehmung von Sammlungen durch Ausstellungen bestimmt. Das Rektorat der TUD ist neben der Universitätsgalerie der Kustodie im Görges-Bau und der Dauerausstellung der Kustodie im Bürogebäude Zellescher Weg (BZW) ein weiterer zentraler Ort auf dem Campus, an dem herausragende Werkgruppen, Schenkungen und Sonderpräsentationen den umfangreichen universitären Kunstbesitz und die Lehrsammlungen zeigen.
Nachdem 2018 mit der Schenkung des Dresdner Künstlers und Architekten Peter Albert (*1936 in Dresden lebt in Dresden) 37 abstrakte Werke aus seinem Frühwerk bis zur Gegenwart vorgestellt werden konnten, richtet die aktuelle Schau ihr Augenmerk auf das Zusammenspiel von Werken aus dem Kunstbesitz der Malerin Petra Kasten (*1955 in Dresden, lebt in Pulsnitz) und wissenschaftlichen Objekten.
Im Kunstbesitz befinden sich insgesamt sieben Werke der Künstlerin Petra Kasten. In den 1990er-Jahren wurden figurative Grafiken aus der Vorwendezeit erworben, 2018 und 2021 konnten nochmals vier abstrakte Gemälde und Papierarbeiten vorrangig aus den 2010er-Jahren angekauft werden.
In der als Interaktion angelegten Präsentation von Kunstwerken und Exponaten aus den naturwissenschaftlich-technischen Sammlungen stehen die Verbindungen von Kunst und Wissenschaft bzw. den universitären Objektkulturen im Vordergrund.
Seit den 1990er-Jahren erforscht Petra Kasten in ihren Gemälden, Radierungen und Zeichnungen das Zusammenspiel von Abstraktion und Gegenständlichkeit. Die Auslotung von Grenzbereichen charakterisiert ihre Bildfindungen, die als serielle Kompositionen angelegt sind. Die Variabilität von Gitterstrukturen, Linienverläufen und Erkundungen eines Farbspektrums sind dabei zentrale Anliegen. Immer wieder zeigen sich auch Rückgriffe, oder gar Vorgriffe auf Gegenständliches. Verweise auf Objekte und Materialität, die sich nicht als bestimmendes Sujet, sondern beiläufig in die strengen farbig angelegten Geometrien von Petra Kastens malerischem und grafischem Œuvre einfügen.
Alltagsgegenstände wie Gläser, aber auch Referenzen an Flora und Fauna oder technische Elemente, fungieren als abstrahierte Zeichen, die in ihrer formalen Reduktion auf eine Umrisslinie und den Verzicht auf Flächigkeit die semiotische Bedeutung des Dings nicht nur aktivieren, sondern auch forcieren.
Die ausgewählten Lehrobjekte aus der Sammlung des Botanischen Garten, der Zoologischen Lehrsammlung, der Farbstoffsammlung und der Getriebemodellsammlung erweitern und spezifizieren in ihrer wissenschaftlichen Kontextualisierung und zugleich in ihrer Dreidimensionalität den Wissens- und Zeigeraum der zweidimensionalen Kunstwerke von Petra Kasten.
Petra Kastens Querformat mit dem Titel „Gläser“ (2012) zeigt vor einem in mehreren Malschichten aufgebauten Bildgrund in Grau, Blau, Zinnoberrot und Neapelgelb ein Konvolut an Gläsern und Flaschen, die den Bildvordergrund und -mittelgrund dominieren. Sie sind als zeichenhafte Objekte in schwarzer Ölfarbe angelegt. Die in einer Vitrine präsentierten Farbstoffe aus der Historischen Farbstoffsammlung der TUD erweitern den Bildraum und zeigen exemplarisch die Bezüglichkeit von Material, dem Pigment und den Farbstoffen, sowie der Malerei als künstlerischer Gattung auf.
Diese Gegenüberstellung thematisiert gleichermaßen die dringlichsten Fragen und Aufgabenstellungen von wissenschaftlichen Konzepten und gesellschaftspolitischen Handlungsfeldern, die auch und gerade an einer Universität erforscht, diskutiert und definiert werden. Welche Herausforderungen bringen die rasanten technologischen Umwälzungen der Gegenwart mit sich, wie lässt sich die Gesellschaft der Zukunft gestalten? Welche Rolle kann die Wissenschaft und die Kunst gleichermaßen in diesem Transformationsprozess für sich beanspruchen? Der umfangreiche universitäre Kunstbesitz und die Lehrsammlungen der Kustodie der TUD können darauf keine expliziten Antworten geben, aber sie schaffen einen Ort der Betrachtung für eine komplexe, auch spekulative und damit sinnstiftende Einordnung von Welt und Wissen.
Die Präsentation wird mit Leihgaben der Künstlerin unterstützt.
Kuration: Gwendolin Kremer, Wiss. MA Kunstbesitz der Kustodie, TUD
Einrichtung und Aufbau: Fißler & Kollegen
Fotos: Andreas Kempe für die Kustodie, TUD, 2021