Quantifizierung des Zusammenhangs zwischen architektonischer Integrität und adaptivem Potenzial bei der Entwicklung von Biofilmen
- Prof. Dr. Oskar Hallatschek Universität Leipzig, Sächsischer Inkubator für KlinischeTranslation (SIKT).
Ein faszinierender Aspekt von Biofilmen ist ihre dynamische Selbstorganisation, die eine Vielzahl morphologischer Merkmale hervorbringt, einschließlich einer ausgeprägten inneren Zellordnung, einer starken Oberflächenhaftung und in größeren Maßstäben Falten und Kanäle. Die emergente Architektur unterstützt das Überleben von Biofilmen, verleiht ihnen Widerstandsfähigkeit gegen physische Belastungen und trägt zur Antibiotikatoleranz bei.
Die Integrität und Funktion der Biofilmarchitektur ist jedoch durch Mutationen, die während des Biofilmwachstums entstehen, gefährdet wenn sich diese ausdehnen und den Wildtyp verdrängen. Mechanismen, die gegen solche „krebsartigen“ Mutationen puffern, würden eine robuste Biofilmentwicklung fördern. Tatsächlich deuten neuere Simulationen und Koloniestudien darauf hin, dass mechanische Wechselwirkungen dazu beitragen können, schwache Mutationen in Schach zu halten und so die Integrität der Architektur zu fördern. Andererseits sollte die Unterdrückung nützlicher Mutationen die Gemeinschaft daran hindern, sich beispielsweise an die Belastungen anzupassen, gegen die die Architektur schützt (Antibiotika, physische Belastungen).
Wir vermuten daher einen "tradeoff" zwischen der architektonischen Integrität eines Biofilms und seiner Fähigkeit, sich schnell an Umweltherausforderungen anzupassen. Wir planen zu überprüfen, ob ein solcher "tradeoff" existiert, und zu untersuchen, ob er in Richtung Integrität oder Anpassungsfähigkeit tendiert; möglicherweise in abhängig von den Mutationen und ihrer Wirkung.
V. cholerae ist das perfekte Modellsystem, um diesen hypothetischen "tradeoff" zu untersuchen. Abgesehen von ihrer Bedeutung für die öffentliche Gesundheit und ihrer genetischen Zugänglichkeit haben V. cholerae-Biofilme eine gut charakterisierte Morphogenese, von der ein Großteil mit Einzelzellauflösung untersucht wurde. Wir können daher auf einem exzellenten Verständnis der Wildtyp-Architektur von V. cholerae-Biofilmen aufbauen, um zu untersuchen, wie sie durch evolutionäre Prozesse gestört oder abgepuffert wird. Zu diesem Zweck verwenden wir neue Bildgebungstechnologien von 3D-Biofilmen und spontan mutierende fluoreszierende Reporterkonstrukte, um mutierte Klone in Raum und Zeit zu verfolgen. Diese Daten werden zur Entwicklung eines prädiktiven Biofilm-Modells für natürliche Selektion und genetische Drift verwendet, mit dem wir unsere "tradeoff"-Hypothese zwischen Anpassungsfähigkeit und architektonischer Integrität testen können.
Die Aufklärung des "tradeoff" zwischen der Entwicklung von Biofilmen und deren Evolution wird ein wichtiger Schritt zum Verständnis der ökoevolutionären Rückkopplung in Biofi lmen einzelner Arten sein. Allgemeiner, ein verbessertes Verständnis der grundlegenden evolutionären Kräfte in Biofilmen kann eine Basis für die Modellierung eines breiten Spektrums an evolutionären Prozessen bieten. Wir sehen das neu entwickelte synthetische Mutagenesesystem sowie das Biofilm-Evolutionsmodell als nützlich für zahlreiche andere SPP-Projekte mit Interesse an der Untersuchung oder Berücksichtigung evolutionärer Prozesse in Biofilmen.
Researchers |
Dr. Christian Westendorf (Postdoc) |
Dr. Giulio Isacchini (Postdoc) |
Ph.D. Valentin Slepukhin (Postdoc) |
Dr. Birgit Koch (Lab technician) |
Forschungsschwerpunkt
Die Komplexität der biologischen Welt zeigt, dass der Zufall mächtige Ergebnisse hervorbringen kann, da die Evolution letztlich durch zufällige Mutationsereignisse angetrieben wird. Zahlreiche Aspekte der Biologie, wie die genetische Vielfalt, die Genomarchitektur oder die Entwicklungswege, sind ohne ein Verständnis der Auswirkungen des Zufalls in der Evolution nur schwer zu erklären. Ein großer Teil unserer Forschungsanstrengungen zielt darauf ab, den inhärent stochastischen Verlauf biologischer Systeme mit Methoden der statistischen Physik zu quantifizieren.
Unsere Forschungsthemen reichen von der grundlegenden Physik stochastischer Reaktions-Diffusions-Systeme, die weit vom Gleichgewicht entfernt sind, bis zu expliziten Modellen der adaptiven Evolution in mikrobiellen Populationen, die biophysikalische Aspekte der Biofilmbildung berücksichtigen.
Diese Projekte werden von grundlegenden Evolutionsfragen angetrieben wie "Wie schnell ist die Anpassung?" oder "Wann wird die Evolution durch das Überleben der Glücklichsten und nicht der Stärksten bestimmt?" oder "Wie entsteht kooperatives Verhalten in stochastischen, nichtlinearen Systemen?", die für eine Vielzahl angewandter Probleme wie die Entstehung von Arzneimittelresistenzen, Krebsevolution, Invasionen von Arten oder die Ausbreitung von Epidemien von Bedeutung sind. Die Beantwortung dieser Fragen erfordert ein Verständnis dafür, wie Phänomene auf Populationsebene, wie z. B. zufällige genetische Drift oder natürliche Selektion, aus dem stochastischen Verhalten von Individuen und ihrer Interaktion entstehen. Unsere Forschung konzentriert sich daher auf
- Verstehen, wie kollektive Muster der Selbstorganisation aus den gemeinsamen Handlungen heterogener Individuen entstehen. Untersuchung von evolutionärer Anpassung, zufälliger genetischer Drift, epidemischer Ausbreitung, kollektiver Bewegung, Synchronisation und Störung. Obwohl diese Phänomene in vielen komplexen Systemen auftreten, konzentrieren sich unsere experimentellen Bemühungen hauptsächlich auf mikrobielle Systeme, die wir in unserem Nasslabor untersuchen können.
- Unsere wichtigste theoretische Herausforderung besteht darin, die wesentlichen dynamischen Bausteine zu identifizieren und vorherzusagen, wie diese zusammenwirken, um die auf Populationsebene beobachteten komplexen dynamischen Muster zu erzeugen.
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