31.12.2022
Tierisch Reich: Flussmuscheln können Trinkwasserqualität sicherstellen und Millionen von Euros Einsparen
Gesundheitsschädliche Substanzen können auf vielen Wegen in die Umwelt gelangen und dort eine Gefahr nicht nur für Menschen, sondern auch für alle anderen Lebewesen darstellen. Verunreinigungen können sowohl in der Luft, im Boden oder auch im Wasser vorkommen. Muscheln sind sehr empfindlich gegenüber kleinsten Veränderungen in der Zusammensetzung des Wassers und somit in der Lage Verunreinigungen im Wasser anzuzeigen. Sie reagieren z.B. auch auf einen erhöhten Schwermetallgehalt1,2.
Die Überprüfung der Wasserqualität mithilfe von lebenden Organismen, wie zum Beispiel Muscheln, wird Biomonitoring genannt und ist günstiger als herkömmliche Laboranalysen, was im Folgenden aufgezeigt wird.
In der EU muss Trinkwasser, laut einer Richtlinie von 2020, kontinuierlich beprobt und analysiert werden4. Muscheln könnten in diesem Zusammenhang als eine Art Schnellwarnsystem eingesetzt werden, um plötzliche Verunreinigungen zu detektieren. Das Schließen der Muscheln zeigt Verunreinigungen auf und kann durch Sensoren überwacht werden5.
Die Firma PROTE (Poznań, Polen), hat das SYMBIO Biomonitoring System entwickelt, welches die Bewegungen der Muscheln aufzeichnet. Acht große Flussmuscheln (Unio tumidus) befinden sich hierbei in einem Tank, und überprüfen das durchlaufende Wasser kontinuierlich3. Ein solches System kostet in der Anschaffung 40.000€, danach etwa 17€ Instandhaltung pro Tag (6205€ pro Jahr). Hinzu kommen monatliche Wartungskosten und der Austausch der Muscheln im Tank für etwa 550€ (6500€ im Jahr). Über 10 Jahre gerechnet ergeben sich damit Gesamtkosten von 168.050€.
Nun zum Vergleich, eine einmalige Laboranalyse einer Wasserprobe, die nur wenige Schadstoffe detektiert, kostet in Polen zwischen 5 und 150€6. Eine physikalisch, chemisch und mikrobiologische Analyse kostet etwa 85€6,7. Die Muscheln überprüfen die Wasserqualität kontinuierlich. Um die Kosten für eine ähnlich kontinuierliche Überprüfung mittels Laboranalysen zu berechnen, skalieren wir die Beprobung nun sehr hoch. Wenn 10 Jahre lang jede Sekunde eine Probe entnommen und im Labor analysiert würde, würden sich Kosten von 26,87 Mrd€ ergeben.
Um die wirtschaftliche Bedeutung einer einzelnen Muschel zu berechnen, vergleichen wir zunächst die Kosten des Biomonitoring Systems bei 10-jähriger Laufzeit gegenüber der Kosten für herkömmlichen Analysemethode. Laut dieser Rechnung ist das Biomonitoring Systems über 10 Jahre gesehen 26.77 Mrd € günstiger als herkömmliche Methoden. Das System besteht aus 8 Muscheln, die alle 3 Monate ausgetauscht werden. Der Kostenvorteil muss also durch 8 und durch 40 geteilt werden. Laut dieser Rechnung kann eine einzelne Muschel die Einsparung von bis zu 83.7 Millionen € bewirken.
Das Schließen der Muschel des SYMBIO systems, zeigt zwar nicht direkt auf, welche Substanz im Wasser vorzufinden ist3, aber kann potenzielle Gefahren durch verunreinigtes Wasser sehr schnell identifizieren und eine sofortige Abschaltung der Risikoquelle vom Wasserwerk ermöglichen. Das Vorliegen der Ergebnisse von herkömmliche Wasseranalysen kann hingegen bis zu 48h dauern8. In Fall einer Verunreinigung ist die schnelle Identifikation der Gefahr allgemein wichtiger, als die langsame genaue Identifikation der Substanz. Plötzliche Verunreinigungen können durch Biomonitoring ohne Verzögerung entdeckt und verehrende Folgen verhindert werden.
Issue 2
Klaudia Ostatek, Übersetzung Nele Kheim & Helen Rothfuß