10.06.2020
Forschung: Metamagnetismus von schwach gekoppelten antiferromagnetischen topologischen Isolatoren
3D topologische Isolatoren haben im Idealfall ein bulk-isolierendes Verhalten und metallische 2D toplogische Oberflächenzustände (TSS). In magnetischen Materialien, wo die Zeitinversionssymmetrie durch interne magnetische Austauschfelder gebrochen ist, öffnet sich eine Energielücke für diese Oberflächenzustände, welches zu neuen toplogischen Zuständen führt. Für Systeme mit homogener Magnetisierung können sogenannte Chern Isolatoren, oder anomale Quanten-Hall-Zustände (QAH) mit verlustlosen spinpolarisierten elektrischen Randströmen, oder ein Weyl Semimetall realisiert werden. Für komplexere magnetische Strukturen können zusätzliche Symmetriebeschränkungen weitere topologische Zustände generieren. Beispielsweise sind Antiferromagneten ideale Kandidaten, um einen sogenannten Axion-Isolator zu realisieren. Somit können über die Magnetisierung eines Materials veschiedene topologische elektronische Phasen durch das Anlegen kleiner externer Magnetfelder beeinflusst und modifizieren werden.
In diesem Zusammenhang sind kürzlich van der Waals Multischichten aus 2D Ferromagneten ins Interesse gerückt, da diese Materialien eine nicht-triviale Bandstruktur besitzen und zu maßgeschneiderten Multischichten konfiguriert werden können. Ein einzigartiges Beispiel stellt die Probenfamilie MBT, [MnBi2Te4][Bi2Te3]n mit ganzzahligem n ≥ 0, dar, welche in beispielhafter Art und Weise einen stöchiometrischen, magnetischen toplogischen Isolator realisiert. Die magnetische Basiseinheit, eine einzelne MnBi2Te4 Schicht, ist ein 2D Ferromagnet mit senkrechter Anisotropie KU, welche eine ferromagnetische Ordnung senkrecht zur Oberfläche stabilisiert. Eine Schichtung dieser Basiseinheiten mit einer antiferromagnetischen Zwischenebenenkopplung führt dann zu einer langreichweitigen antiferromagnetischen Ordnung des Systems MnBi2Te4 (n = 0). In Systemen mit n > 0 werden n Einheiten von nichtmagnetischen Bi2Te3 Schichten zwischen die ferromagnetischen 2D Einheiten geschoben, welches zu einer reduzierten magnetischen Austauschkopplung zwischen den magnetischen Schichten führt.
Wir haben die magnetischen Eigenschaften der magnetischen toplogischen van der Waals Isolatoren MnBi2Te4 and MnBi4Te7 mittels Magnetotransport-Messungen studiert. Wir zeigen, dass das relative Verhältnis zwischen der magnetischen Austauschwechsel-wirkung zwischen den Ebenen und der uniaxialen Anisotropie KU des Materials einen Übergang von einer antiferromagnetischen Ordnung zu einem ferromagnetisch-ähnlichen metamagnetischen Zustand hervorruft. Diese experimentelle Beobachtung wird mittels eines Stoner-Wohlfarth Modells für ein vereinfachtes zweischichtiges System erklärt, und die typische Winkelabhängigkeit der spezifischen Signaturen im Magnetotransport, wie der Spin-Flop Übergang des uniaxialen Antiferromagneten und das Schaltfeld des Metamagneten, wird von uns damit beschrieben. Diese Resultate stellen einen wichtigen Fortschritt in der Erforschung neuer Klassen von topologischen Materialien dar, insbesondere in Hinblick auf die Suche einer QAH Phase oberhalb von 1 K, für welche die Kontrolle bzw. Manipulation der mikromagnetischen Konfiguration dünner Schichten zwingend benötigt wird. Dank seiner vielfältigen magnetischen und elektronischen Eigenschaften stellt die MBT Familie eine einzigartige Materialplattform für die Abstimmung und Realisierung interessanter neuartiger topologischer Quantenphänomene dar.
A. Tan, V. Labracherie, N. Kunchur, A.U.B. Wolter, J. Cornejo, J. Dufouleur, B. Büchner, A. Isaeva, R. Giraud,
Metamagnetism of Weakly Coupled Antiferrimegnetic Topological Insulators,
Phys. Rev. Lett. 124, 197201 (2020)