Scientific Projects
Bereich A: Materialien
Die Herstellung und Charakterisierung hochwertiger Proben ist eine unabdingbare Grundlage für alle weiteren experimentellen Untersuchungen. Neben einem Materialscreening durch Herstellung von umfangreichen Serien polykristalliner Proben ist sowohl die Zucht von hochwertigen Einkristallen als auch die Herstellung von dünnen Filmen ausgesuchter Kompositionen der Fe-Pniktid-basierten Materialien und von Übergangsmetalldichalkogeniden vorgesehen. Hochauflösende Röntgen- und Elektronenmikroskopie-Studien an diesen Systemen bilden die Basis für die weiteren Transport und Spektroskopie-Projekte.
A1 Synthese neuer Systeme
(Th. Doert, M. Ruck)
Das Wechselspiel zwischen Dotierung sowie struktureller und magnetischer Ordnung einerseits und der Supraleitung andererseits wird derzeit von vielen Arbeitsgruppen an ternären und quaternären Eisen-Pniktiden intensiv untersucht. Diese Arbeiten konzentrieren sich auf einige wenige Verbindungen, die entweder im ZrCuAsSi-Typ (etwa LaO1–xFxFeAs [1]) oder im ThCr2Si2-Typ (Ba1-xKxFe2As2 [9]), kristallisieren. Neben diesen beiden Anordnungsmustern kennt man auch andere Strukturen, die PbOanaloge Doppelschichtpakete von Übergangsmetall- und Pnikogenatomen enthalten, etwa den CaBe2Ge2-Typ [11], den HfCuSi2-Typ [12]) oder den PbFCl-Typ [13]. Außerdem existieren Intergrowth-Varianten der genannten Strukturtypen, von denen z. T. bisher kaum mehr als ihre Atomanordnungen bekannt sind (z. B. Sm2CuAs3O, [14]). Ziel dieses Projektes ist es, neue Übergangsmetallpniktide mit den charakteristischen Metall-Pniktid-Schichtpaketen zu synthetisieren und strukturell zu charakterisieren, um so das Materialspektrum für die Untersuchungen der physikalischen Eigenschaften signifikant zu erweitern. Dazu sollen die bereits bekannten Strukturtypen auf den Einbau geeigneter Elemente sowie auf Dotierungsfähigkeit untersucht und Verbindungen mit neuen Elementkombinationen und Baumustern hergestellt werden.
A2 Einkristallzucht
(Ch. Geibel, S. Wurmehl)
Die Materialentwicklungsgruppe am Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe hat bereits vor etwa vier Jahren mit der Synthese, Einkristallzüchtung und Charakterisierung von CeTPO-Verbindungen (T = Übergangsmetall) begonnen [15,16]. Damit gehört sie weltweit zu einer der ersten Gruppen, die sich intensiver mit der Physik der Seltenerd-Übergangsmetall-Oxypniktide befasst hat. Nach der Entdeckung der Supraleitung in den RFeAsO Systemen wurden die Arbeiten in Richtung geschichteter FeAs-Verbindungen ausgedehnt. Ebenfalls als eine der ersten Gruppen wurde die Analogie der AFe2As2- zu den RFeAsO-Verbindungen erkannt und mit der Herstellung, Kristallzucht und Untersuchung dieser Systeme begonnen [17]. Für die Einkristalle der Oxypniktide wurde die Züchtung aus dem Sn-Fluss weiterentwickelt [18]. Diese Methode liefert zurzeit die größten Einkristalle (ca. 2 mm2 Fläche im
Vergleich zu 0.1 mm2 für die NaCl/KCl-Zucht) der RTPnO-Verbindungen [19,20]. Allerdings ist die Kontrolle der Zusammensetzung, z. B. des O-Gehalts, und der Dotierung, insbesondere mit F, noch nicht geklärt. Hier sollen der Zuchtprozess weiterentwickelt und größere Kristalle der reinen und dotierten Verbindungen, z. B. für Neutronenstreuexperimente, sowie Einkristalle mit besserer Kristallinität, z. B. für Quantenoszillationsexperimente, hergestellt werden. Außerdem soll nach alternativen Zuchtverfahren für die Oxypniktide gesucht werden. Neben der Entwicklung der Einkristallzüchtung wird die Suche nach neuen R-T-Pn-(O) Systemen mit außergewöhnlichen und interessanten Eigenschaften fortgesetzt. So haben wir zum Beispiel auch in CeCoPO die ungewöhnliche und interessante Koexistenz von starken 4f-Korrelationen, die zu Schwere-Fermionen führen, und schwachen Ferromagnetismus des Co beobachtet [21].
A3/C2 Hochauflösende Strukturanalyse mittels Röntgen- und Neutronenstreuung
(Ch. Schroer, O. Stockert, T. Woike)
Ziel dieses Projektes ist die Bestimmung der Realstruktur der BaxK1-xFe2As2 und BaxNa1-xFe2As2 Verbindungen. Aufgrund der Beziehung zwischen Struktur und Eigenschaften bestimmt die Realstruktur den elektronischen Grundzustand. Dieser ist Ausgangspunkt jeder Diskussion über Supraleiter, so dass seine hinreichend genaue Kenntnis eine notwendige Voraussetzung darstellt. Dazu starten wir von der mittleren Struktur und den anisotropen Debye-Waller Faktoren und bestimmen zudem die reale Zusammensetzung der Ba, Na, K, Fe, As Konzentrationen und Verteilungen durch lokale Röntgenfluoreszenz mit einem Röntgenmikroskop, dessen Fokus 50 nm beträgt. Ferner werden Fremdatome im Bereich von ppm oder ppb detektiert. Da bei hinreichender Natrium- bzw. Kaliumkonzentration der Phasenübergang (tetragonal – orthorhombisch) unterdrückt wird, ist zu klären, ob dies durch eine Modulation der Natrium- bzw. Kaliumverteilung erzeugt wird oder ob Fremdatome oder Fehlstellen dies bewirken können. Dazu wird die Streuintensität mittels Paarverteilung ausgewertet und die diffuse Streuung analysiert. Eine Konzentrationsmodulation etwa der Natrium-/Kaliumatome wäre ein klarer Hinweis auf Ladungsdichtewellen, die mit der Bildung des supraleitenden Zustandes in Zusammenhang stehen. In einem zweiten Schritt werden präzise Debye-Waller Faktoren bestimmt, indem die Röntgen und Neutronen Datensätze kombiniert ausgewertet werden. Die anisotropen Auslenkungen der atomaren Schwingungen zeigen im Bereich des supraleitenden-normalleitenden Phasenübergangs Änderungen in den Amplituden und Richtungen, was in Kombination mit der inelastischen Neutronenstreuung einen Hinweis auf eine Elektron-Phonon-Kopplung und deren Größenordnung ergibt. Die Neutronenstreuung erfolgt an charakteristischen symmetriebedingten Gitterpunkten, um Einblick in die Phononenzweige zu erhalten.
A4 Elektrische Transporteigenschaften von supraleitenden Oxypniktid-Dünnschichten
(B. Holzapfel, L. Schultz)
Im Rahmen dieses Projektes sollen dünne Schichten der neu entdeckten Familie von Seltenerd-Übergangsmetall-Oxypniktid basierten Supraleitern hergestellt und hinsichtlich ihrer elektrischen Transporteigenschaften untersucht werden. Die Dünnschichtpräparation wird mittels gepulster Laserdeposition, die vom Antragsteller bereits für eine Vielzahl supraleitender Phasen verwendet wird [28,29], erfolgen und sowohl Synthesestrategien über post-annealing als auch in-situ Phasenbildung umfassen. Da bislang nur erste Ansätze einer erfolgreichen Dünnschichtsynthese vorliegen [30], werden breit angelegte Untersuchungen zur Phasenbildung beim Schichtwachstum notwendig sein, die insbesondere die Problematik der Arsen- und Fluorstöchiometrie betreffen (Kooperation Bereich Materialien). Da die eigenen Vorarbeiten auf die Möglichkeit eines epitaktischen Schichtwachstums hinweisen [30], sollen über entsprechende in-situ Phasenbildungsexperimente auf gitterangepassten Substraten einkristalline Schichten hergestellt werden. Die synthetisierten Dünnschichten werden nach struktureller Analyse photolithografisch strukturiert und über elektrische Magnetotransportmessungen sowohl im normal leitenden als auch im
supraleitenden Zustand charakterisiert und analysiert (Kooperation TP Timm). Im normal leitenden Zustand werden insbesondere Untersuchungen zur Hall-
Leitfähigkeit im Vordergrund stehen, während im supraleitenden Zustand detailliert die winkelaufgelöste Analyse der Anisotropie des elektrischen Transports betrachtet wird (Hc2(T,B,Θ); Jc(T,B,Θ)).
A5 Realstruktur von supraleitenden Oxypniktid-Dünnschichten
(W. Skrotzki, Ch. Schroer)
Die Herstellung dünner Schichten führt i. A. zu Realstrukturen, Texturen und Spannungen eingeschlossen, die die physikalischen Eigenschaften drastisch ändern können [31]. Ziel des Teilprojekts soll es deshalb sein, in enger Zusammenarbeit mit dem TP A4 (Elektrische Transporteigenschaften von supraleitenden Oxypniktid-Dünnschichten) dünne Schichten und insbesondere Multilagen der neu entdeckten Familie von Seltenerd-Übergangsmetall-Oxypniktid basierten Supraleitern sowie der intermetallischen Übergangsmetall-dotierten BaFe2As2-Phase, die durch gepulste Laserdeposition
im IFW Dresden hergestellt wurden, bezüglich der Gefügeparameter, d.h. Phasenbestand, Gitterdefekte, Texturtyp, Texturstärke, Art und Größe der Spannungen, detailliert zu charakterisieren und diese mit den elektrischen Transporteigenschaften, insbesondere in hohen Magnetfeldern (Kooperation mit TP Wosnitza), zu korrelieren [32]. Für die Gefügeanalyse kommen Transmissionselektronenmikroskopie [33] und Röntgenbeugung zum Einsatz. Schließlich gilt es, den Mechanismus des Schichtwachstums und der Textur- und Spannungsbildung zu verstehen, um so gezielt die Schichteigenschaften ändern zu können bzw. bezüglich Anwendungsanforderung zu optimieren.
Bereich B: Thermodynamik/Transport
Die Untersuchung der thermodynamischen Eigenschaften, wie der magnetischen Suszeptibilität, der spezifischen Wärme bzw. der Magnetisierung (auch in Hochfeldstudien bis 70 T und darüber hinaus) liefert neben Transportexperimenten (elektrischer Widerstand, Wärmleitfähigkeit und Thermokraft) bereits wesentliche Informationen über den elektronischen Systemzustand, z. B. auch über die Topologie der Fermiflächen mithilfe der Untersuchung magnetischer Quantenoszillationen. An ausgewählten Proben sollen darüber hinaus auch lokale Transportstudien mit hochauflösender spinpolarisierter Rastertunnelmikroskopie/spektroskopie (STM/STS) durchgeführt werden.
B1 Spin-polarisierte Rastertunnelspektroskopie von Eisen-Pniktiden und Übergangsmetalldichalkogeniden
(C. Hess, B. Büchner)
Ziel der geplanten Doktorarbeit ist das experimentelle Studium der elektronischen Eigenschaften der neuen Pniktidsupraleiter und von Übergangsmetalldichalkogeniden. Diese Materialien zeichnen sich einerseits durch elektronische Instabilitäten aus, die in vielen Fällen zu Ladungsdichte- (CDW) und/oder Spindichtewellen (SDW) im Grundzustand führen. Andererseits ist das Auftreten von Supraleitung, die wenigstens im Fall der Eisen-Pniktide als unkonventionell gilt, eine herausragende, wenig verstandene Eigenschaft dieser Materialien. Eine zentrale Fragestellungen bezüglich der Physik dieser Verbindungen betreffen daher das Wechselspiel zwischen CDW/SDW und Supraleitung: Konkurrieren diese Ordnungsparameter, können sie
koexistieren, oder bedingen sie sich? In diesem Teilprojekt planen wir diesen Fragen experimentell mittels Rastertunnelmikroskopie und -spektroskpie (STM/STS), die in einigen ausgewählten Fällen auch spinpolarisiert eingesetzt werden soll, nachzugehen. STM/STS ermöglicht die Erstellung von spektroskopischen Karten der lokalen elektronischen Zustandsdichte (LDOS) auf Festkörperoberflächen mit atomarer Auflösung und stellt somit ein ideales
Werkzeug zur Untersuchung der lokalen elektronischen Struktur der oben genannten Materialien dar. Insbesondere für die Detektion und Untersuchung
räumlicher Modulationen der Ladungs- und Spindichten und damit zusammenhängende Auswirkungen auf die Ortsabhängigkeit des supraleitenden Ordnungsparameters stellt spinpolarisierte STM/STS eine Methode mit herausragenden Möglichkeiten dar. Tatsächlich hat sich gerade in den letzten Jahren gezeigt, dass eine derartige ortsauflösende Spektroskopie neue Aspekte von Supraleitern aufdecken kann, gemeint sind damit z. B. die intrinsischen Inhomogenitäten von Ladungs- und Spindichte, die man in Kupraten beobachtet [34]. Konkrete Zielsetzungen der geplanten Arbeit sind für die Pniktide a) die Detektion der SDW in chemisch undotierten Ausgangsverbindungen (z. B BaFe2As2) mittels spinpolarisierter STM/STS, b) das Studium der Evolution der SDW bei Erzeugung eines supraleitenden Grundzustands durch chemische Dotierung und die Untersuchung einer potentiellen Koexistenz von Supraleitung und SDW, c) hochauflösende Spektroskopie des supraleitenden Zustands und Untersuchung der Quasiteilcheninterferenz [35]. Für die Dichalkogenide planen wir d) die Energieabhängigkeit der CDW als Funktion der Temperatur zu studieren und mit theoretische Vorhersagen zu vergleichen ([36], siehe auch TP Timm), und e) auch hier die räumliche Koexistenz von CDW und Supraleitung zu studieren. Die geplanten experimentellen Studien basieren auf vielfältigen thematischen und methodischen Vorarbeiten, so dass mit den Messungen ohne Verzögerungen begonnen werden kann. Ein neues hochauflösendes Tieftemperatur-Rastertunnelmikroskop (Basistemperatur 300mK, 9T Magnetfeld), das für spin-polarisierte STM/STS ausgerüstet ist, und ein STM-Messsystem für Hochfeldbadkryostaten (8K, bis 17 T) wurden kürzlich in Betrieb genommen. Zudem betreiben wir seit mehreren Jahren STM/STS an niedrigdimensionalen elektronischen Systemen [37,38]. Seit der Entdeckung der Pniktidsupraleiter arbeiten wir bereits intensiv an der Erforschung dieser neuen Materialien [39].
B2 Untersuchung der Hochfeldphasen und der elektronischen Bandstruktur intermetallischer Verbindungen
(J. Wosnitza, H. Rosner)
Mithilfe von Messungen der Magnetisierung und des elektronischen Transports in sehr hohen Magnetfeldern (im Hochfeld-Magnetlabor Dresden statisch bis 20 T und gepulst bis über 90 T) sollen zum Verständnis der physikalischen Eigenschaften wesentliche Bandstrukturparameter bestimmt werden. Zum einen erlaubt die Beobachtung magnetischer Quantenoszillationen die Ermittlung der Fermiflächen, effektiven Massen und charakteristischen Streuzeiten. Diese können dann mit theoretischen Vorhersagen (Kooperation mit H. Rosner) verglichen werden, sodass für supraleitende Materialien auch die bandaufgelöste anisotrope Kopplungsstärke bestimmt werden kann [40]. Zum anderen sind insbesondere für Hochtemperatursupraleiter [41] sowie die jüngst entdeckten Eisen-Pniktid-basierten Supraleiter sehr hohe Magnetfelder nötig, um die kritischen Magnetfelder zu ermitteln und den normalleitenden Zustand zu erreichen. Zudem können durch Anlegen hoher Magnetfelder neue Phasen induziert werden und damit Quantenphasenübergänge studiert werden [42]. Schließlich erlauben Messungen der Magnetisierung in Abhängigkeit des Magnetfelds die Ermittlung magnetischer Wechselwirkungsparameter bzw. die Bestimmung der Valenzen der magnetischen Ionen in Festkörpern.
Bereich C: Spektroskopie
Für ein umfassendes Verständnis der elektronischen Eigenschaften sollen die Ladungs- und spinsensitiven Spektroskopiemethoden ARPES, Röntgenspektroskopie, Neutronendiffraktion und –spektroskopie sowie die lokalen Sondenmethoden NMR, Myonenspinrelaxation und Mössbauerspektroskopie eingesetzt werden.
C1 Spin- und winkelaufgelöste Photoemissionsuntersuchungen an FeAsbasierten Supraleitern und Kondosystemen
(C. Laubschat, B. Büchner)
C2 Wechselspiel von Struktur, Magnetismus und Supraleitung in FeAs-basierten Schichtsystemen[siehe A3]
C3 Untersuchung der elektronischen Anregungen und Grundzustände mit lokalen Sonden (NMR, μSR, Mössbauerspektroskopie)
(H.-H. Klauss, M. Nicklas)
Ziel dieses Projekts ist die Bestimmung der elektronischen Grundzustände in den Fe-Pniktiden und Übergangsmetallchalkogeniden als Funktion der Ladungsträgerkonzentration und externen hydrostatischen Druckes sowie die Untersuchung der Wechselwirkung der Leitungselektronen mit lokalisierten magnetischen Momenten (Selten-Erd-Momenten. Die Bestimmung elektronischer Phasendiagramme ist ein wesentlicher Prüfstein für alle mikroskopischen Theorien zum Verständnis der Supraleitung, z. B. für die Frage, welche Rolle quantenkritische magnetische Fluktuationen spielen. Während die lokalen Sonden μSR und Mössbauerspektroskopie ideale Methoden zur Bestimmung der magnetischen und supraleitenden Ordnungsparameter in diesen Systemen [5,6,49,50] sind, soll in dieser Arbeit insbesondere NMR und NQR bei tiefen Temperaturen, hohen Magnetfeldern (bis 40 Tesla) und unter hydrostatischem Druck (maximal ca. 4 GPa) zur Untersuchung der elektronischen Anregungen bei niedrigen Energien [51] eingesetzt werden. Auch eine elektronische Phasenseparation
durch intrinsische konkurrierende Grundzustände kann mit diesen lokalen Sonden quantitativ untersucht werden[52].
C4 Spektroskopie und Streuung an Eisen-Pniktiden und intermetallischen Schichtsystemen
(J. Geck, M. Knupfer)
Bereich D: Theorie
Neben einer detaillierten Modellierung der elektronischen Struktur (Bandstruktur, Hybridisierungseffekte, magnetische Austauschpfade) soll die Rolle elektronischer Korrelationen in den Übergangametall-Pniktid-Systemen untersucht werden. Weiterhin werden mögliche Paarungsmechanismen in itineranten Elektronensystemen sowie die elektronischen Transporteigenschaften und elektronischen Anregungen untersucht und mit den entsprechenden experimentellen Befunden verglichen.
D1 Theorie der elektronischen Struktur von Eisen-Pniktid-Supraleitern
(H. Rosner, J. van den Brink)
D2 Bedeutung elektronischer Korrelationseffekte für orbitale und Spin-Freiheitsgrade in Eisen-Pniktiden
(M. Daghofer, J. van den Brink)
Eine zentrale theoretische Frage auf dem Gebiet der Pniktide ist, in welchem Maße und auf welche Weise Elektron-Elektron-Wechselwirkungen für die physikalischen Eigenschaften dieser Materialklasse wichtig sind. Es ist bekannt, dass effektive Ein-Teilchen-Theorien die Bandstruktur der Eisen-Pniktide im Großen und Ganzen erfolgreich vorhersagen können. Aber es bleibt unklar, warum viele dieser Methoden sowohl die Gitterkonstanten unter- als auch das magnetische Moment der Eisenionen überschätzen. In diesem Projekt werden wir die Rolle von Vielteilcheneffekten in den elektronischen Fluktuationen und ihre Beziehung zu beobachteten Anomalien untersuchen.
Insbesondere werden wir ein Modell untersuchen, das die Frustration und Fluktuation der magnetischen Momente mit dem orbitalen Freiheitsgrad in Verbindung bringt, der in diesen Systemen relevant ist. Beispielsweise zeigen Experimente, dass die effektive magnetische Kopplung zwischen benachbarten Eisenionen sehr anisotrop sein kann, was sich mit Orbitaleffekten erklären lassen könnte. Da es eine Anzahl experimenteller Anzeichen gibt, dass die elektronische Bandstruktur im Inneren der Kristalle und an der Oberfläche unterschiedlich sein kann, ist es wichtig festzustellen, wie sich Korrelationseffekte auf der Oberfläche oder auf zweidimensionalen Grenzflächen von Eisen-Pniktiden ändern. Untersuchungen dieses Aspektes werden besonders von einer engen Zusammenarbeit mit solchen experimentellen Untersuchungen profitieren, in denen oberflächensensitive Methoden wie STM und ARPES eingesetzt werden.
D3 Elektronische Theorie für die Cooper-Paarung in neuen Fe-basierten Supraleitern: Vom Spin-Dichte-Wellen-Metall zum Supraleiter
(R. Moessner, M. Vojta)
Bei jedem neuen Supraleiter stellt sich zuerst die Frage, welcher Mechanismus für Cooper-Paarbildung verantwortlich ist. In konventionellen Supraleitern ist Phononenaustausch der relevante Mechanismus, jedoch besteht für die neuartigen Supraleiter oft keine allgemeine Übereinstimmung was die Natur des „Klebstoffs“ anbetrifft. Insbesondere wirft die Allgegenwart der Supraleitung benachbarter magnetische Phänomene die Frage auf, worin die Rolle magnetischer Fluktuationen besteht: fördern diese die Supraleitung oder tritt Magnetismus vielmehr als Konkurrenz zu ihr auf?
Ziel dieses Projektes ist es, diesen Fragenkomplex zu untersuchen. Eine Stoßrichtung besteht darin, sowohl die Cooper-Paar-Bildung als auch die Eigenschaften im normal leitenden Zustand der Eisen-Pniktide zu untersuchen. Es sollen die magnetischen Fluktuationen als Funktion der Dotierung beschrieben und untersucht werden. Als Ausgangspunkt dient ein effektives Modell für niedrige Energien, welches, basierend auf t2g-Orbitalen, die exakte Beschreibung der Fermiflächen nicht nur in der entfalteten, sondern auch der gefalteten Brillouin-Zone (BZ) (trotz überzähliger Freiheitsgrade) ermöglicht [60,61]. Zusätzlich soll das Modell bezüglich seiner Instabilitäten untersucht werden. Als Beispiel für eine solche Instabilität ist das Auftreten von Spin-Dichte-Wellen (SDW) zu nennen, welche anhand der Renormierungsgruppe und anderer Techniken aus der Vielteilchentheorie analysiert werden sollen. Aufgrund
des Nestings der Elektron- und Loch-Fermiflächen wird davon ausgegangen, dass die magnetischen Instabilitäten die Wellenvektoren (π,0) (bzw. (0,π)) betreffen [62]. Die hierin begründete Frustration führt zu Gitter-Deformationen und der Entstehung antiferromagnetischer Korrelationen zwischen Elektronen entlang der x- und y-Richtung, ohne dass langreichweitige SDW etabliert werden [63,64]. Die resultierende Ordnung deformiert demnach die elektronische Fermifläche und kann so als elektronische nematische Ordnung interpretiert werden. Schließlich ist aufgrund der spezifischen Topologie der Fermiflächen zu erwarten, dass die thermodynamischen Eigenschaften von supraleitenden Zuständen, die supraleitende Lücken mit s-Wellen-Symmetrie und so genanntem π-Shift aufweisen, von jenen normaler Zustände abweichen. Diese Abweichung soll im Rahmen des Projektes detailliert charakterisiert werden.
D4 Transporttheorie für Materialien mit exzitonischen Instabilitäten
(C.Timm, J. v. d. Brink)
In dieser Doktorarbeit sollen die elektronischen Transporteigenschaften von Materialien mit exzitonischen Instabilitäten untersucht werden. Beispiele sind die Eisenseltenerdoxypniktide und die Übergangsmetalldichalgogenide, die exzitonische Instabilitäten zu einer Spin-Dichte-Wellen- (SDW-) [49,50] bzw. Ladungs-Dichte-Wellen- (CDW-) Phase [51] zeigen. Diese Instabilität konkurriert in beiden Systemen mit Supraleitung. In der Arbeitsgruppe werden bereits exzitonische Instabilitäten, Spin-Anregungen und deren Kopplung an das Gitter in den Pniktiden untersucht. Transporteigenschaften bilden einen wichtigen komplementären Zugang. Durch Vergleich der Ergebnisse für die beiden Materialklassen und zwischen der Theorie und
Transportmessungen (Leitfähigkeit, Hall-Koeffizient, Thermokraft, Tunnelspektrum) in der Arbeitsgruppe Hess/Büchner (IFW Dresden) sollen die relevanten Mechanismen quantitativ verstanden werden. Konkret soll zunächst der Anstieg des elektrischen Widerstands von LaOFeAs bei tiefen Temperaturen [68,69] verstanden werden. Dieser Anstieg nimmt mit angelegtem Magnetfeld zu und fällt geringer aus, wenn La durch Ionen mit teilweise gefüllter f-Schale ersetzt wird. Einen wichtigen Einfluss auf den Transport haben Zustandsdichte-Effekte (Rekonstruktion der Fermi-Flächen), die berechnet und mit Scanning-
Tunneling-Spectroscopy-Daten (Hess/Büchner) verglichen werden sollen. Daneben ist die Streuung der Elektronen an Magnonen, Phononen und Störstellen wesentlich. Methodischer Ausgangspunkt ist die Vielteilchentheorie, mit der Kubo-Formel für die Leitfähigkeit, RPA zur Beschreibung der kollektiven Anregungen und Bornscher Näherung für die Störstellenstreuung. Inwieweit weitergehende Methoden erforderlich sind, ist im Rahmen der Arbeit zu klären. Neben dem Tieftemperaturverhalten soll auch die Widerstandsanomalie an der SDW/CDW-Ordnungsstemperatur untersucht werden. Existierende Theorien beschreiben einfache antiferromagnetische Leiter [70], aber nicht exzitonische SDW-Systeme. Weiter soll der Hall-Effekt untersucht werden, der aufgrund der starken Spin-Bahn-Kopplung wesentlich von der magnetischen Ordnung beeinflusst wird. Die bisher aus dem gemessenen Hall-Koeffizienten
in LaOFeAs [68] gewonnenen Ladungsträgerkonzentrationen und -mobilitäten scheinen wenig plausibel. Neue Hall-Messungen (Hess/Büchner) zeigen eine sehr starke Abhängigkeit vom Magnetfeld, die wir verstehen wollen. Der Doktorand oder die Doktorandin soll eng mit dieser Gruppe zusammenarbeiten.
D5 Wechselspiel von Antiferromagnetismus und Unordnung in Metallen
(M. Vojta, C.Timm)
Antiferromagnetische Spindichtewellen-Ordnung findet sich im Phasendiagramm von vielen intermetallischen Verbindungen, wie den Oxypniktiden, (dotiertem) Chrom sowie zahlreichen Schwerfermion-Systemen. Häufig bricht die magnetische Ordnung neben der Spinsymmetrie auch Gittersymmetrien in nichttrivialer Weise, sodass neben der geordneten und der ungeordneten auch partiell geordnete (z. B. nematische) Phasen auftreten können. Dies ist z. B. der Fall in einigen Oxypniktiden, wo beim Abkühlen ein Übergang in eine orthorhombische Phase ohne Magnetismus gefunden wird [63,64]. Diese Separation von strukturellem und magnetischem Übergang ist jedoch probenabhängig, und es ist unklar, ob strukturelle Effekte oder Magnetismus die Phasenübergänge treiben. In diesem Projekt soll allgemein das Wechselspiel zwischen symmetriebrechenden Ordnungsphänomenen und Defekten in antiferromagnetischen Metallen untersucht werden. Dazu sollen sowohl phenomenologische Ordnungsparameter-Feldtheorien als auch mikroskopische Modelle für Spindichtewellen-Metalle analysiert werden. Im Zusammenhang mit Oxypniktiden sollen dabei die im Spektrum vorhandenen Dirac-Fermionen berücksichtigt werden [71]. Ziel sind direkte qualitative Vorhersagen für Phasendiagramme - dies ist besonders in Fällen interessant, wo Phasenübergänge (wie in Oxypniktiden) sowohl durch Dotierung als auch durch Druck getrieben werden können, wobei im ersten Fall auch der Grad an Unordnung verändert wird. Die Untersuchungen können auch auf helikale Magnete und quantenkritische Phänomene erweitert werden [72].
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