Bioaktive Peptide
Arterielle Hypertonie ist der führende Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen, die weiterhin weltweit die Todesursache Nummer eins darstellen. Erbanlagen, aber auch der persönliche Lebensstil tragen zur Entstehung der Hypertonie bei, wobei insbesondere unzureichende Bewegung, ungesunde Ernährung, Übergewicht und Stress primäre Risikofaktoren sind (Robert Koch-Institut. Epidemiologisches Bulletin 5/2015).
Neben medikamentöser Behandlung sind lebensstilveränderte Maßnahmen einer der Standards zur Therapie der Hypertonie. In der Phase der sogenannten Prähypertonie (Blutdruckwerte zwischen 130-139/85-89 mm Hg) stellt dies auch die alleinige Empfehlung dar. Im frühen Stadium dauerhaft erhöhter Blutdruckwerte wird - unter anderem auf Grund der Nebenwirkungen - auf eine medikamentöse Behandlung verzichtet [Tao et al., Int J Cardiology, 2017].
Lebensstilassoziierte Faktoren, wie körperliche Aktivität, Gewichtsreduktion und diätetische Maßnahmen, können die Entstehung von essentieller Hypertonie wesentlich reduzieren. Daher rücken zunehmend Präventionsmaßnahmen wie diätetische Mittel in den Fokus der Hypertonieforschung.
Von speziellem Interesse sind natürliche bioaktive Peptide, insbesondere die tryptophanhaltigen Dipeptide Isoleucin-Tryptophan (IW) und Tryptophan-Leucin (WL). Diese können durch den gerichteten enzymatischen Abbau des in der Molke enthaltenen Proteins alpha-Lactalbumin gewonnen werden und zeichnen sich durch einen stark Angiotensin-Converting Enzyme (ACE)-hemmenden Effekt aus.
Besonders IW ist hier aufgrund seiner sehr potenten Hemmung in vitro (IC50 -Konzentration von 0,7 ± 0,3 µM, die für eine 50-prozentige Aktivitätshemmung nötig ist) von Bedeutung [Martin et al. J Agric Food Chem. 2008]. Obwohl das Dipeptid IW einen individuell unterschiedlich starken Abbau im Plasma unterliegt, hatte es von allen aus Lebensmittelproteinen gewonnenen Dipeptiden die stärkste Hemmwirkung auf die ACE-Aktivität im humanen Plasma [Khedr et al. J Hypertens. 2015; Michelke et al. J Funct Foods. 2017].
Fütterungsstudien mit Ratten (im sogenannten spontan hypertensiven Rattenmodel - SHR) zeigten, dass durch die Einnahme von IW der Anstieg des Blutdrucks, der normalerweise in diesen Tieren auftritt, verhindert werden konnte [Abbildung; Martin et al. Acta Physiol, 2015].
Ergänzend konnte durch die Einnahme von IW eine verbesserte Herz- und Gefäßfunktion der behandelten Tiere ermittelt werden [Martin et al. Acta Physiol, 2015; Khedr et al. Eur J Nutr. 2017].
Um eine potentielle Anwendung beim Menschen zu diskutieren, musste die Bioverfügbarkeit von IW in Humanstudien aufgeklärt werden. Analog wie in den Tierstudien wurde die intakte Aufnahme des IW im Plasma, sowie eine dosisabhängige Absenkung der Plasma-ACE-Aktivität bestimmt [Martin et al. Eur J Nutr. 2020.]. Allerdings zeigten diese Studien auch, dass die resultierenden Peptidkonzentrationen im Plasma viel zu gering sind, um die nachweisbare ACE-Inhibierung (im Plasma) einzig mit einer direkten Hemmung zu erklären.
Im Folgenden sollen weitere Tier- und Humanstudien zur Aufklärung des Wirkorts von IW führen. Dies ist erforderlich, um den Wirkmechanismus für IW eindeutig aufzuklären und um so auf diesem Wissen aufbauend antihypertensive Nahrungsmittel optimiert zu generieren.
- Martin M*, Hagemann D*, Nguyen TT, Schwarz L, Khedr S, Moskopp ML, Henle T, Deussen A. Plasma concentrations and ACE-inhibitory effects of tryptophan-containing peptides from whey protein hydrolysate in healthy volunteers, Eur J Nutr 59, 1135–1147 [*contributed equally to this work] (2020).
- Martin M, Deussen A. Effects of natural peptides from food proteins on angiotensin converting enzyme activity and hypertension, Critical Reviews in Food Science and Nutrition 59 (8), 1264–1283 (2019).
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Michelke L, Deussen A, Kettner K, Dieterich P, Hagemann D, Kriegel TM, Martin M. Biotechnological production of the angiotensin-converting enzyme inhibitory dipeptide isoleucine-tryptophan. Eng. Life Sci. 2018. 18, 218–226 (2018).
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Michelke L, Deussen A, Dieterich P, Martin M. Effects of bioactive peptides encrypted in whey-, soy- and rice protein on local and systemic angiotensin-converting enzyme activity. Journal of Functional Foods. 2017. 28:299–305 (2017).
- Khedr S, Deussen A, Kopaliani I, Zatschler B, Martin M. Effects of tryptophan-containing peptides on angiotensin converting enzyme activity and vessel tone ex vivo and in vivo. Eur J Nutr 57(3), 907-915. doi 10.1007/s00394-016-1374-y (2017).
- Martin M, Kopaliani I, Jannasch A, Mund C, Todorov V, Henle T, Deussen A, Antihypertensive and cardioprotective effects of the dipeptide isoleucine-tryptophan and whey protein hydrolysate. Acta Physiol (Oxf) Aug 22. doi: 10.1111/apha.12578 (2015).
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Khedr S, Martin M, Deussen A. Inhibitory Efficacy and Biological Variability of Tryptophan Containing Dipeptides on Human Plasma Angiotensin Converting Enzyme Activity. J Hypertens 4: 198. doi:10.4172/2167-1095.1000198 (2015).
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Martin M, Wellner A, Ossowski I, Henle T. Identification and quantification of inhibitors for Angiotensin-converting enzyme in hypoallergenic infant milk formulas. J Agric Food Chem. 6333-6338. doi: 10.1021/jf800865b (2008).