Projekte Medizin- und Bioethik
Alles eine Frage der Autonomie? Eine qualitative Untersuchung von Forderungen nach Suizidassistenz in Deutschland
Im Februar 2020 erklärte das Bundesverfassungsgericht in einem richtungsweisenden Urteil das 2015 in Kraft getretene Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zum Suizid in Deutschland für grundgesetzwidrig. Seitdem besteht ein Auftrag zur Neuregelung, um sowohl Sterbewilligen als auch Ärzt*innen und Angehörigen anderer Gesundheitsberufe Rechtssicherheit bei der Inanspruchnahme und Begleitung des assistierten Suizids zu geben. Während beispielsweise Sterbehilfevereine eine solche Liberalisierung mit Verweis auf das Selbstbestimmungsrecht der Einzelnen seit langem fordern, mahnen Akteur*innen aus Suizidprävention und Palliativversorgung vor dem Hintergrund der Komplexität und gesellschaftlichen Bedingtheit solcher Wünsche davor, diesen zu unkritisch nachzukommen. Im Rahmen unserer Forschung möchten wir die zentralen Diskurspositionen und die ihnen zugrundeliegenden Wertvorstellungen sowie das Autonomieverständnis verschiedener Akteur*innen untersuchen, die sich in der gegenwärtigen Debatte um assistierten Suizid wiederfinden. Dazu sollen unter anderem narrative Interviews mit Menschen geführt werden, die sich grundsätzlich vorstellen können, assistierten Suizid in Anspruch zu nehmen. Ziel ist dabei, die Bedeutung eines Sterbewunsches innerhalb der biographischen Narration einer Person und vor dem Hintergrund der ihr verbliebenen Handlungsspielräume zu verstehen.