13.04.2022
Forschung: Topologische Magnon-Bandstruktur von emergenten Landau-Niveaus in einem Skyrmion-Gitter
In chiralen Magneten wie MnSi stabilisiert die Dzaloshinskii-Moriya-Wechselwirkung topologisch nicht-triviale magnetische Texturen, sogenannte Skyrmionen. Der faszinierende Aspekt dieser Konfigurationen ist, dass sich ihre nicht-triviale Topologie direkt in physikalischen Eigenschaften widerspiegelt. Insbesondere, wenn sich ein Magnon, d.h. eine Spinwellenanregung, über eine solche Textur ausbreitet, bildet sich eine Berry-Phase aus. Diese Berry-Phase kann so interpretiert werden, dass sie aus einem Fluss eines emergenten orbitalen Magnetfeldes entsteht, das mit der topologischen Skyrmion-Dichte der Textur zusammenhängt. Mit anderen Worten, wenn ein Magnon eine Skyrmion-Textur durchquert, erfährt es eine emergente Lorentz-Kraft, die die quasi-klassischen Bahnen des Magnons ähnlich der Bahn eines geladenen Teilchens krümmt, das von einem lokalen magnetischen Fluss abgestreut wird. Bei einem Gitter aus Skyrmionen trägt jedes Skyrmion mit einem endlichen Berry-Fluss bei, so dass der Durchschnitt des entstehenden orbitalen Magnetfelds endlich ist. Dies führt zur Bildung von Magnon-Landau-Niveaus, die zu einer Magnon-Bandstruktur führen, die selbst topologisch nicht-trivial ist und durch endliche Chern-Zahlen gekennzeichnet ist.
Diese Magnon-Bandstruktur wurde bisher experimentell durch magnetische Resonanz und Spinwellenspektroskopie untersucht, die jedoch nur Spinwellen mit sehr langen Wellenlängen in der Nähe des Γ-Punktes der Brillouin-Zone erfassen. Um die Eigenschaften der Magnon-Bandstrukturen in der gesamten Brillouin-Zone spektroskopisch zu untersuchen, sind verschiedene Techniken erforderlich. Die inelastische Neutronenstreuung ist im Prinzip ein solches Werkzeug, aber die für MnSi erforderliche Auflösung im Energie- und Impulsraum stellt eine Herausforderung für die moderne Neutronenspektroskopie dar. In einer Zusammenarbeit zwischen Forschern der TU München, des Paul-Scherrer-Instituts (Schweiz), des Instituts Laue-Langevin (Frankreich), der Neutronen- und Myonenquelle ISIS (Großbritannien) und des Karlsruher Instituts für Technologie ist es nun gelungen, diese Herausforderung zu meistern, indem drei verschiedene Streumethoden kombiniert wurden: Flugzeit-, polarisierte Drei-Achsen- und Neutronen-Spin-Echo-Spektroskopie. Die kombinierten Daten stimmen hervorragend mit theoretischen Berechnungen des Spinstrukturfaktors überein, die von Mitgliedern unseres SFB durchgeführt wurden. Sie liefern Beweise für die topologischen Eigenschaften von Magnonen, die sich über ein Skyrmion-Gitter ausbreiten.
T. Weber, D. M. Fobes, J. Waizner, P. Steffens, G. S. Tucker, M. Böhm, L. Beddrich, C. Franz, H. Gabold, R. Bewley, D. Voneshen, M. Skoulatos, R. Georgii, G. Ehlers, A. Bauer, C. Pfleiderer, P. Böni, M. Janoschek, M. Garst,
Topological magnon band structure of emergent Landau levels in a skyrmion lattice,
Science 375, 1025 (2022) (arXiv)