Die Macht der Sprache - Interview mit Laura M. Schwengber
Laura Schwengber, Sie haben einen ganz besonderen Zugang zu Sprache, was ist oder was bedeutet Sprache für Sie?
Sprache formt unsere Welt. Ich bin ein absoluter Fan von schönen Worten und Formulierungen. Da draußen warten so viele Sprachen, Sprachstile und Kommunikation, das finde ich ganz wunderbar. Ich habe Deutsche Gebärdensprache und Englisch als Sprachen studiert und nutze verschiedene Kommunikationsformen mit meinem besten Freund Edi, der taub und blind lebt. Zu erleben, wie Sprache uns verbindet oder trennt ist absolut abgefahren. Ich nutze den Term „Sprache“ gern ganz großzügig für viele Dinge, die uns miteinander Kommunikation ermöglichen. Deswegen ist Sprache für mich mindestens mehrdimensional und bisweilen kompliziert, verwirrend und in jedem Fall nie langweilig. Das mag ich. Außer ich muss Kommata setzen.
Warum ist es aus Ihrer Perspektive so wichtig sensibel in der Sprache und Kommunikation zu sein?
Eben weil Sprache unsere Welt formt: Wie wir Dinge benennen, beeinflusst, wie wir sie wahrnehmen und mit ihnen umgehen. Ich glaube, wenn wir auf unsere Sprache achten, achten wir auch auf uns und die Menschen in unserer Umgebung. Das wird mir vor allem in der Arbeit als Dolmetscherin für Leichte Sprache immer wieder deutlich: Leichte und Einfache Sprache holen implizite Bedeutungen an die Oberfläche und immer wieder überrascht es sogar die sprechende Person selbst, was sie oder er da gerade eigentlich geäußert hat. Ich mag diesen Prozess sehr. Er hält uns sensibel und wachsam für unsere Umgebung und den Umgang mit uns und unseren Mitmenschen.
Wie viel Macht hat Sprache? Vielleicht gibt es eine persönliche Situation, die Sie mit uns teilen möchten?
Ich mag es spielerisch mit Sprache umzugehen. Edi und ich haben früher oft stundenlang versucht, die Wörter „Ja“ und „Nein“ zu vermeiden und haben so viel intensivere, bessere Gespräche geführt. Das war eine tolle Erfahrung und super witzig. Ich erlebe auch in meinem Berufsalltag als Dolmetscherin für Deutsche Gebärdensprache und Leichte Sprache oft, wie mächtig Sprache ist. Vor allem erlebe ich oft, wie schnell Sprache Menschen ausschließen kann. Und das völlig ohne jede Not! Über Sprache lässt sich natürlich wunderbare Expertise zelebrieren - schau her! Ich weiß etwas, dass Du nicht weißt. Sie lässt sich aber ebenso gut nutzen um Menschen zu ermächtigen, Dinge selbst zu erfahren. Wer Expertise nur über Fachwortschatz konstatieren kann, dem gehen gute Gespräche mit Novizen und Perspektiven Fachfremder völlig durch die Lappen. Welch Verschwendung! Schau her, ich kann Dinge so sagen, dass man mich auch versteht! Das finde ich die spannendere Variante und macht auf mich wesentlich mehr Eindruck. Sprache hat die Macht, die Welt erklärbar zu machen. Um diese Macht soll es auch im Workshop gehen: Wie rede ich einfach so, dass die Anderen mich verstehen.
Bewusster Sprachgebrauch ist anstrengend - kann sensible Sprache einfach und schön sein?
Unbedingt! Ich finde bewussten Sprachgebrauch übrigens gar nicht anstrengend. Eher wertschätzend und unheimlich sinnvoll. Ist etwas einmal ausgesprochen, ist ein Missverständnis einmal entstanden oder eine Ungenauigkeit in der Welt, macht es viel mehr Mühe diese wieder aufzuräumen, statt gleich das zu sagen, was man wollte. Insofern lohnt es sich enorm, sich einen Moment lang mit der eigenen Sprache auseinander zu setzen. Das finde ich viel weniger anstrengend. Im Land der Dichtenden und Denkenden stehen wir in guter Tradition schöner, sensibler Sprache und mir persönlich macht es viel Freude diese Tradition weiterzuführen. Sei es in einem guten Deutschrapp-Track oder einer Mail an meine Kolleg*innen.
Das Interview wurde schriftlich durchgeführt von Lisa Krause, Zentrum für Weiterbildung der TU Dresden.