ATUS Abstracts
Kompetenzlinien in der Lehrerbildung Prof. Dr. Dietlinde Vanier - TU Braunschweig |
Nach über 15 Jahren der Entwicklung und Evaluation von Kompetenztrainings in der Lehramts- und Bildungswissenschaftlerausbildung an der TU Braunschweig (Heckt bzw. Vanier, Jürgen & Krause et al., BSTM) wurde 2013 (ausgehend von personellen Veränderungen) ein neues Konzept entwickelt: TRAUBE (ausführlich vorgestellt auf der ATUS-Tagung 2017 an der TU Braunschweig für den Bachelor-Bereich sowie Lerncoaching (KML) für Master-Studierende. Durch die wissenschaftliche Leitungstätigkeit der Verfasserin im Kompetenzzentrum Lehrkräftefortbildung, das ebenfalls an der TU Braunschweig angesiedelt ist, ergab sich zudem die Möglichkeit, phasenübergreifende Kompetenztrainings zu entwickeln, zu erproben und zu evaluieren (Kooperatives Lernen, Lerncoaching). Dabei können anschlussfähige „Kompetenzlinien“ entstehen, die mit je unterschiedlichen Fokussierungen über die drei Phasen hinweg Lehrkräfte in einem spezifischen, handlungsrelevanten Bereich professionalisieren. Diese Konzeption – ausgeführt am Beispiel „Lerncoaching“ soll vor- und zur Diskussion gestellt werden. Angeknüpft wird dabei Vorschläge von Vanier 2013, Krauß 2013, Pallasch & Hameyer 2008, Heckt, Jürgens & Krause 2006, Wildt 2000, Havers 1998,. Klinzing 1998, Dick 1998, Bromme 1992. Ein professionalisierendes Studium beruht u.a. auf kontextualisierten Studiensituationen, theoretischen Wissensanteilen und kompetenzorientierten Praxis- und Trainingseinheiten. Analoges lässt sich für nachhaltige Lehrkräftefortbildung feststellen (Lipowsky & Rzejak 2012). Kompetenzorientierte Trainings werden auch hier zunehmend implementiert und untersucht, so dass sich phasenübergreifene Ansätze im Trainingsbereich darstellen und untersuchen lassen. |
Wie kann man Videofeedback trainieren? Dr. Gabriele Krause - TU Braunschweig |
Die Arbeit mit Videos in der Lehramtsaus- und Weiterbildung hat in den letzten Jahren stark zugenommen - bietet dieses Medium doch besondere Möglichkeiten für die Reflexion beruflichen Alltagshandelns, für die Entwicklung professioneller subjektiver Theorien und den Kompetenzerwerb. Der Arbeit mit eigenen Videos und dem Einsatz von Videofeedback (VFB) kommen dabei eine besondere Bedeutung zu. An der TU Braunschweig wird VFB in der Lehramtsausbildung seit über 20 Jahren im Kontext von Praktika und sozialen Kompetenztrainings eingesetzt und im Braunschweiger Trainings- und Beratungsmodell (TrauBe) weiterentwickelt. TrauBe ist ein Studienprogramm, in dem Studierende pädagogischer Fächer zusätzlich zu ihrem normalen Studium Basiskompetenzen für Training und Beratung erwerben können. In den Kompetenztrainings, die als normale Lehrveranstaltungen im Studium angeboten werden, findet VFB meist unter Anleitung von Lehrpersonen statt. Im Unterschied dazu arbeiten Studierende im Rahmen von TrauBe selbstorganisiert in Peergruppen mit VFB. Damit sie das Potenzial dieser Art von Rückmeldung für den Erwerb von handlungsnahen Trainings- und Beratungskompetenzen nutzen können, ist ein professioneller Umgang mit Videos beim Feedbackgeben notwendig. Entsprechend wurde für TrauBe ein spezielles VFB-Training konzipiert. Es befähigt Studierende professionell mit VFB zu arbeiten und so individuelle und kollektive Reflexionsprozesse zu steuern. Das Training fügt sich modular ins TrauBe-Konzept ein, ist jedoch auch auf andere Settings und Zielgruppen übertragbar. Für die theoriebasierte Entwicklung des TrauBe-VFB-Trainings wurden zum einen Erkenntnisse aus der allgemeinen Feedbackforschung und zum anderen Erkenntnisse der Forschung zur Reflexion professionellen Verhaltens aufgegriffen und in einem „Prozessmodell für Videofeedback“ zusammengeführt. Dieses Modell ist inhaltliche Grundlage für das VFB-Training. Im Vortrag werden der theoretische Hintergrund, das eineinhalbtägige Training sowie praktische Erfahrungen und der aktuelle Stand der Trainingsevaluation vorgestellt. |
Training für direkte Instruktion Dr. Nancy Quittenbaum - Universität Erfurt |
Direkte Instruktion gehört zu den wenigen Unterrichtsmethoden, für die die empirische Forschung den Nachweis erbringen konnte, dass sie relativ effektiv ist, wenn es um die Erreichnung einfacher Lernziele geht (Rosenshine & Stevens 1986, Borich 2004, Ditton 2002). Allerdings ist die Methode selbst kaum bekannt bzw. der Begriff unpräzise. Infolgedessen ist auch eine korrekte Anwendung der Methode in der Praxis nicht zu erwarten. Im ersten Teil meines Vortrages möchte ich den Begriff der direkten Instruktion im (deutschsprachigen Raum) unter Zuhilfenahme der Primärquellen klären. Im zweiten Teil werde ich das Kommunikationstraining für direkte Instruktion vorstellen. Das Training leistet einen wichtigen Beitrag zu Qualitätssicherung der Lehrerbildung, und zwar insbesondere zur unterrichtsmethodischen Ausbildung und zur Überweindung der häufig beklagten Kluf zwischen Theorie und Praxis. |
Wie wird man Trainer/in für Classroom-Management? - Vorstellung eines Schulungskonzeptes
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Im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung wurde im Teilprojekt KoBB (Kompetenzorientierte Beratungs- und Begleitstrukturen) des Projektes TU4Teachers ein Classroom-Management-Training (CMT) für Lehramtsstudierende in der Bachelorphase entwickelt, durchgeführt und evaluiert (Uhde, Thies, Perst & Hannemann, 2018). Angehende Lehrkräfte klagen zu Beginn von Praxisphasen oft über Verunsicherung und unzureichende Vorbereitung insbesondere bezogen auf den sozial-interaktiven Bereich (Havers, 2010; Lubitz, 2007; Melnick & Meister, 2008; O’Neill & Stephenson, 2012). Überdies erleben sie häufig Schwierigkeiten in der Anwendung des theoretischen Wissens in der Praxis (Klusmann, Kunter, Voss & Baumert, 2012). Das entwickelte Training dient der Vorbereitung auf das sechswöchige Allgemeine Schulpraktikum, indem einerseits Wissen und Handlungssicherheit im Bereich des Classroom-Managements vermittelt werden, sowie das Gefühl der Verunsicherung reduziert und das Gefühl des Vorbereitet-seins erhöht werden sollen. Das CMT wurde bereits mit zwei Kohorten von Lehramtsstudierenden der TU Braunschweig durchgeführt und positiv evaluiert. Im Vergleich zu einer alternativen Intervention in Form eines Onlinekurses zum Classroom-Management erwies sich das CMT als effektiver in Bezug auf das selbsteingeschätzte Wissen und die selbsteingeschätzten Kompetenzen in den Bereichen Regeln, Störungsintervention und Klarheit des Handlungsprogramms (Hannemann, Uhde & Thies, eingereicht). Aus diesem Grund sollen perspektivisch alle Lehramtsstudierenden der TU Braunschweig das CMT zur Vorbereitung auf das Allgemeine Schulpraktikum durchlaufen. Um den damit verbundenen Bedarf an Lehrveranstaltungen decken zu können, ist es notwendig, weitere Trainerinnen und Trainer zu schulen, die das CMT zukünftig in vergleichbarer Form durchführen. Mit Jahresbeginn 2019 startet die erste Schulung zur Trainerin /zum Trainer für Classroom-Management an der TU Braunschweig. Welche Kenntnisse und Kompetenzen Trainerinnen und Trainer zur Durchführung des CMT benötigen und wie sie diese im Rahmen einer Schulung erwerben können, wird ebenso wie das Konzept zur begleitenden Evaluation in diesem Beitrag vorgestellt. |
Veränderungen der Lehrkraft-Selbstwirksamkeitserwartung bei Studierenden im Rahmen von Classroom-Management-Interventionen und dem Schulpraktikum M.Sc. Lena Hannemann et al. - TU Braunschweig |
Die Lehrkraft-Selbstwirksamkeit als Teil der Motivationalen Orientierung ist zentral bezüglich des Aufbaus professioneller Kompetenz von Lehramtsstudierenden (Baumert & Kunter, 2006). Hohe Selbstwirksamkeitserwartungen bei Lehrkräften stehen in positivem Zusammenhang mit wichtigen Faktoren wie Unterrichtsenthusiasmus, dem Umgang mit Belastungen im Lehramtsberuf und Classroom-Management (Klusmann, Kunter, Voss, & Baumert, 2012; Seidel & Shavelson, 2007; Woolfolk Hoy & Weinstein, 2006). Angehende Lehrkräfte fühlen sich jedoch zu Beginn von Praxisphasen oft stark verunsichert und unzureichend vorbereitet (Havers, 2010; O’Neill & Stephenson, 2012), erleben Schwierigkeiten in der Anwendung des theoretischen Wissens in der Praxis (Klusmann, Kunter, Voss & Baumert, 2012) und sehen effektives Classroom-Management als die größte Herausforderung (Jones, 2006; Veenman, 1984). Eine positive Beeinflussung der Lehrkraft-Selbstwirksamkeitserwartung in Bezug auf Unterrichtskompetenzen muss somit ein zentrales Ziel in der universitären Lehramtsausbildung sein. |
Ausbildungsintegrierte Forschung im Bereich Kommunikationstraining im Labor (Microteaching)
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Das Konzept und Befunde eines Lehrens - integriert in Evaluations- und Forschungsaktivitäten in Kooperation mit den Studierenden - wird am Beispiel eines Trainingsprogramms zur Optimierung Nonverbaler Wahrnehmungs- und Ausdrucksfähigkeit illustriert. 21 sich replizierende Korrelationsuntersuchungen in herkömmlichen Vorlesungen und Seminaren (N=1672) zum Zusammenhang dieser Kompetenzen mit Persönlichkeits- und sozialer Kompetenzen dienten der Sicherung von Befunden zu der Bedeutung dieser Kompetenzen. Die Ergebnisse wurden auf Gender-Differenzen geprüft (Gerada-Aloisio, 2014). Die Befunde dienten als Grundlage zur inhaltlichen Gestaltung eines Trainingsprogramms im Microteaching – Format, das in acht sich replizierenden experimentellen Untersuchungen (N=374). erfolgreich auf Effektivität (Optimierung Nonverbaler Ausdrucks- und Wahrnehmungsfähigkeit) getestet wurde. Innerhalb dieser Untersuchungen zur wurden weiterhin Tests eingesetzt, um zu ermitteln, ob die Optimierungen durch das Training mit positiven Änderungen von Persönlichkeits- und sozialen Dimensionen der Trainierenden einhergehen. Weiterhin galten zwei experimentelle Untersuchungen der Gestaltung des Trainingsprozesses, der Effektivität praktischer Übungen im Microteaching. Die Ergebnisse der Prüfungen der Natur des Zusammenhangs von Persönlichkeitsdimensionen und nonverbalen Kompetenzen in acht sich replizierenden experimentellen Untersuchungen zeigten, dass erfolgreiches Training mit Optimierungen in Persönlichkeitsdimensionen wie „Charisma“, Extraversion, Internalität, Selbstwirksamkeit und Kompetenz- und Kontrollorientierung einhergingen. Die Integration von Lehre/Training mit Evaluation und Forschung wird Lehre/Training zu einer reichen Primärquelle indem sie „…zugleich Gegenstand, Prozess und Produkt der eigenen empirischen Forschung ist.“ (Rütter, 2010). |
Auch Studierende lernen unterschiedlich! Heterogenitätssensitive Hochschullehre Franziska Greiner et al. - Universität Jena |
Die herkömmliche universitäre Lehrveranstaltung folgt häufig dem Prinzip „One-size-fits-all“. Individuelle Lernvoraussetzungen der Studierenden wie unterschiedliches Vorwissen und unterschiedliche Interessen werden damit kaum berücksichtigt. Besonders in Lehrveranstaltungen mit mehreren Hundert Studierenden stellt es eine (hochschul-)didaktische Herausforderung dar, die Heterogenität der Lernenden zu berücksichtigen.
a) sie den Studierenden die Möglichkeit geben, vorbereitete Aufgabenlösungen (v. a. zu komplexen Aufgaben) mitzubringen und die Präsenzveranstaltung (Seminar, Tutorium) für eine intensive Diskussion zu nutzen. Im Vortrag soll die Arbeit mit einer Digitalen Differenzierungsmatrix am Beispiel von Lerninhalten der Pädagogischen Psychologie vorgestellt und in die Prinzipien der Konstruktion unterschiedlich komplexer Aufgaben eingeführt werden. |
Internationale kompetenzorientierte Lehramts- und Hochschullehrendenausbildung Dr. Andreas Rupp - Hochschule Reutlingen |
In diesem Beitrag werden verschiedene internationale (kompetenzorientierte) Modelle für die Lehramts- und Hochschullehrendenausbildung aus Schweden, Deutschland, China und USA vorgestellt, diskutiert und miteinander verglichen. Die Ausbildung von Studierenden in wissenschaftliches Denken und Forschen erfordert viele unterschiedliche Anforderungen an die Lehrenden. Um eine Verbesserung der eigenen Lehrpraxis zu erreichen, unbewusstes Erfahrungswissen bewusst zu machen und (hochschul)didaktisches Fachwissen aufzubauen werden international unterschiedlichen Modellen und Methoden eingesetzt. So werden z.B. in Deutschland Kompetenzmodell genutzt, um einen Überblick über das didaktische Grundwissen zu bekommen und darauf aufbauend, Lehrkonzepte wie z.B. die Kompetenz etwas zu präsentieren, erworben. In Schweden wird in der Lehramtsausbildung versucht, mit Hilfe von Simulationen, schwierige Unterrichtssituationen zu bewältigen. Die ganz unterschiedlichen Vorgehensweisen und Modelle können als Möglichkeit genutzt werden daraus zu lernen und die eigenen Konzepte und Modelle weiterzuentwickeln. |
RefueL - Resilienzförderung für Lehramtsstudierende
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Lehrer*innen werden oftmals allgemein als Risikogruppe bezeichnet (z.B. Borges, Santos, Saraiva, & Pocinho, 2018). Dies liegt darin begründet, dass sie überdurchschnittlich häufig unter Burnout-Symptomen (z.B. Käser & Wasch, 2011) und unter verringertem Wohlbefinden (Kidger et al., 2016) leiden. Die Schwundquoten bereits kurz nach dem Berufseinstieg sind zudem erheblich (Gallant & Riley, 2017). Der somit schon zu Beginn der Karriere existierende Handlungsbedarf fand in Forschung und Ausbildung bislang nur unzureichend Beachtung. Im Rahmen der Studie wurde daher eine Resilienzförderungsmaßnahme für Lehramtsstudierende in Anlehnung an die Struktur des australischen online-basierten BRiTE-Frameworks (Building Resilience in Teacher Education; Mansfield, Beltman, Broadley, & Weatherby-Fell, 2016) entwickelt und evaluiert. Sie enthielt fünf Module, die innerhalb von Blockseminaren im face-to-face-Setting und in neu ausgestalteter Form realisiert wurden. Das entstandene Training mit dem Titel RefueL diente als Vorbereitung auf ein Praxissemester. Im Rahmen des Workshops sollen die Teilnehmenden Einheiten aus drei ausgewählten Modulen gemeinsam praktisch erproben und kritisch reflektieren. Beispielsweise wird eine Version der Entspannungstherapie nach Kaspereen (2012) ebenso wie eine Gruppenübung zum positiven Reframing durchgeführt. Abschließend sollen die Ergebnisse der Evaluationsstudie - orientiert an den vier Levels reaction, behavior, learning und results nach Kirkpatrick und Kirkpatrick (2006) - präsentiert werden. Insgesamt kann u.a. aufgrund überdurchschnittlicher Lehrevaluationsergebnisse sowie einer mildernden Wirkung auf die Burnout-Symptomatik und einer förderlichen auf die Lehrer*innen-Selbstwirksamkeitserwartung von einer positiven Evaluation auf allen vier Levels gesprochen werden. Es ist zu empfehlen, vergleichbare Seminare in der Lehramtsausbildung an Universitäten mit Praxissemester zu etablieren. Zukünftige Forschung könnte sich mit der Wirksamkeit des Konzeptes RefueL im Bereich von Quer- und Seiteneinsteiger*innen sowie bei bereits praktizierenden Lehrenden auseinandersetzen. |