21.10.2025
Lernbegeisterte Generalistin im Spitzenamt
Dr. Mandy Pastohr ist die erste Frau in Spitzenposition des BAFA.
(porträtiert im Jahr 2025)
Dagmar Möbius
Seit August 2024 ist Dr. Mandy Pastohr Präsidentin des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Die erste Frau in dieser Spitzenposition hat an der TU Dresden studiert, geforscht und promoviert. Wie die Erziehungswissenschaftlerin technikaffin wurde, womit sie ihren Professor schockiert hat und warum sie sich über Behördenstandorte in Ostdeutschland besonders freut.
In ihrer Heimatstadt Jena studierte Mandy Pastohr zunächst „Erziehungswissenschaften“, „Interkulturelle Wirtschaftskommunikation“ und „Anglistik“. Nach drei Jahren wechselte sie aus privaten Gründen von der Friedrich-Schiller-Universität Jena an die Technische Universität Dresden. Dort wechselte sie in das Nebenfach „Angewandte Linguistik/ Unternehmenskommunikation“. Wie Menschen lernen, interessierte die heute 47-Jährige. Was ist förderlich, was weniger? Wie wirken sich unterschiedliche Lehr- und Lernmethoden oder auch institutionelle Rahmenbedingungen auf das Wissen aus? „Auch Forschungsmethoden und Statistik fand ich schon während des Studiums spannend“, sagt Mandy Pastohr.
Dankbar für Mentor und Doktorvater
Besonders einem Hochschullehrer hat sie viel zu verdanken. „Prof. Dr. paed. habil. Hanno Hortsch hat uns ermuntert, uns zu melden, wenn wir Anträge für Forschungsprojekte schreiben, Lehrveranstaltungen halten oder Abschlussarbeiten begutachten wollen. Später wurde er mein Doktorvater“, erzählt Mandy Pastohr. Sie ergriff alle Möglichkeiten, die sich boten, arbeitete schon während des Studiums viel. Sie lehrte und hat zig Abschlussarbeiten begutachtet. In der Forschung managte sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin mehrere Projekte gleichzeitig. „Ich war noch wenig erfahren in Forschungsprojekten und hatte das Gefühl, dass mir alles zu viel wird. Aber mein Professor meinte, ich solle zwei Monate weitermachen und dann würden wir entscheiden, ob und wie er mich unterstützt“, erinnert sie sich. Nach den acht Wochen lief es. Ihre Dissertation schloss sie 2009 mit Auszeichnung ab. Darin untersuchte sie, inwiefern sich die Wissensstrukturen der Alumni von Universitäten, Fachhochschulen und Berufsakademien unterscheiden, und ob Arbeitgeber aus der Wirtschaft das so erwarten.
Aus der Forschung in die Politikberatung
Statt einer akademischen Karriere zog es Dr. Mandy Pastohr jedoch in die Politikberatung und nach Berlin. Ihr Professor war erstmal schockiert. „Er hatte mir immer gesagt, dass man sich bis spätestens nach der Dissertation für oder gegen eine Universitätslaufbahn entscheiden müsse. Sonst könnte der Ausstieg irgendwann schwer werden. Das habe ich also gemacht, aber er hat vielleicht eine andere Entscheidung erwartet.“ Zweieinhalb Jahre arbeitete die Erziehungswissenschaftlerin als Referentin bei acatech. Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften knüpft Verbindungen zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Das nötige technische Verständnis hatte sie sich in Studium und Forschung erarbeitet. „In der beruflichen Bildung oder auch in der Weiterbildung geht es oft um technische oder naturwissenschaftliche Inhalte. Wenn man dazu forscht, muss man die Inhalte auch verstehen“, sagt sie.
Von der Mittelstandsförderung ins Wirtschaftsministerium
Im RKW Kompetenzzentrum
Insbesondere der Liebe wegen zog Dr. Mandy Pastohr 2013 ins Rhein-Main-Gebiet und wurde Leiterin des Fachbereichs „Fachkräfte“ beim RKW Kompetenzzentrum in Eschborn. Später wurde der Bereich erweitert in „Unternehmensentwicklung und Fachkräftesicherung“. Die gemeinnützige und neutrale Institution berät den deutschen Mittelstand beispielsweise in Fragen der Wettbewerbsfähigkeit und Digitalisierung. 2018 übernahm sie zunächst kommissarisch und nach einem Jahr komplett die Geschäftsführung. 2021 wechselte sie „auf die andere Seite“ und wurde Abteilungsleiterin „Außenwirtschaft, Mittelstand, Berufliche Bildung und Technologische Innovation“ im Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen in Wiesbaden.
Erste Frau in Spitzenposition des BAFA
Im August 2024 wurde Dr. Mandy Pastohr als Präsidentin des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ins Amt eingeführt. Auch hier geht es um Außenwirtschaft, Wirtschaftsförderung und Energie, aber noch vieles mehr. Wegen seiner Maßnahmen zur Wirtschaftsstabilisierung während der Coronakrise und des Krieges gegen die Ukraine sowie auf dem Gebiet der Energieeffizienz gilt das BAFA als eine der Bundesbehörden mit der größten Lenkungswirkung in Deutschland. Das Amt beschäftigt bundesweit mehr als 1.200 Mitarbeitende in rund 70 Fachreferaten an vier Standorten in Eschborn, Berlin, Weißwasser und Borna. „Ich wollte alle Mitarbeitenden persönlich kennenlernen“, so der Plan. Nach einem reichlichen Jahr hat Dr. Mandy Pastohr ihr Vorhaben erfolgreich umgesetzt und weiß, dass einige Alumni der TU Dresden im Bundesamt arbeiten. „Das Haus funktioniert“, so ihr Fazit. Über die neuen Behördenstandorte im Lausitzer und Mitteldeutschen Revier freut sich die gebürtige Thüringerin besonders. Sie ist weiterhin viel unterwegs, kümmert sich um Führungskräfte, Vakanzen, Liegenschaften. Ein Beispiel aus dem breiten Aufgabenspektrum des BAFA sind rund 30.000 bearbeitete Exportanträge pro Jahr. Sie betreffen genehmigungspflichtige Güter mit doppeltem Verwendungszweck wie Rüstungsmaterial, Drohnen oder Laser- und Überwachungstechnik. Dabei sind auch aktuelle Embargos zu prüfen – Zölle sind nicht betroffen.
Generalistin und Motivatorin
Zu ihrem früheren Studienhauptfach sieht Dr. Mandy Pastohr heute nur wenige Bezüge. Sie sagt: „Mein Studium hat mich vielmehr zu einer Generalistin gemacht. Ich habe ein eher breites Wissen, große Lernfreude, Neugier und Reflexionsfähigkeit. Es mag komisch klingen, aber die Erziehungswissenschaften helfen mir bei der Führung von Menschen. Nicht, weil ich sie erziehen will, sondern, weil ich sie motivieren, orientieren, zu Veränderungen bewegen und wertschätzen kann.“
Englisch nützte ihr in der Lehre in internationalen Studiengängen und in Projekten sehr – und jetzt in der Exportkontrolle.
Auch von ihrer Promotion zehrt sie heute noch: „Abgesehen vom Fachlichen erwirbt man viel Methodik, aber auch Disziplin, Durchhaltevermögen, Selbstorganisation und Fähigkeiten zum Umgang mit Rückschlägen.“ Ihr kontinuierlich hohes Arbeitspensum inklusive zahlreicher Ehrenämter war dem Privatleben nicht immer zuträglich, gibt sie zu. Das ist das Einzige, das sie rückblickend manchmal etwas anders gestalten würde.
Kontakt:
Dr. Mandy Pastohr
Büro der Präsidentin
Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle
Tel.: +49 6196 908-2664