24.05.2012
Umfassende DFG-Förderung für die Psychologie und die Medizin der TU Dresden
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat den
Sonderforschungsbereich (SFB) 940 an der Fachrichtung
Psychologie der TU Dresden bewilligt, der sich mit der
willentlichen Kontrolle der eigenen Gefühle und Handlungen
beschäftigen wird. Darüber hinaus wurde der Transregio 127
genehmigt, an dem Mediziner der TU Dresden beteiligt sind und
der sich der Erforschung neuer Transplantationswege mit
Tiergeweben und -organen widmet. Damit verfügt die TU Dresden
jetzt über insgesamt sechs SFBs und ist an sechs Transregios
beteiligt.
SFB 940 „Volition und kognitive Kontrolle“
Wie funktioniert willentliche Kontrolle der eigenen Gefühle
und Handlungen?
Welche kognitiven Prozesse und neuronalen Systeme liegen der
Fähigkeit zugrunde, Handlungen, Gedanken und Gefühle
willentlich zu kontrollieren? Warum gelingt es Menschen bei der
Verfolgung wichtiger Ziele häufig nicht, kurzfristigen
Versuchungen zu widerstehen oder eingeschliffene Gewohnheiten
zu überwinden? Wie werden kognitive Kontrollprozesse durch
Emotionen und sozialen Stress beeinflusst, und warum kommt es
bei bestimmten psychischen Störungen zu massiven
Beeinträchtigungen der willentlichen Selbststeuerung? Diesen
Fragen wird ein interdisziplinäres Forscherteam aus
Psychologen, Medizinern und Neurowissenschaftlern an der TU
Dresden im Rahmen des neuen SFB 940 „Volition und kognitive
Kontrolle“ nachgehen. Die DFG fördert den Forschungsverbund mit
ca. 11,5 Milionen Euro für zunächst vier Jahre. Das
langfristige Ziel des SFBs besteht darin, die kognitiven und
neuronalen Mechanismen zu entschlüsseln, die der willentlichen
Kontrolle von Handlungen und Gefühlen zugrunde liegen und
besser zu verstehen, wie es zu Beeinträchtigungen der
Selbststeuerungsfähigkeit kommt. Der SFB adressiert damit ein
Thema, das sowohl für die Grundlagenforschung als auch für
praktische Anwendungsfelder von zentraler Bedeutung ist. So
gehört die Fähigkeit, zielgerichtet zu handeln, künftige
Konsequenzen des eigenen Verhaltens zu antizipieren und bei der
Verfolgung langfristiger Ziele impulsive oder gewohnheitsmäßige
Reaktionen zu unterdrücken, zu den beeindruckendsten, zugleich
aber am wenigstens verstandenen Leistungen, zu denen uns unser
Gehirn befähigt. Mit einem integrativen Forschungsprogramm, das
ein breites Spektrum psychologischer und
kognitiv-neurowissenschaftlicher Methoden kombiniert, sollen
die Mechanismen der willentlichen Handlungssteuerung sowohl auf
psychologischer als auch neurobiologischer Ebene untersucht
werden. In der ersten vierjährigen Förderphase werden drei
Hauptziele verfolgt:
- Mechanismen. Eine Projektgruppe wird untersuchen, welche
kognitiven Prozesse und neuronalen Systeme der
Aufrechterhaltung und Umsetzung von Absichten, der flexiblen
Anpassung des Verhaltens an wechselnde Anforderungen und der
willentlichen Regulation der eigenen Emotionen zugrunde
liegen.
- Modulatoren. Eine zweite Projektgruppe wird sich der Frage widmen, wie kognitive Kontrollprozesse ihrerseits durch Emotionen und akuten Stress beeinflusst werden.
- Dysfunktionen. Eine dritte Projektgruppe wird Mechanismen gestörter willentlicher Kontrolle bei ausgewählten psychischen und neurologischen Störungen untersuchen, wobei der Fokus in der ersten Förderperiode auf Suchterkrankungen, Essstörungen, der bipolaren Depression und der Parkinsonkrankheit liegen wird.
Die drei Projektgruppen werden ergänzt durch ein
Integriertes Graduiertenkolleg, das ein strukturiertes Programm
für eine exzellente interdisziplinäre Ausbildung und gezielte
Förderung der wissenschaftlichen Eigenständigkeit und
Weiterqualifikation der am SFB arbeitenden Doktoranden und
Nachwuchswissenschaftler/innen bieten wird.
Innerhalb der TU Dresden verstärkt der SFB die Profillinie I
„Gesundheitswissenschaften, Biomedizin und Bioengineering“
durch einen neuen Schwerpunkt im Bereich der psychologischen
und kognitiv-neurowissenschaftlichen Forschung. Der Sprecher
des SFBs, Prof. Thomas Goschke, betont, dass die TU Dresden ein
exzellentes Umfeld für den SFB und dessen Ziel bietet, ein
international sichtbares Zentrum zur Erforschung menschlicher
Handlungssteuerung zu etablieren: „Der SFB kann auf ein über
zehn Jahre gewachsenes Netz von erfolgreichen Kooperationen
sowohl innerhalb der Fachrichtung Psychologie als auch mit der
Medizinischen Fakultät Carl-Gustav Carus aufbauen. Von der
engen interdisziplinären Zusammenarbeit im Rahmen des SFBs
erhoffen wir uns nicht nur neue Einsichten in die
neurokognitiven Grundlagen der willentlichen
Handlungssteuerung, sondern auch ein besseres Verständnis von
Störungen der willentlichen Selbststeuerung“.
Informationen für Journalisten:
Prof. Dr. Thomas Goschke, Tel. +49 351 463-34695, Mobil: 0151
11667644
SFB/Transregio 127 „Biologie der xenogenen Zell- und Organtransplantation – vom Labor in die Klinik“
Dresdner Spitzenmediziner erforschen neue Transplantationswege mit Tier-Geweben und -Organen
Die DFG fördert mit mehr als 13 Millionen Euro den
SFB/Transregio „Biologie der xenogenen Zell- und
Organtransplantation – vom Labor in die Klinik“. Neben
Spitzenmedizinern der TU Dresden erforschen Wissenschaftler der
LMU München, der TU München, der Medizinischen Hochschule
Hannover sowie weiterer vier Forschungsinstitute neue Wege der
Organ-, Gewebe- und Zelltransplantation.
Organ- und Zelltransplantationen sind bei manchen chronischen
Erkrankungen eine Behandlung der Wahl, bei denen andere
Therapien keinen Erfolg (mehr) versprechen. Dies ist
beispielsweise bei einer Leberzirrhose der Fall, einem
drohenden oder bereits eingetretenen Nierenversagen oder bei
einem Typ-1-Diabetes mellitus mit schwerem Krankheitsverlauf.
Ins Spektrum der Transplantationen gehört auch die
Inselzelltransplantation, die zurzeit deutschlandweit nur in
Dresden angeboten wird. Dabei werden Insulin-produzierende
Zellen aus einem Spenderorgan (Bauchspeicheldrüse) entnommen,
aufwändig aufbereitet und anschließend dem Empfänger in die
Leber gespritzt.
„Die Zusage der DFG für einen Forschungsverbund dieser Größe
unterstreicht einmal mehr, welche Bedeutung Transplantationen
als Therapie in der Medizin haben. Und die Bedeutung und
Notwendigkeit von Transplantationen wird in Zukunft weiter
zunehmen“, so der wissenschaftliche Sekretär und Dresdner
Standortsprecher des Transregio 127, Professor Stefan R.
Bornstein, Klinikdirektor der Medizinischen Klinik und
Poliklinik III am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
Dresden. Bornstein und weitere Dresdner Spitzenmediziner
gehören zum Transregio 127, der eine Kooperation von Experten
aus Grundlagen-, translationaler Forschung sowie
Transplantationsmedizin darstellt. Prof. Bornstein: „Viele
Menschen warten vergeblich auf ein lebensrettendes Organ, weil
das Angebot an Spenderorganen viel geringer ist, als die Zahl
der potenziellen Empfänger. Darum suchen wir neue Wege, die
zukünftig mehr Menschen helfen können.“ Neue
Transplantationswege erhoffen sich die Wissenschaftler durch
die Erforschung xenogener Transplantationen oder
Xenotransplantationen. Bei dieser Form der Transplantation
gehören die Gewebe- oder Organ-Spender einer anderen Art an als
die Empfänger.
Der Schwerpunkt des Dresdner Beitrags im deutschlandweiten
Forschungsverbund liegt bei der Inselzelltransplantation. So
beschäftigt sich ein Projekt der Dresdner Wissenschaftler am
Universitätsklinikum und am Center for Regenerative Therapies
Dresden (CRTD) Prof. Triantafyllos Chavakis, Dr. Claudia Waskow
und Dr. Barbara Ludwig mit dem frühen Funktionsverlust
transplantierter Inselzellen durch eine früh einsetzende
Abstoßungsreaktion. Die Wissenschaftler haben hier die
biologischen Mechanismen im Endothel (Gefäßwandauskleidung) der
Leukozyten (weiße Blutkörperchen) im Blick. Im Mausmodell
untersuchen sie die Immunantwort durch Implantation von
Schweinezellen in Mäuse mit humanisiertem Immunsystem.
Ein weiteres Projekt der Forscher Dr. Barbara Ludwig und Prof.
Stefan R. Bornstein beschäftigt sich mit der Entwicklung einer
Kammer für Inselzellen, die Insulin-produzierende Zellen
enthält und in den Körper des Empfängers eingesetzt wird.
Entscheidender Vorteil dieser Kammer im Vergleich zur
bisherigen Inseltransplantation soll sein, dass sie eine
Immunisolation bietet. Der Empfänger bräuchte keine
Immunsuppressiva mehr einzunehmen, da die Kammer zwar eine
kontrollierte Sauerstoffversorgung der Inselzellen erlaubt und
das produzierte Insulin aus der Kammer in den Körper leitet,
die Inselzellen jedoch vor der Immunantwort des Empfängers,
nämlich der Abstoßung der Zellen, schützt.
In einem dritten Projekt erforschen die Dresdner Mediziner
Substanzen, die Entzündungs- und Abstoßungsreaktionen gegen
Inselzellen verhindern sollen, die nach bisherigen Verfahren in
die Leber gespritzt werden. Ein weiteres viertes Projekt der
Dresdner Forscher am CRTD und Paul Langerhans Institut Dresden
unter der Leitung von Dr. Stephan Speier, Prof. Michele
Solimena und Prof. Ezio Bonifacio beschäftigt sich mit der
einmaligen Möglichkeit, das Überleben der insulinproduzierenden
Langerhansschen Inseln in einem Transplantationsmodell im
Augenhintergrund von Tieren darzustellen.
Mit diesem Verbund ist Deutschland weltweit an vorderster
Front, das Gebiet der Transplantationsmedizin entscheidend zum
Wohl der Patienten voranzutreiben.
Informationen für Journalisten:
Prof. Dr. med. Stefan R. Bornstein, Tel.: +49 351
458-5955